Fünf Merkmale des klassischen Brainstormings
Brainstorming als kreative
Gruppentechnik beruht nach Osborn und seinen Anhängern auf 5 Merkmalen,
die den Erfolg der Methode ausmachen.
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Eine Gruppe / ein Team kann seine / ihre gemeinsamen Kräfte entfalten.
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Denkpsychologische Blockaden können ausgeschaltet werden.
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Äußerungen, die den Ideenfluss hemmen, können ausgegrenzt werden.
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Das partnerorientierte Kommunikationsverhalten der Beteiligten kann gefördert werden
-
Unnötige Diskussionen können vermieden werden.
Das Problemlösungsverhalten beim Brainstorming, insbesondere das Vermeiden negativer
Kritik und das Spiel mit der Fantasie (vgl.
▪
Regeln), macht,
so die klassische Lehre des Brainstorming, die Methode zu einer der Grundmethoden
der Ideenfindung.
Aber: Das "klassische"
Brainstorming im Team fördert eher Blockaden denn Ideen
Die Wirklichkeit, das belegen verschiedene Studien schon
seit langem, sieht indessen anders aus. Wo im Team nämlich ein
Gedankensturm entfacht werden soll, herrscht in Wahrheit meistens
"Windstille im Kopf" (Herrmann 2012).
Schon 2005 verwies ein Bericht
in der renommierten Zeitschrift
"Bild der Wissenschaft" (1/2005) darauf,
dass 50 Studien bewiesen hätten, dass sich die Teilnehmer eines
Brainstorming gegenseitig im Ideenfluss eher blockieren denn
unterstützen. Die Gründe, die genannt wurden, sind dabei vor allem:
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Die Tendenz zur
Trittbrettfahrerei, bei der sich jeder auf den anderen verlässt,
die besonders dann auftritt, wenn Gruppen Aufgaben zu erledigen
haben.
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Die Arbeitsmoral
des Einzelnen kann geschwächt werden, wenn er beim Brainstorming
das Gefühl hat, dass es auf seinen Beitrag nicht ankommt.
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Die Arbeitsmoral
des Teams insgesamt wird gefährdet, wenn der Einzelne glaubt,
dass es kaum auffällt, wenn er sich am Brainstorming so gut wie
gar nicht beteiligt.
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Oft blockieren
die Gruppenmitglieder den kreativen Prozess gegenseitig, weil
sie immer darauf warten müssen, bis ein anderer ausgeredet hat.
Das hängt vor allem mit Gedächtnisproblemen zusammen: Denn um
auf neue Ideen zu kommen, muss das Gehirn auf Informationen aus
dem Langzeitgedächtnis zurückgreifen und die dann eben so lange
präsent halten, bis der jeweilige Vorredner ausgeredet hat, ist
eben gar nicht so einfach.
Dem Irrglauben, dass man in Gruppen grundsätzlich mehr und
kreativere Ideen produziert als als Einzelner, sitzen aber immer
noch ca. 80 Prozent der Menschen auf (vgl.
Herrmann 2012).
Brainstorming in der Gruppe als Kombination von Individualtechnik
und Kooperation
Um die gegenseitige Blockierung der Teilnehmer von
Brainstorming-Sitzungen zu vermeiden, kann man das klassische
Brainstorming modifizieren, in dem man das individuelle
Brainstorming mit dem Ideenfindungsprozess in der Gruppe verbindet.
Dies geschieht z. B. beim ▪
Brainwriting
, bei dem jeder seine eigenen Ideen erst einmal
niederschreibt und sie dann den anderen zugänglich macht. (▪
Brainwriting-Pool, Für Sebastian Herrmann ist, auch wenn die erste wissenschaftliche
Kritik am Brainstorming schon auf das Jahr 1958 zurückgeht, klar, dass die
Kritik auch in Zukunft das überaus positive Image des Brainstormings
nicht zerstören werde. Das liege zum einen an der positiven
Erwartungshaltung gegenüber Gruppenarbeit, an der Überschätzung des
eigenen Anteils am Gruppenresultat und an dem Wunsch, ein positives
Selbstbild aufrechtzuerhalten, ganz nach dem Motto: "Weil ich mich in
der Gruppe gut gefühlt habe, fühlt sich auch das Ergebnis gut an", wie
es der Psychologe Stefan Schultz-Hardt von der Uni Göttingen ausgedrückt
hat. (vgl. ebd.)
So kommt Herrmann zum Schluss: "Irgendwie ist das eine komische Sache
mit dem Brainstorming: Die Technik funktioniert nicht besonders gut,
trotzdem lieben die Menschen sie. Und vor dem, was sie tatsächlich
bewirken würde - individuelle Arbeit sowie Kritik- scheuen sie zurück." (ebd.)
Es gibt heute viele Varianten des Brainstorming
Ungeachtet aller kritischen Einwände hat es die von Alex Osborn entwickelte Methode des
Brainstorming es mittlerweile schon zu einer ganz ansehnlichen Zahl von
Varianten
gebracht.
Nach
Czichos
(1993),
Schlicksupp
(1992) und
Werneck
und Ullmann (1973), kann man z.B. folgende Varianten unterscheiden
(Auswahl):
Gemeinsamer Grundzug dieser Techniken ist zumindest der
Anspruch, dass sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer Sitzung
wechselseitig zur Ideenfindung anregen.
Sie
unterscheiden sich u. a. dadurch, ob sie schriftlich oder mündlich
durchgeführt werden.
Da die Terminologie insgesamt nicht einheitlich
ist, wird der Begriff Brainstorming für die hier aufgelisteten Techniken
als Oberbegriff verwendet.
Tipps
Die Auswahl des Problems trägt entscheidend zur Effektivität und zum
Verlauf des Brainstorming bei.
Nach
Clark (1973) gibt es "Schneeschaufelfragen"
und "Spatenfragen"
zur Erfassung des Problems.
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»Schneeschaufelfragen« sind weitgefasste, allgemeine Fragen, auf die die Antworten
meist ebenfalls recht allgemein und wenig hilfreich ausfallen. Beispiele: Wie können wir das Klima in unserer Schule verbessern? Wie lässt sich der Umsatz unserer Filialen erhöhen?
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»Spatenfragen« sind dagegen Fragen, die mitten in den Kern eines
Problems zielen. Am
besten geeignet sind
Ergänzungsfragen, die ein Problem schon vergleichsweise genau
umschreiben. Beispiele: Wie können wir das Verhältnis von Schülern und Lehrern verbessern? Wodurch können wir den Umsatz unserer Filialen in City-Randlagen erhöhen?
Gert
Egle, zuletzt bearbeitet am:
15.01.2024
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