Zur Portfolioarbeit
gehört, dass man neben der Arbeit an bestimmten Aufgaben, immer
wieder einmal einhält und sich Gedanken darüber macht,
-
wie man bei der
Arbeit vorgegangen ist
-
welche Aufgaben
mit welchem Erfolg bewältigt worden sind
-
wie man weiter
vorgehen will
-
wie man seine
Motivation und Bereitschaft aufrechterhalten und stärken kann,
am Portfolio und seinen Aufgaben weiterzuarbeiten
Was also dazugehört, ist die Selbstbeurteilung des eigenen
Lernprozesses, der auch durch das eingeholte ▪
Feedback eines anderen
Schülers oder einer anderen Schülerin, durch ein dauerhaftes oder ad
hoc gebildetes Feedbackteam (peer review)
zu bestimmten Arbeitsaufgaben oder durch Rückmeldungen, die eine
beratende Lehrkraft beim eigenverantwortlichen Lernen gibt,
unterstützt werden kann.

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Seinen eigenen Lernprozess angemessen einschätzen zu können, ist
schwieriger als man denkt
Machen wir uns also nichts vor: Was da von einem verlangt wird,
fällt einem nicht so einfach in den Schoß, denn Verantwortung für
das eigene Lernen zu übernehmen ist, wenn es etwas anderes ist als
"halt" das zu tun, was eine Lehrerin oder ein Lehrer von einem will,
eine ziemlich komplexe Sache. Man spricht in diesem Zusammenhang
auch immer wieder von ▪
Metakognition und
metakognitiven Kompetenzen, kurz gesagt: Unser Denken über unser
Denken, oder in diesem Fall unserer Denken über das, was sich in
unserem Kopf abspielt, wenn wir etwas lernen.
Sind wird nämlich sonst oft gewohnt, dass nur das zählt, was am
Ende herauskommt, ist bei der Portfolioarbeit entscheidend, wie wir
dahin kommen. Dabei dürfen Irrwege sein, darf man sich auch einmal
verrennen und natürlich muss nicht alles perfekt klappen, was es bei
der Portfolioarbeit zu erledigen gilt. Und genau da setzt die
Selbstbeurteilung oder die Selbstreflexion des Portfolio- bzw. des
damit möglichen Lernprozesses an.
Oft weiß man gar nicht so recht, auf was man da überhaupt achten
soll, weil man selbst sein eigenes Lernen und die Bedingungen, unter
denen man lernt, tatsächlich nie so recht unter die Lupe genommen
hat. Manchmal weiß man daher auch gar nicht, wie man selbst am
besten lernt, wie man sein Lernen optimal organisieren und wie man
sich überhaupt dafür motivieren kann, wenn nicht der Notendruck von
außen dafür sorgt.
Was es daher zuallererst braucht, ist die Bereitschaft, sein
Lernen unter die Lupe zu legen, quasi von außen auf sich selbst als
Lernenden zu sehen und überhaupt wahrzunehmen, was unsere
Lernbereitschaft und unseren Lernerfolg ausmacht. Das ist ungewohnt
und verlangt auch eine Menge Übung. Und ob man am Ende zu einer
angemessen Einschätzung des eigenen Lernens kommt, hängt dabei noch
von manchen anderen Merkmalen ab, die von Person zu Person
verschieden sind.
Erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang nur, dass nicht
angemessene Selbstbeurteilungen auch davon abhängen können, dass man
an sich und seine Fähigkeiten nicht glaubt oder einfach in dem, was
man tut, sich stets lieber auf das Urteil anderer verlässt als auf
sich selbst.
Wichtig ist also: Sich mit der Selbstreflexion nicht
überfordern, aber an ihr festhalten, auch wenn es am Anfang
etwas zäh zu sein scheint.
Und nicht vergessen: Zur Portfolioarbeit gehört auch dazu, dass
man immer wieder die Meinung und den Rat von Mitschüler*innen, einem
Portfolioteam oder der Lehrkraft einholen kann, die einem bei der
eigenen Portfolioarbeit zur Seite stehen und einem Hinweise auf den
eigenen Lernprozess geben können, wenn er auch in diesen Gesprächen
zur Sprache kommt.
Möglichst konkret sein
Was über das eigene Lernen gesagt oder
geschrieben wird, soll möglichst konkret sein.
Es hilft im
Allgemeinen wenig, allgemeine Äußerungen wie die folgenden zu machen: "Ich
habe viele neue Sachen gelernt", "Ich sollte künftig besser
aufpassen" oder "Es hat mir keinen Spaß gemacht". Wer weiterkommen will,
muss eben schon etwas genauer hinsehen. Und genau das ist, was geübt
und gelernt sein will.
Die Selbstreflexion sollte sich auf die Gegenstände bzw.
Lerninhalte
des Portfolios beziehen und damit den Lernprozess
nachvollziehbar machen. Dabei zählt zu diesen Lerninhalten nicht nur der
eigentliche "Lernstoff", sondern auch wie die Portfolioarbeit
organisiert wurde und wie man sich dabei gefühlt hat.
Daher kann man z. B. überlegen und einschätzen,
-
ob
einem die Portfolioarbeit "Spaß" gemacht hat, d. h. was einen
dabei motiviert hat, daran zu arbeiten, und was dem im Wege
gestanden ist
-
mit
welchen Arbeitstechniken man an die Bewältigung von
Schreibaufgaben gegangen ist
-
wie
man die Portfolioarbeit als Ganzes organisiert und das Umfeld,
in dem sie stattgefunden hat, gestaltet hat
-
welche ▪ Schwierigkeiten bei der
Arbeit aufgetreten sind und wie man versucht hat, sie zu
überwinden
-
was
einem etwas besonders gut gelungen ist oder weniger und warum
-
wie
oft, in welcher Situation und durch wen man bei seiner Arbeit
Rückmeldungen erhalten hat und was sie einem gebracht haben
-
wie,
wenn Teamarbeit dazu gehört, die Gruppe funktioniert hat, ob sie
einem genützt hat oder nicht, und ob das Klima gestimmt hat
-
ob
man das, was die Lehrerin oder der Lehrer bei der
Portfolioarbeit angeboten und getan haben, als unterstützend und
hilfreich oder eher als hinderlich und nur darauf bedacht, ihre
eigenen Vorstellungen durchzusetzen, empfunden hat
-
was
man bei der Portfolioarbeit über sich und sein eigenes Lernen
erfahren und entdeckt hat
-
...
Die sprachliche Gestaltung der Selbstreflexion
Auch mit der sprachlichen Gestaltung der
Selbstreflexion sollte man flexibel umgehen. In einem
Portfolioprozess, der über einen längeren Zeitraum andauert, können
dabei auch unterschiedliche Gestaltungen erprobt werden. Zu denken
ist dabei z. B.
-
Mind
Maps oder
Concept Maps
-
einfache Listen
-
ausformulierte Ausführungen in ganzen Sätzen und in Form
eines zusammenhängenden Textes
-
Audio- und/oder Videoaufnahmen einer bestimmten Länge
Es spricht einiges dafür, dass man am Ende des
Reflexionsprozesses einen zusammenhängenden Text verfasst. Je mehr
Übung man gewonnen hat, desto leichter wird einem das fallen. Was
einem auffällt, kann man dazu schon vorher, während des Arbeitens an
einer Aufgabe auf einer Liste oder mit Hilfe eines MindMaps sammeln.
Allerdings: Sich selbst beim Arbeiten dauernd zu belauern, hilft
einem auch nicht unbedingt weiter.
Wenn die Gedanken über das eigene Lernen und
Arbeiten aber wirklich "fließen" sollen, muss man sich
dafür auch Zeit und Ruhe gönnen und den
Gedanken auch einen angemessenen Raum (Länge)
geben, damit sie sich entwickeln können.
Beispiele
So könnte z. B. eine Äußerung über die Erstellung
eines
Protokolls über die Gruppenarbeit,
das im Portfolio abgeheftet ist, sein:
Selbstbeurteilung ... Ich finde, dass ein solches Gruppenarbeitsprotokoll viel Sinn macht.
Dann weiß eben jeder, auch wenn er zum Beispiel mal fehlt, was die
anderen gemacht haben und wie die Aufgaben verteilt werden. Nicht
ganz klar ist mir allerdings, warum das Ganze so eine strenge Form
haben soll. Außerdem weiß ich manchmal nicht recht, was ins
Protokoll gehört. Wenn zwei von uns unterschiedliche Meinungen
haben, gehört das dann auf jeden Fall rein? Ich muss mich also noch
mal über das Protokollschreiben informieren. Das mache ich auf der
Webseite von teachSam. Außerdem werde ich mich mit den anderen
Gruppenmitgliedern in der nächsten Sitzung, am Donnerstag, darüber
absprechen. ... |
Die Selbstreflexion sollte stets auch die verwendeten
Arbeitstechniken
mit einbeziehen. Dies könnte z. B. wie folgt aussehen:
Selbstbeurteilung ... Um den Inhalt des Textes zu erarbeiten, bin ich mit zwei
verschiedenen Methoden vorgegangen. Zunächst habe ich es mit der
W-Fragen-Methode probiert, bin aber irgendwie nicht damit zu recht
gekommen. Mir fielen einfach keine passenden Fragen ein, auf die
bestimmte Sinnabschnitte des Textes antworten. Dann habe ich das mit
der Aussagenliste probiert. Das ist wirklich mühsame Kleinarbeit,
aber ich denke, dass es für mich bei der Arbeit mit diesem
komplizierten Text doch das Richtige war. So habe ich wenigstens
Stück für Stück "auseinandergefrimelt", was in dem Text eigentlich
drinsteht. ... |
Als nicht weniger hilfreich erweisen sich häufig
Gedanken über die
Arbeitsorganisation bzw. das Umfeld, in dem das Lernen
stattgefunden hat. So ist es vielleicht wichtig, sich klarzumachen, was
unter Umständen die Konzentration in welcher Weise beeinträchtigt hat:
Selbstbeurteilung ... Beim Verfassen der Inhaltsangabe zum Text habe ich Schwierigkeiten
gehabt, mich auf die Sache zu konzentrieren. Das ist, so glaube ich
nämlich, der Hauptgrund, weshalb mir das auch nicht so recht
gelungen ist. Kurz bevor ich hingesetzt habe, um die Inhaltsangabe
zu schreiben, hatte ich einen heftigen Streit mit meinem Vater. Und
das, was er mir vorgeworfen hat, ging mir einfach die nächsten
Stunden nicht aus dem Kopf. Eigentlich war ich stinksauer. Kein
Wunder also, das das mit der Inhaltsangabe schief gegangen ist. Wenn
wieder so etwas vorkommt, werde ich künftig eine Pause einlegen, um
meine Wut wieder etwas abzukühlen. ... |
Auch das
Verhalten
in einer eventuell bestehenden Arbeitsgruppe sollte reflektiert
werden. Es könnt wie folgt aussehen:
Selbstbeurteilung ... Das Arbeiten mit den anderen in der Gruppe hat mir bisher Spaß
gemacht und der Austausch mit den anderen, insbesondere mit Manuel,
hat mir sehr weitergeholfen. Er erklärt alles sehr gut und lässt
sich dabei so viel Zeit, dass es jeder verstehen kann. Nur eines
macht mir Probleme: Meistens kommen die beiden anderen mindestens
eine Viertelstunde zu spät. Das ärgert mich sehr, weil ich, da ich
so weit weg wohne, immer schon sehr früh den Bus nehmen muss, um
pünktlich zu sein. In einem Gespräch mit den anderen muss ich noch
mal darauf aufmerksam machen. ... |
Schließlich kann auch das
Verhältnis zum Lehrer
oder der Lehrerin Gegenstand der Selbstreflexion werden:
Selbstbeurteilung ... Herr Kocher hat mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns an
den aufgestellten Arbeitsplan halten sollen. Das mag ja sein. Wegen
der Art aber, wie er mit uns redet, haben wir jetzt alle überhaupt
keine Lust mehr. Das hilft jedoch nicht weiter. Ich denke, unsere
Gruppe muss mit ihm einmal darüber reden. ... |
Gert
Egle, zuletzt bearbeitet am:
15.01.2024
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