Vorteile des Peer-Feedbacks im Rahmen der
Schreibkonferenz
Schreibkonferenzen, die den
Prinzipien des
Peer-Feedbacks folgen, gehören zu den Methoden einer förderlichen
Beurteilung und können aus mehreren Gründen für die Entwicklung
individueller Schreibfähigkeiten gute Dienste leisten.
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Sie sorgen u. U. dafür, dass die
Schreiber die
Kontrolle über den Schreibprozess behalten, "indem sie für die
Themenfindung, den Inhalt der Texte und die Überarbeitung selbst
verantwortlich sind." (Necknig
2009, S. 62)
Ein an diesen Zielen orientierter Schreibunterricht
verlangt nämlich auch von den Lehrpersonen ein bestimmtes Verhalten, das dem
eigenverantwortlichen Schreiben der Schülerinnen und Schüler wirklich
nützt. Das wiederum bedeutet in erster Linie die Aufgabe lehrerzentrierter
Interventionen in den Schreibprozess.
So sollen sich Lehrpersonen z. B.
nicht sofort daran machen, das vom Schüler Geschriebene zu korrigieren,
sondern sich zunächst einmal in der "Kunst des Zuhörens" (Graves
1986, S.135) und der "Kunst des Fragenstellens" (ebd.)
übt, um den Schreibprozess des Schülers zu fördern.
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Die Integration des (Peer-)Feedbacks und damit der
Schreibberatung durch die gleichaltrigen Leser, bringt nicht nur die
Leser-Perspektive schon ganz frühzeitig in den Schreibprozess ein,
sondern lässt auch die Leser offenbar Probleme erkennen, "die sie
beim eigenen Schreiben noch nicht berücksichtigen." (Fix
2006/2008, S.176, vgl.
Becker-Mrotzeck/Böttcher 2006/2011, S. 43f.)
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Außerdem, und dies ist für die individuelle
Schreibentwicklung besonders wichtig, schafft der ständige Wechsel
zwischen individuellem Produzieren des eigenen Textes und dem
kooperativen Austausch über die jeweiligen Textentwürfe die für
Überarbeitungsprozesse nötige Distanz zum eigenen Textprodukt.
Dadurch entsteht auch ein Verständnis für die einen effektiven
Schreibprozess in allen Stadien begleitende Revision. (vgl.
Becker-Mrotzeck/Böttcher 2006/2011, S. 43f.)
Rollenwechsel und Peer-Feedback wollen
gelernt sein
Die Schreibkonferenz funktioniert nur so gut, wie gut die
Mitglieder der Schreibgruppe den erforderlichen Rollenwechsel
vollziehen und das Feedback-Geben und Feedback-Nehmen gestalten.
Dabei darf man sich nichts vormachen: Gerade das
Peer-Feedback
will geübt sein, auch wenn viele genau das Gegenteil meinen.
Gruppenmitglied 1 als Textproduzent und Feedbacknehmer |
Gruppenmitglied 1 als Textrezipient und Feedbackgeber |
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Ein Schreiber/eine Schreiberin verfasst einen Text bzw.
einen Textteil eines größeren Textes.
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Dieser Text wird den Schreibkonferenzmitgliedern zur
Kenntnis gebracht und von diesen unter inhaltlichen und
sprachlichen Gesichtspunkten, sowie im Hinblick auf die mit
dem Text verfolgten Schreibziele in einem
Peer-Feedback
kommentiert.
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Der
Schreiber/die Schreiberin entscheidet darüber, welche der
von den Gruppenmitgliedern gegebenen Hinweise er zur
Überarbeitung
seine Textes nutzen will und führt die
entsprechenden Textrevisionen aus.
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So gelingt das Peer-Feedback
Die Entwicklung und Integration eines
Peer-Feedbacks in die verschiedenen
Phasen/Stadien des Schreibprozesses
erfordert von den Beteiligten fachliche, methodische aber vor allem
auch soziale Kompetenzen.
Das Klima macht's
Rückmeldungen realer und vor allem
gleichaltriger Leser müssen in einem günstigen sozialen Klima
stattfinden. Andernfalls können sich vielfältige Probleme ergeben, die
damit zusammenhängen, dass in der Schreibkonferenz "über ihren Text und
zugleich über sie (1) geredet wird". (Baurmann
2008, S.104).
Zusammensetzung der Gruppen gut überlegen
Daher sollte der Gruppenbildung bzw. der
Auswahl der Mitglieder für die Schreibkonferenz entsprechende
Aufmerksamkeit geschenkt werden. Schließlich will sich nicht jeder von
jedem beurteilt sehen. Daher ist es auch gut, wenn der Schreiber selbst
darüber entscheidet, ob er mit seinem Text eine Schreibkonferenz
durchführen will.
In jedem Fall ist es "von Vorteil, wenn
Schülerinnen und Schüler an Schreibkonferenzen teilnehmen, die gut
miteinander auskommen, über kommunikatives Geschick und auch über
Einfühlungsvermögen verfügen." (ebd.)
In beiden Rollen ist von jedem / jeder viel verlangt
Die allgemeinen Anforderungen, die auf Schreiber und Leser/Rezipient bei
einer Schreibkonferenz hinzukommen, lassen sich im Anschluss an
Fix (2006/2008,
S.177) folgendermaßen darstellen:
Anforderungen an den Schreiber |
Anforderungen an den Rezipienten
(Leser/Hörer) |
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Fähigkeit,
die eigenen Textentwürfe den anderen durch Vorlesen oder
Präsentieren verfügbar zu machen
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Bereitschaft,
sich und seine Textentwürfe der Beurteilung der
Gruppenmitglieder auszusetzen
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Fähigkeit,
die eigene Rolle als
Feedbacknehmer im Rahmen eines
förderlichen
Feedbackprozesses einzunehmen
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Bereitschaft
und Fähigkeit, die eigenen Textentwürfe aus einer
Distanz heraus zu betrachten
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Fähigkeit zur
Metakommunikation über den eigenen Text
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Fähigkeit zur
kritischen Bewertung der von den anderen erhaltenen
Hinweise
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Bereitschaft
und Fähigkeit, aus der konversationellen Schreibberatung
durch die anderen geeignete Überarbeitungsansätze bzw.
Revisionsstrategien abzuleiten bzw. die eigenen
Positionen zu behaupten, wenn die Überarbeitungshinweise
verworfen werden sollen
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Feedback muss auf jeden Fall
förderlich sein
Auch wenn das Peer-Feedback im Konzept der
Schreibkonferenz auf das Einnehmen einer authentischen Leserrolle
beschränkt bleiben soll (vgl.
Bräuer 2010, S.7), folgt
es dabei doch den allgemeinen
Prinzipien eines förderlichen Feedbacks, wie sie auch
Feedbackprozesse in anderen Kontexten auszeichnen.
Daraus ergeben sich
für die jeweiligen
Feedbackgeber und Feedbacknehmer bestimmte Verhaltensregeln, die unbedingt einzuhalten
sind. Es gibt für beide Regeln:
Bestimmte Aspekte des Feedbacks einüben
Es ist es ohne weiteres möglich, den Feedbackgebern auch den Auftrag
zu erteilen, auf einen besonderen Aspekt ihrer Feedbackerteilung
besonders zu achten.
Das könnten z.B. die folgenden Aspekte von Feedback im
Allgemeinen sein:
Auf diese Weise tragen die
Feedbackprozesse einer Schreibkonferenz über den fachlichen und
methodischen Kompetenzerwerb auch zur mehr oder weniger systematischen
Erweiterung sozialer Kompetenzen bei. Dass dazu die äußeren Bedingungen so gestaltet sein müssen, dass das
Feedback ungestört und in angenehmer Atmosphäre verlaufen kann, versteht
sich.
» Mögliche
Probleme bei der Umsetzung
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
11.01.2024 |
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