In der
Alltagssprache ist der Begriff "Selbstdarstellung" eher negativ
besetzt. Sehr häufig verbindet man damit eine Haltung und entsprechendes
Verhalten, das einen beschönigenden Eindruck machen will. Dabei
kann eine Person ganz verwendet unterschiedliche Masken
verwenden,
um andere zu beeindrucken, etwas Bestimmtes vorzutäuschen oder um sich
anders zu geben, als man wirklich ist.
Selbstdarstellung hat, wenn man die lateinischen Wurzeln des
Begriffs "persona" heranzieht, von dem sich die heutigen
"Person" und “Persönlichkeit” ableiten, grundsätzlich etwas mit
Masken zu tun. Lateinisch bedeutet der Begriff "persona" nämlich
die Theatermaske. Und damit wird das Maskenhafte, die Täuschung
und der bloße äußere Schein unterstrichen, Es geht darum, “wie
man anderen erscheint (aber nicht wie man tatsächlich ist)” (Allport,
1959).
Allgemein
gesehen umfasst der Begriff "persona" durchaus Gegensätzliches
und bewegt sich zwischen den Polendes bloß äußeren Scheins und
der Übernahme von Rollen einerseits bis hin zu Vorstellung von
Authentizität und dem eigentlichen, dem "wahren" Selbst. Die Gegensätzlichkeit der Bedeutungen
von "persona" ist im psychologischen Fachterminus "Persönlichkeit" erhalten
geblieben:
Selbstdarstellung zielt jedoch häufig darauf ab, den Interaktionspartnern
ein möglichst genaues Bild der eigenen Person zu vermitteln. Auch wenn wir
anderen mitteilen wollen, wer wir „wirklich“ sind, müssen wir zu
darstellerischen Mitteln greifen: „Auch das Echte bedarf theatralischer
Hilfen, um zur Geltung zu kommen.“ Wir sprechen in diesem Fall von
Persönlichkeitsdarstellung. (vgl .http://www.uni-bamberg.de/?id=10351)
Grundsätzlich betrachtet ist Persönlichkeit natürlich ein theoretisches Konstrukt. Der Ausdruck unserer
Persönlichkeit, den wir, das hat »Erving Goffman
(1922-1982) schon im
Jahr 1959 (2011,
S.17 ) gezeigt, aus zahlreichen Motiven heraus unter Kontrolle bringen
wollen, um das Bild von uns zu erzeugen, das andere sich von uns machen
sollen, erfolgt häufig bei der nonverbalen Kommunikation ganz unmittelbar
und unwillkürlich.
Ohne dass wir das vielleicht wollen, senden wir Signale
aus, die den anderen etwas über uns und unsere Persönlichkeit mitteilen.
Dabei kann es leicht dazu kommen, dass diejenigen, die diese nonverbalen
Hinweise auf unsere Persönlichkeit wahrnehmen, sie missverstehen oder falsch
interpretieren. (vgl.
ebd., S.48). Wer nervös ist, zittert und schwitzt und zeigt damit, je
nach Situation, dass er eine bestimmte Situation nicht souverän bewältigt.
Und wer während einer Präsentation, sobald er vor seinem Publikum steht,
unwillkürlich rot wird, kann am eigenen Leib spüren, "dass der Eindruck von
Realität, den
eine
Darstellung erweckt, ein zartes, zerbrechliches Ding ist, das durch das
kleinste Missgeschick zerstört werden kann." (ebd.,
S.52). In der ▪
Kommunikationspsychologie spricht man, wenn eine Nachricht, die man
sendet, in ihren verbalen und nonverbalen Komponenten übereinstimmt, von
einer ▪kongruenten, andernfalls inkongruenten Nachricht. (vgl.
Schulz von Thun, Miteinander reden 1, 1981, S.37)
Nicht immer gelingt es uns, unsere jeweilige "persönliche Fassade", wie
Goffman
(2011, S.25) jene
Ausdrucksmittel bezeichnet, "die wir am stärksten mit dem Darsteller
identifizieren und von denen wir erwarten, dass er sie mit sich herumträgt",
auch so zu gestalten, dass Erscheinung und Verhalten einigermaßen
übereinstimmen.
Nonverbale Signale, die wir aussenden, sind indessen nicht in jedem Falle
unserer Kontrolle entzogen. So gibt es natürlich auch Personen, die
"dieselben Signale gezielt einsetzen, um bestimmte Merkmale hervorzuheben
oder um eine verbesserte Version ihrer selbst zu präsentieren." (Argyle 1979/2002,
S. 133) Dies geht, auch wenn eine solche Idealisierung der Selbstdarstellung
auch ihre Grenzen hat, sogar so weit, dass Personen auf unterschiedliche Art
und Weise, darunter auch chirurgischen Eingriffen, bis zu einem gewissen
Grad auch "scheinbar festgelegte und unwillkürliche Signale für Alter,
Körperbau, ja selbst für Rasse und Geschlecht" manipulieren und damit
kontrollieren wollen. (ebd.,
S.131f.)
Für die Selbstdarstellung sind neben den genannten unwillkürlichen Aspekten
jene Signale natürlich von ganz besonderer Bedeutung, die wir bewusst zu
unserer Selbstdarstellung einsetzen. Dies sind Elemente, die mit dem Bild
zusammenhängen, das wir uns von uns selbst gemacht haben. Das Selbstbild,
das wir von uns haben, entwickelt sich dabei in der Kommunikation und
Interaktion mit den anderen.
Dabei können wir uns im Anschluss an die Auffassung der soziologischen
Theorie des »symbolischen
Interaktionismus von
»George Herbert Mead (1863-1931) "nur mit den Augen der anderen sehen"
Krappmann 1997,
S. 79 - vgl.
Mead
1934/1968): "Wer ich bin, erfahre ich durch die Reaktionen der anderen."
(ebd.)
Argyle
(1979/2002,
S. 132), dessen Persönlichkeitsbegriff sicher zu eng ist, interpretiert in
diesem Zusammenhang Persönlichkeit "als ein Enkodieren und Dekodieren von im
wesentlichen nonverbalen Signalen." Das Selbstbild, das dabei entsteht,
enthält "ein Körper-Image, eine Reihe von Rollen und Vorstellungen über
Charakterzüge bzw. Persönlichkeitsmerkmale." Sein
"Persönlichkeitskern" besteht nach Ansicht Argyles "gewöhnlich aus seinem
Namen, seinen Körpergefühlen, seinem körperlichen Gesamteindruck, Geschlecht
und Alter." (ebd.,
S.134) Weitere Eigenschaften können dabei hinzukommen, wie z. B. "die
Gesellschaftsschicht, die Religion, besonders hervorragende Leistungen und
sonstige Dinge, die einen Menschen von anderen unterscheiden."
Da die Menschen in der Interaktion miteinander darauf angewiesen sind, sich
über den jeweiligen Interaktionspartner Informationen zu beschaffen, die
Aufschluss darüber geben, wie sie miteinander umgehen sollen, muss man sich,
wenn die Situation bzw. das gesamte Setting nicht ausreichen, um die
Bedingungen der Interaktion angemessen zu interpretieren, auf weitere
nonverbale Signale stützen.
Dennoch ist das Selbst nach Ansicht von
Argyle
(1979/2002,
S. 135) "nicht immer aktiv, man signalisiert nicht ständig etwas über
sich selbst. Das geschieht nur in solchen Situationen, die Goffman
einen "Bühnenauftritt" (on-stage) nannte." Auf der von
Goffman "Vorderbühne" genannten Ort, "der bis zu einem gewissen Grade durch
Wahrnehmungsschranken begrenzt ist" (Goffman
(2011, S.99),
versuchen wir uns in einem ganz bestimmten Licht zu zeigen und uns, abhängig
von der Situation und dem Interaktionspartner, mit bestimmten Aspekten
unseres Selbstbildes darzustellen. Dabei ist die Selbstdarstellung, so
Argyle
(1979/2002,
S.135), "unterschiedlich motiviert: In Berufen wie dem Lehrerberuf
versucht man, als kompetent zu erscheinen, damit andere die jeweilige
Beeinflussung akzeptieren. [...] Manche pflegen ein Image von physischer
Attraktivität oder von hohem Sozialstatus, weil ihnen die dadurch
geschaffenen sozialen Beziehungen gefallen."
Bei der Selbstdarstellung mit nonverbalen Signalen wirken sämtliche Aspekte
der Körpersprache mit. Dazu zählen, neben anderen (z.B. sozial bedingte
Verhaltensstile), sämtliche Signale, die im Rahmen der
visuellen,
akustischen, olfaktorischen und taktilen bzw. haptischen Kommunikation symbolische Bedeutung gewinnen
können, insbesondere jene Signale, die mit der körperlichen
Erscheinungsweise (Kleidung, Haartracht, Mimik, Gestik, Körperhaltung
usw.) gesendet werden.
Zugleich übermittelt man "auch Informationen über seine Intentionen und Erklärungen
seines Verhaltens, um dieses möglichen Zuschauern einsichtig zu machen.
Goffman (1971) hat das die "Erläuterung durch den Körper" (body-gloss)
genannt. Man ist sich zweifellos dessen bewusst, wie sein Verhalten für
andere aussieht, und mit zusätzlichen nonverbalen Signalen will man zeigen,
dass es einen akzeptablen und vernünftigen Zweck hat, oder gelegentlich will
jemand auch damit irreführen und täuschen." (ebd,,
S.135)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
18.12.2023