Auch wenn es für
die konkrete Gestaltung von ▪
Strukturbildern
oder Strukturskizzen keine festen Regeln und im Allgemeinen
auch keine standardisierten Formen gibt, gibt es Muster der •
visuellen
Wahrnehmung, die wir im Zuge unseres Lebens erwerben. Hier geht
es vor allem um die Fragen, ob, in welcher Art und Weise und mit
welchen Zielen sie für die Gewichtung von Elementen im
Strukturzusammenhang
von Belang sind. Dabei sind verschiedene Aspekte von Bedeutung wie
z. B. die Darstellungsform als Ganzes, die Platzierung von
Strukturelementen darin, die Formgebung und die Größe von Objekten,
ihre Umrahmung und Farbgebung.
Zur Analyse eines
Strukturbildes gehört daher auch die Untersuchung der gewählten
Darstellungsform. Sieht man von freien Strukturskizzen ab, ist zu
prüfen, ob das das Strukturbild als Ganzes auf der Basis eines
bestimmten, mehr oder weniger auf Konvention beruhenden ▪
Darstellungsschemas gestaltet worden ist.
Solche "Gestaltungsschablonen"
werden z. B. häufig eingesetzt, wenn es um die ▪
Platzierung der Elemente des
Gegenstands in einem System geht (z. B.
▪
Organigramm,
▪
Pyramide,
▪
Konglomerat,
▪
Sektoren,
▪
"Riesenrad"). Zu fragen ist daher in diesem Zusammenhang,
ob das jeweils vorliegende
▪
Darstellungsschema oder Variationen davon für den Gegenstand
insgesamt geeignet ist. Ferner gilt es zu betrachten, ob die
Anordnung der Elemente im Rahmen des Darstellungsschemas bestimmte
Wertigkeiten ausdrückt und ob diese angemessen sind (z. B. Was steht
z. B. ganz oben? Was ist als zusammengehörig, z.B. in Blöcken
zusammengefasst, und einheitlich gestaltet?)
Die "natürlichen"
Blickrichtungen von links nach rechts und von oben nach unten
spielen dabei eine besonders wichtige Rolle. Werden bestimmte
Strukturen also in der einen oder anderen Art angeordnet, sollen bei
der Rezeption der Darstellung bestimmte Wirkungen erzielt werden.
-
Wenn die
Einzelbestandteile von oben nach
unten angeordnet sind, gilt es daher zu untersuchen,
dass damit beim Betrachter bzw. bei der Betrachtern
konventionell bestimmte Vorstellungen erzeugt werden. In diesem
Fall handelt es sich um Vorstellung, dass das eine dem anderen
übergeordnet ist, das Obere im Vergleich zum Unteren einen
höheren Stellenwert besitzt und damit die Anordnung der Elemente
auf verschiedenen Stufen auch verschiedene
Hierarchieebenen widerspiegelt.
Zu prüfen ist, ob diese Hierarchien und impliziten Bewertungen
dem Sachverhalt angemessen sind.
-
Werden die
Einzelbestandteile
von dagegen von
links nach rechts dargestellt, ist das Strukturbild also
primär horizontal ausgerichtet, wird damit gewöhnlich der
Eindruck einer
logischen Reihenfolge
konnotiert. (vgl.
Jansen/Scharfe 1999, S.126).
-
Wenn dagegen
Strukturen von Gegenständen abgebildet werden, bei denen
entweder keine hierarchische Strukturierung einzelner Elemente
vorliegt oder bei denen es aus verschiedenen Gründen nicht auf
solche Strukturen ankommt, ist unter Umständen die
Kreisdarstellung die angemessene Darstellungsform.
Allerdings wird ein Betrachter wegen der Gewöhnung an eine am
Uhrzeigersinn orientierte Sichtweise wohl dem an der
12-Uhr-Linie angesiedelten Element die größte Bedeutung
beimessen. (vgl.
Zelazny 1986/1989, S. 28)
Um abstrakte
Sachverhalte zu ▪
visualisieren
werden in Strukturbildern oft auch auch
sinnbildliche oder
metaphorische Abbildungen (Zeichnungen, Fotos) verwendet (z. B.
Verwendung des Arche-Noah-Motivs, um zu zeigen, dass "das Boot voll
ist"). Bei der Analyse gilt es daher zu untersuchen, ob die
Bedeutung solcher Darstellungen für die Adressaten klar und
verständlich ist und welche Absichten damit verfolgt werden.
Eine Rolle bei der
Rezeptionslenkung spielt auch, ob alle textlichen Informationen
direkt in der Grafik platziert werden, um unnötiges Hin- und
Herspringen zwischen grafischem Symbol und Legende zu vermeiden,
oder ob dies nicht geschieht, um die Symbole zu betonten.
Grundsätzlich ist
aber zu beachten, dass es gerade bei den Strukturbildern eine
Vielzahl von Misch- und Übergangsformen zu anderen Typen der ▪
Prinzipdarstellung gibt. Dies gilt in besonderer Weise auch für
die ▪
Textbilder- und Textgrafiken,
die hier als besondere Form von Strukturbildern aufgefasst werden
und - nicht zuletzt aus didaktischen Gründen - als Typ der
Prinzipdarstellung präsentiert werden.
Aber auch ▪
Sachbilder und ▪
ProzessgrafikenP können mit Strukturbildern Mischtypen bilden,
so wie dies bei dem nachfolgenden Funktionsmodell der Weimarer
Reichsverfassung von 1919 der Fall ist.