Da viele Lehrerinnen und Lehrer ihre Schüler schon über
einen längeren Zeitraum kennen, ist es für sie im Allgemeinen nicht allzu
schwierig herauszufinden, ob eine schriftliche Leistung dem allgemeinen
Leistungsstand eines Schülers entspricht. Sagen wir es vorsichtiger:
Selbstredend ist eine außergewöhnliche Leistung eines Schülers, der
ansonsten deutlich schwächer abschneidet, nicht per se ein Indiz dafür, dass
es dabei nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Man wird also nicht so
ohne weiteres eine Schummelei oder einen Täuschungsversuchs vermuten dürfen. Aber viele Lehrerinnen und Lehrer, insbesondere solche der
geisteswissenschaftlichen Fächer, haben mit Problemfällen dieser oder
ähnlicher Art doch einschlägige Erfahrungen gemacht. So wird z. B. das
Abschreiben vom Nachbarn erst bei der Korrektur einer Klassenarbeit entdeckt
oder beim Halten eines Referates durch einen Schüler wird einfach irgendwie
klar, dass Inhalt, Sprache und Stil der schriftlichen Ausarbeitung nicht
"auf dem Mist" des betreffenden Schülers gewachsen sein können.
Aber: Ohne den Nachweis antreten zu können, hat man als Lehrer häufig
schlechte Karten. Man muss sich, obwohl es sich ja letztlich nur um eine
Vermutung handelt, verhalten, als hätte man den tatsächlichen Nachweis
wirklich erbracht. Nur wenn der Schüler "geständig" ist, können die Gewichte
anders verteilt sein. Hier muss, sofern eine solche Angelegenheit nicht vor
Gericht kommt, die pädagogische Freiheit des einzelnen Lehrers herhalten,
wenn er disziplinarisch, z. B. mit der Annullierung der Arbeit oder der
Vergabe der Note ungenügend gegen einen ihm offenkundigen Täuschungsversuch
vorgehen will.
Um erneut Missverständnissen vorzubeugen: Hier soll kein
Generalverdacht gegen alle Schülerinnen und Schüler geäußert werden.
Genau so wenig soll hier das Abschreiben in der Schule mit dem Herstellen
und Verwerten von Plagiaten künstlerischer und wissenschaftlicher Werke
gleichgesetzt werden. Aber im Interesse der Gerechtigkeit bei der
Leistungsbeurteilung ist es nötig, Plagiate von eigenen schöpferischen
Leistungen deutlich abzugrenzen. Darüber hinaus ist es auch eine Frage der
Rechtserziehung: Das Urheberrecht kann und darf wie jedes andere Recht
ebenso nicht einfach nach Gutdünken gebeugt werden.
Die Suche nach möglichen
Plagiaten
beginnt damit, den Text mit einer besonders ausgerichteten Aufmerksamkeit
auf bestimmte Strukturen und Elemente zu lesen.
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Handelt es sich bei dem möglichen Plagiator um einen Schüler oder eine
Schülerin, dessen Fähigkeiten schon seit längerem bekannt sind, fällt es
oft nicht schwer, schon nach einigen Sätzen zu erkennen, dass es sich
nicht um die persönliche "Schreibe" der betreffenden Person handeln kann.
Wer für seine Satzbrüche und seine Rechtschreibprobleme bekannt ist, wird
mit plötzlich seitenlangen fehlerfreie Formulierungen auffallen.
Dass dies der Erfolg der Rechtschreib- und Grammatiküberprüfung eines
modernen Textverarbeitungsprogramms geschuldet sein könnte, ist eher
unwahrscheinlich. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass es
gemeinhin als legitim gilt, seine Hausarbeit oder sein Referat einer
anderen (sprachmächtigeren) Person (Freunde, Eltern) zur Korrektur
vorzulegen. Allzu schnell geäußerte Verdächtigungen sollten daher unterbleiben, so lange ein Plagiat nicht nachgewiesen werden kann.
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Hinweise auf ein mögliches Plagiat geben im Allgemeinen Stilwechsel
wie die sonst bei der betreffenden Person nicht feststellbaren souveränen
Beherrschung des Konjunktivs bzw. der indirekten Rede.
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Außergewöhnliche Begriffe und Wendungen, die aus dem Üblichen herausfallen, können ein
Plagiat vermuten lassen.
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Formatierungswechsel wie unterschiedliche Überschriftenarten,
unterschiedliche Zeilenlängen, Spaltenanordnung von Text oder
Schriftartenwechsel im Text können Anzeichen für Plagiate sein. Und wer
aus dem Internet allzu blauäugig in die Textverarbeitung kopiert,
hinterlässt u. U. noch eine Reihe unterstrichener Wörter oder Passagen,
die im WWW als Hyperlinks fungiert haben.
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Außergewöhnliche oder mehrfach wiederkehrende orthographische oder
grammatikalische Fehler - insbesondere Verschreiber in Eigennamen, die
nicht durch Rechtschreibkorrekturprogramme gefunden werden können - können
u. U. ein Hinweis auf Plagiate sein.
(vgl. auch: Debora Weber-Wulff: Aufdeckung von Plagiaten:
Suchen im Internet für Lehrkräfte, (
http://www.f4.fhtw-berlin.de/~weberwu/papers/plagiat.shtml , 8.8.03)
Insbesondere bei
Referaten,
Kurzvorträgen und
Präsentationen kommen dabei Plagiate aus Informationsquellen des
World Wide Web zum
Einsatz. Mit ein paar wenigen Kenntnissen über das Angebot einschlägiger
Hausaufgaben-, Referate- oder Diplomarbeitenserver und dem Beherrschen
verschiedener Suchalgorithmen in den verschiedenen
Suchdiensten (Suchmaschinen,
Themenkatalogen
und
Metasuchmaschinen) kann man aber dabei durchaus wirksam
Plagiate aus dem Internet aufdecken.
Beispiele:
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
28.12.2019