Dass der Geruch zur
▪ nonverbalen
Kommunikation eingesetzt wird, gilt gemeinhin als äußerst suspekt,
wenngleich die olfaktorische Kommunikation längst zu einer
Selbstverständlichkeit des Alltagslebens geworden ist.
-
Da werden von der kosmetischen Industrie Produkte wie Deodorants und
Parfüms produziert, denen man sich nicht scheut auch einen
euphemistisch-metaphorischen Namen wie "My Melody" zu geben, selbst wenn
nur eine simple "Duftmarke" gemeint ist. Und auch wenn es schon in die
"Steinzeit" der Werbungsgeschichte führt: Es ist noch gar nicht lange her,
dass in seiner Bedeutung für Geruch und Geschmack (gustatorischer Kanal)
für eine Zahnpasta mit dem Slogan geworben wurde: "Strahlerküsse schmecken
besser, Strahlerküsse schmecken gut."
-
Berühmt geworden ist der Werbespot von
Axe, der mit den geschlechtsspezifischen Duftnoten spielte. Eine Frau
benutzt in Ermangelung eines anderen das Deo ihres männlichen Freundes.
Sobald sie sich mit diesem Geruch unter Menschen begibt, zieht sie die
sexuelle Aufmerksamkeit von Frauen auf sich, die von den männlichen
Geruchssignalen in sichtliche Erregung versetzt werden.
-
Wer eine "Fahne" hat, der gilt als besoffenen und im schlimmsten Fall
sieht man in ihm einen notorischen Säufer.
-
In vielen Erzählungen und Berichten von Menschen wird dargestellt,
dass Tiere am Geruch, den die Menschen in einer bestimmten Situation
ausgeströmt hätten, erkannt hätten, ob ein Mensch ihnen furchtsam oder
entschlossen gegenübertrete.
Was hier so offenkundig wirkt, zieht in der nonverbalen Kommunikation
natürlich auch weitere Kreise.
Es gibt blinde Menschen, die behaupten, sie könnten andere am Geruch
erkennen, ja manche von ihnen stellen gar die Behauptung auf, sie könnten am
Geruch erkennen, welche Haarfarbe ein Mensch besitze.
Die Freisetzung von Pheromonen, die bei Tieren Revierabgrenzung und
Paarungsbereitschaft und –verhalten steuert, hat immer wieder die Frage nach
Analogien beim Menschen aufgeworfen. So ist bis heute umstritten, wie sich
die Freisetzung von derartigen Geruchsstoffen beim Menschen letztendlich
auswirkt.
Feststeht allerdings, dass die apokrinen Schweißdrüsen, die anders
aufgebaut sind und anders wirken als die so genannten ekkrinen
Schweißdrüsen, mit denen wir unsere Körpertemperatur regulieren, dabei eine
besondere Rolle spielen. Sie befinden sich unter den Achselhöhlen, an den
Brustwarzen und im Genitalbreich, alles mehr oder weniger behaarte
Körperregionen, die den Körpergeruch produzierenden Bakterien Heimstatt und
Raum zur Ausbreitung geben.
Der Schluss, das über die männlichen
Schweißdrüsen abgegebene Androstenon wirke auf Frauen insbesondere während
der Zeit des Eisprungs, ist jedenfalls umstritten. Auch wenn es in
Männergesprächen gerne kolportiert und persifliert wird: Männerschweiß ist
nicht "jederfraus" Sache, insbesondere in unserem Kulturkreis. Aber es wirkt
schon etwas paradox: Dem Männergeruch, der – so will es die Werbung und die
kosmetische Industrie - mit allerlei Deodorants und Duftstoffen überlagert
wird, wird Androstenon über diese Produkte wieder zugeführt.
Im interkulturellen Vergleich zeigen sich allerdings deutliche
Unterschiede bei der olfaktorischen Kommunikation. So gibt es wohl in allen
Kulturen unterschiedliche Geruchstabus. In unserem Kulturbereich zählen dazu
u. a. schlechter Atem, Schweißfüße, Achselschweiß.
Die Tatsache, dass gerade
die Schweißabsonderung aber auch noch mit den Augen wahrgenommen werden
kann, macht den unablässigen Kampf gegen den gesellschaftlich unsäglichen
Schwitzfleck unterm Arm besonders schwierig. Denn die körpersprachliche
Information, die hinter einer erhöhten Schweißproduktion stehen können
(Nervosität, innere Unruhe, Angst, Stress etc.) benutzt neben dem olfaktorischen Kanal eben auch den visuellen Kanal und ist damit ein
besonders eindrückliches Beispiel für die oftmals feststellbare
Mehrkanaligkeit nonverbaler Kommunikation.
Die kulturellen Unterschiede im Umgang mit dem Geruch in der
Kommunikation sind freilich beeindruckend:
-
Im angelsächsischen Kulturkreis (Briten, Australier, Neuseeländer,
US-Amerikaner etc.) ist ein schlechter Atemgeruch tabuisiert, zumal er nur
in äußerster körperlicher Nähe wahrgenommen werden kann.
-
Araber dagegen, die es lieben sehr eng beieinander zu stehen, mögen es
offenbar durchaus wenn sie den Atem ihres Gesprächspartners riechen
können. (Hall 1976a) (vgl.
Eunson 1990, S.132f.)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
25.01.2023