Wer heutzutage eine schriftliche Arbeit als Arbeitsaufgabe vergibt,
muss wissen, dass dabei die Gefahr besteht, dass er es bei der
Abgabe mit
Plagiaten zu tun bekommt. "Plagiatorenkämpfe", wie Anna Mielke in
der Süddeutschen Zeitung vom 9. Juli 2007, den Kampf von Hochschullehrern
gegen ihre abschreibenden Studenten nennt, gehören heute zu Alltagsgeschäft
an Schulen und Universitäten.Unter einem Plagiat versteht man
die unrechtmäßige Nachahmung bzw. Veröffentlichung eines künstlerischen oder
wissenschaftlichen Werkes, das von einem anderen geschaffen worden ist.
Damit bedeutet Plagiat so viel wie Diebstahl geistigen Eigentums. Aber auch
ein ganzes künstlerisches oder wissenschaftliches Werk, das auf diese Weise
entstanden ist, wird als Plagiat bezeichnet.
Seitdem die elektronische Datenverarbeitung ihren Siegeszug angetreten
hat, ist das Plagiatieren eine weit verbreitete Unsitte geworden.
Selbst der
Spiegel, der mit
Hausarbeiten.de kooperiert, gibt im Juni 2002 an, dass sich in seinem
Archiv "rund 17.000 meist kostenlose Arbeiten, übersichtlich sortiert nach
200 Fachbereichen" befinden. (http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/0,1518,206425,00.html,
13.8.2003) Trotz gegenteiliger Absichtserklärungen eine Einladung zum
Abschreiben! Doch bei Hausarbeiten.de sieht man die Ursache des
Abschreibebooms woanders. Von dort ist zu hören, Lehrer und Dozenten
"könnten Plagiaten am besten vorbeugen, indem sie nicht immer die gleichen
Themen vergeben." (SZ 9.07.07) Immerhin: Patrick Hammer, der Geschäftsführer
des Grin Verlags der sie Hausarbeiten.de betreibt, erklärt, der Verlag habe
eine Kooperation mit Google eingegangen, so dass die Suchmaschine den ganzen
Text untersucht und das eben auch bei den kostenpflichtigen Angeboten. So
überführt die
String-Suche auch die, die glauben, indem sie nicht frei verfügbares
Material abkupfern, kämen sie davon.
Und
viele von denen, die sich heute ungeniert mit wörtlichen Übernahmen
einzelner Passagen oder ganzer Seiten aus dem Internet "bedienen", wenn es
um die Anfertigung von Hausarbeiten, Referaten oder gar Staatsexamens- oder
Diplomarbeiten geht, tun dies im Bewusstsein damit bestenfalls ein
tolerierbares Kavaliersdelikt begangen zu haben. Und viele glauben sogar,
dass das, was im Internet von allen genutzt werden kann, auch allen
gleichermaßen gehört. Da nimmt es nicht Wunder, wenn man, wie Debora
Weber-Wulff auflistet, die seltsamsten Rechtfertigungen zu hören bekommt,
sobald man Plagiate nachweisen kann:
"
-
es ist doch erlaubt, alles aus dem Internet zu verwenden;
-
es seien nur ein paar Sätze, die nicht besser formuliert werden
können;
-
sie haben so was nie gelernt in der Schule (ist aber in Berlin im
Lehrplan für das 9. Schuljahr);
-
es war gerade Wiedervereinigung in der 9. Klasse, da ging einiges
drunter und drüber,
-
sie haben es immer so in der Schule gemacht, es sei noch nie
aufgeflogen, weil die Lehrkräfte zu doof seien, eine Suchmaschine zu
bedienen;
-
sie können es sich nicht erklären, die Zeilen haben sich vielleicht
vom selbst auf ihren Rechner eingetippt ..." (
http://www.f4.fhtw-berlin.de/~weberwu/papers/plagiat.shtml , 8.8.03)
An den Hochschulen hat der Verkauf ganzer Diplomarbeiten mittlerweile
schon Konjunktur und Studenten legen dafür ohne weiteres ein paar hundert
Euro hin, wenn es sein muss. In den USA hat man an der University of
California in Berkeley schon vor Jahren (1997) eine Steigerung der
Täuschungsversuche um 744% in nur drei Jahren festgestellt und spezielle
Suchdienste machen mittlerweile Jagd auf die Plagiateure, wie Arne Molfenter
und Markus Göbel in Wochenzeitung "DIE
ZEIT" (Dez. 2001) berichtet haben:
"Jetzt bekommen die akademischen Bluthunde bei der Fahndung
nach digitalen Plagiaten Unterstützung aus dem Internet: Bereits 800
amerikanische Highschools und Universitäten nutzen den Suchdienst
turnitin.com, der jede hochgeladene Arbeit mit 800 Millionen
Internet-Dokumenten vergleicht und in wenigen Sekunden erkennt, welcher
Absatz abgeschrieben ist. Auch in Australien, China und Deutschland hat der
Service regelmäßige Nutzer.
Turnitin.com weistden Betrug auch dann nach, wenn bis zu
50 Prozent des Originals verändert wurden."
(
http://www.zeit.de/2001/50/Hochschule/200150_c-plagiat.html,
13.8.2003)
Plagiate sind aber keine Kavaliersdelikte, sondern stellen Verletzungen
des
Urheberrechts dar, die - in der Regel auf Antrag - strafbar sind.
Auch die Universitäten in Deutschland gehen heutzutage entschlossen gegen
Plagiateure vor. "Wer beim Abkupfern erwischt wird, muss mit ernsthaften
Konsequenzen rechnen. An der Uni Bochum wurde einer Studentin der
Sozialwissenschaften wegen eines Plagiats ihr Diplom nachträglich aberkannt
und er Rektor verhängte eine Geldbuße von 10.000 Euro. [...] Und eine
Geschichtsstudentin hatte ihre Bachelor-Arbeit aus zwei heruntergeladenen
Texten zusammenkopiert. Der Dozent kam ihr auf die Schliche. sie wurde
exmatrikuliert - ohne Abschluss. In Nordrhein-Westfalen können Plagiate mit
bis zu 50.000 Euro bestraft werden." (Mielke, in: SZ v. 9.07.07)
Vielen Schülerinnen und Schülern, die heute Zugang zum Internet haben und
dessen Informationen für ihre Hausarbeiten,
Kurzvorträge,
Referate oder
Präsentationen einsetzen, sind sich darüber hinaus der Tatsache nicht
bewusst, dass es sich bei Plagiaten um Täuschungshandlungen handelt, die -
je nach Umfang - mit der Note 6 geahndet werden können. Sie müssen aber
verstehen lernen, dass nur ihre eigene geistige Leistung Grundlage der
Leistungsbeurteilung sein kann. Aus diesem Grunde ist es auch erforderlich,
Schülern vor der Anfertigung von Hausarbeiten und Referaten o. ä.
unmissverständlich Regeln für die Verwendung fremden geistigen Eigentums
klar zu machen.
Sie müssen wissen,
-
dass sie einen korrekten
Quellennachweis
anbringen müssen
-
dass sie
Zitate - ob wörtlich oder
sinngemäß -
kenntlich machen müssen
-
dass sie bei Zuwiderhandlung mit Noten- bzw. Punkteabzug bis hin zur
Note 6 bzw. 0-Punkte-Marke wegen eines Täuschungsversuchs zu rechnen
haben.
Aber: Auch der erhobene Zeigefinger reicht nicht aus, wenn man den
Schülerinnen und Schülern nicht beibringt, was es heißt, Informationsquellen
auszuwerten und sie zu einem eigenen gedanklichen Gebäude zusammenzufügen.
Die urheberrechtliche Seite von Plagiaten sollte im Grundsatz auch
den Schülern klar gemacht werden:
-
Urheberrechtlich
sind Kopien von Texten und Bildern u. ä. aus dem
Internet im Allgemeinen dann unbedenklich, wenn sie lediglich zu privatem Gebrauch verwendet werden. Wer also einen Text
aus einem Online-Magazin, das im Internet erscheint, auf seinem eigenen
Rechner speichert, dort nach eigenem Gutdünken weiterbearbeitet und nur in
seinem privaten Umfeld (Familie, enge Freunde) verwendet, tut nichts
Unrechtes. (UhrG
§51)
-
Ebenso dürfen für den Kirchen-,
Schul- oder Unterrichtsgebrauch
Teile von Werken, Sprachwerken oder Werke der Musik von geringem Umfang,
einzelne Werke der bildenden Künste oder einzelne Lichtbildwerke in der
Anzahl der Schülerinnen und Schüler einer Klasse oder eines Kurses ohne
kommerzielles Interesse vervielfältigt werden. (§
46 UrhG) Die Vergütung der Urheber erfolgt dabei durch Regelungen
zwischen den Verwertungsgesellschaften und dem Staat.
-
Die Nutzung von Bildmaterial aus dem Internet
in öffentlichen
Veranstaltungen
der Schule (Vortrag, Schulfest o. ä.) ist ohne Beachtung der
urheberrechtlichen Vorschriften nicht gestattet. Hier muss man die
Regelungen des Verwertungsrechts beachten, die eine öffentliche
körperliche Wiedergabe eines Werkes für den Fall festlegt, dass "sie
für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist, es sei denn, dass der Kreis
dieser Personen bestimmt abgegrenzt ist und sie durch gegenseitige
Beziehungen oder durch Beziehung zum Veranstalter persönlich untereinander
verbunden sind." (UrhG
15 Abs. 3)
Das bedeutet natürlich, dass Schüler und Schülerinnen für ihre Arbeiten
(Referate, Kurzvorträge und Präsentationen) unter Angabe einer korrekten
Quellenangabe (§ 63 UrhG) zu privatem Gebrauch auch in der Klasse
urheberrechtlich geschütztes Material verwenden dürfen, soweit es dem
Unterrichtszweck dient. Der Öffentlichkeit (Schulöffentlichkeit, allgemeine
Öffentlichkeit) aber dürfen diese urheberrechtlich geschützten Werke nicht
zugänglich gemacht werden oder verbreitet werden, so lange die Zustimmung
des Urhebers, dem ein Anspruch auf Vergütung zusteht, nicht eingeholt ist.
Also in Schulzeitungen, Jahresberichten, auf Schulhomepages oder anderen
- auch privaten ! - Webseiten hat in solchen Fällen dieses Material nichts
zu suchen!
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
28.12.2019