Denk- und Verhaltensmuster ändern
Kreative Methoden
zielen meist darauf ab, Denk- und Verhaltensmuster zu verändern. Dadurch
erleichtern sie, Dinge "anders zu sehen" als gewohnt, und ermuntern,
Vorhandenes auf eine andere Art zu verbinden. Im Deutschen sprechen wir
auch redensartlich davon, um die Ecke zu denken, wenn wir über die
Grenzen unserer gewöhnlichen Denkmuster hinaussehen wollen.
Gute Gefühle als
Voraussetzung
Das Vorhandensein
guter
Gefühle
ist ein Schlüssel für Kreativität. Vorstellungen, "dass
unglückliche Menschen ungewöhnlich kreativ und sozial sind", basieren
auf "romantischen Illusionen vom Glück", mit denen "das 19. Jahrhundert
(...) die gequälte Seele als Quelle aller Schaffenskraft" angesehen hat.
(Klein 2012, S.16)
Heute weiß man aus zahlreichen (sozial-)psychologischen und
neurobiologischen Studien, dass es eben nicht "die Peitsche
ihrer Unzufriedenheit, sondern das Zuckerbrot einer erwarteten Belohnung
Menschen zu außergewöhnlichen Leistungen" antreibt. (ebd.)
Etliche Studien haben mittlerweile belegen können, dass
subjektives
Wohlbefinden, das "selbst wahrgenommene Gefühl des Glücks im Leben
oder Zufriedenheit mit dem Leben" (Myers
2005, S.557) prosoziales Verhalten ebenso fördert wie problemlösende
Kreativität.
Die Studien von »Alice
M. Isen (?-2012) haben dabei auch besonders eindrücklich gezeigt,
wie eine positive Grundstimmung auch die kognitive Leistungsfähigkeit
beeinflusst und zwar in einer ganzen Reihe von Bereichen (Zuordnungen
und Einstufungen (categorisation), Gedächtnisleistungen (memory), Wort-
bzw. Begriffsassoziationen (word association) und kreative Problemlösung
(creative problem solving) (vgl.
Isen 1984)
In
ihren und anderen Studien wurde immer wieder in Experimenten belegt,
"dass ein stimmmungsaufhellendes Geschehnis (Geld zu finden, eine
schwierige Aufgabe erfolgreich zu lösen, sich an einen glücklichen
Moment zu erinnern), die Versuchspersonen dazu veranlasste, mit
höherer Wahrscheinlichkeit Geld zu spenden, fallengelassene Papiere
aufzuheben, sich freiwillig Zeit für etwas zu nehmen oder Ähnliches." (Myers
2005, S.557)
Positive Gefühle, das müssen sich auch die sagen
lassen, die solchen Erkenntnissen zum Trotz "noch immer mit negativen
Emotionen zu motivieren versuchen - Schulen mit Angst vor
Nicht-Versetzung, Universitäten mit Angst um den Abschluss und
Unternehmen mit Angst um den Arbeitsplatz" (Klein
2012, S.16), sind "eine gigantische Verschwendung
menschlichen Talents." (ebd.)
Zwei Experimente, die von Isen durchgeführt wurden, mögen dies
verdeutlichen:
-
In einem Experiment
wurden Studenten in einen Raum geführt. Darin hingen von der Decke
zwei Seile getrennt voneinander herunter. Im Raum selbst gab es
sonst nur noch einen Tisch, auf dem Papier, Scheren und anderes
herumlagen. Die Studenten erhielten die Instruktion, dass es sich um
einen Intelligenztest handle, mit dessen Hilfe man untersuchen
wolle, wie gut sie im Leben zurechtkämen. Dazu wurden die Studenten
aufgefordert, die Seile zusammenzubinden. Während die erste Gruppe
dies nicht schaffte, gelang es der Vergleichsgruppe, die etwas
anders auf ihre Aufgabe eingestimmt wurde: Bevor die Studierenden
ihre Aufgabe erhielten, bot ihnen die Versuchsleiterin völlig zwang-
und selbstlos Süßigkeiten aus einer Schachtel an und erklärte, dass
sie selbst überhaupt nichts Süßes esse. Die Studierenden griffen
indessen zu und das erhöhte offenbar ihr subjektives Wohlbefinden
ein wenig. Ergebnis: Diese Gruppe konnte das Problem lösen. (vgl.
Norman 2003)
-
In einem anderen
Experiment stattete Alice Isen, wie
Klein (2012,
S.16) darstellt, ihre Versuchspersonen mit je einer Schachtel
Reißnägel, Streichhölzer und einer Kerze aus. Vor der Instruktion,
was die Versuchspersonen zu tun hatten, erhielten die beiden
Versuchsgruppen fünfminütige Filme gezeigt. Die erste Gruppe bekam
einen Film gezeigt, der für den Mathematikunterricht produziert
worden war, die zweite Gruppe durfte sich an ein paar komischen
Sketchen erfreuen. Im Anschluss daran erhielten beide Gruppen die
gleiche Aufgabe: Sie sollten mit den ihnen zur Verfügung gestellten
Materialien, die Kerze an der Wand befestigen, und zwar so, dass
beim Abbrennen kein Wachs auf den Boden tropfen könne. Während die
Mitglieder der ersten Gruppe, wie vorausgesagt, scheiterten, fanden
drei Viertel der Comedy-Versuchspersonen die richtige Lösung. "Sie
entleerten das Schächtelchen, pinnten es mit ein paar Reißzwecken an
die Wand und stellten die Kerze darauf." (ebd.)
Ganz offenbar führte die Ausschüttung des »Neurotransmitters
»Dopamin
dazu, dass die Versuchspersonen eher zu "breitensuchenden Problemlösern"
wurden, die "in gehobener Stimmung den Tunnelblick (verlieren), der sie
im Zustand von Niedergeschlagenheit und Angst davon abhält,
ungewöhnliche Lösungen zu finden." (ebd.)
Anders ausgedrückt: "Ob man glücklich oder unglücklich ist, beeinflusst
alles im Leben. Menschen, die glücklich sind, fühlen sich sicherer in
der Welt, treffen leichter Entscheidungen, bewerten Bewerber auf eine
Arbeitsstelle positiver, sind kooperativer und leben ihre Leben
gesünder, energischer und zufriedener (Lyubomirsky
et al. 2002; Myers 1993). Sind sie trübsinning und brüten ständig über ihren
Problemen, erscheint ihr Leben insgesamt deprimierend. Hellt sich ihre
Stimmung auf, dann denken sie auch über anderes nach und ihre Gedanken
werden spielerisch und kreativ (Fredrickson
2002). Ihre Beziehungen, ihr Selbstbild und ihre Zukunftserwartungen
wenden sich zum Besseren." (Myers
2005, S.556, Hervorh. d. Verf.)
Kreative Methoden bewegen sich abseits bekannter Denk- und
Verhaltensmuster
Als
kreativ gelten Methoden dann, wenn sie dazu beitragen, Neues zu
erfinden oder Vorhandenes auf neue Art und Weise zu verbinden, indem
Sie Wege beschreiten, die abseits bekannter Denk- und
Verhaltensmuster liegen. (vgl.
Dries 1982, S.89)
Diese Denk- und Verhaltensmusteränderung erfolgt entweder systematisch
(auch: analytisch, strukturiert) oder intuitiv (auch: assoziativ),
oder in einer beide Prinzipien vermischenden Form. (vgl.
Dries 1982, S.89,
Kluge/Zysno 1993, S.56)
-
Systematisches Vorgehen: zerlegen, ordnen, variieren, kombinieren...
-
Intuitives Vorgehen: in Frage stellen, verfremden, anregen, übertragen ...
Grundsätzlich können kreative Methoden auf vielfältige Art und Weise
eingeteilt werden. Eine verbreitete Einteilung hat das
▪
Batelle-Institut
(1972) vorgenommen. (vgl.
Kluge/Zysno
1993, S.57f., ergänzt und erweitert). Im teachSam-Arbeitsbereich "Kreative Methoden" wird aber diesem
Klassifikationsschema nicht gefolgt. Das vorstehende
Klassifikationsschema dient daher nur einer allgemeinen Orientierung.
Gert
Egle, zuletzt bearbeitet am:
15.01.2024
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