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Sprechakte

Notwendige Bedingungen für das Gelingen von Sprechakten

John R. Searle


FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Linguistik (Sprachwissenschaft)
RechtschreibungGrammatik / Syntax Semantik Pragmatik ▪ Überblick Sprechen als Handeln Überblick Handlungsarten Sprechen als kommunikatives Handeln Komponenten von Sprachhandlungen  [ Sprechakte Didaktische und methodische Aspekte Überblick Teilakte eines Sprechaktes Notwendige Bedingungen für das Gelingen von Sprechakten Regeln für den Vollzug von Sprechakten SprechakttypenBausteine ] Bausteine Kommunikation Soziolinguistik Textlinguistik Gesprächsanalyse Schreibformen Rhetorik Filmanalyse Operatoren im Fach Deutsch
   

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Kommunikationspsychologie
Vier-Seiten-Modell der zwischenmenschlichen Kommunikation

Das Gelingen bzw. "Glücken" von Sprechakten hat »John R. Searle (geb. 1932) in seiner ▪ Sprechakttheorie am Beispiel des performativen Verbs versprechen entwickelt und das Gelingen des entsprechenden Sprechakts «Versprechen» an neun verschiedene Bedingungen gebunden.

Aus diesen für das Versprechen entwickelten Bedingungen lassen sich verschiedene Bedingungen ableiten, die auch über die Gruppe der Kommissive hinaus für andere Sprechakte gelten können.

Grundsätzlich kann man im Rahmen der Sprechaktanalyse festlegen, ob man die notwendigen Bedingungen für das Gelingen oder Glücken eines Sprechakts vom Hörer oder vom Sprecher aus formuliert, oder man, wie Searle, hörer- und sprecherseitige Bedingungen ansetzen will. (vgl. Hindelang 42004, S. 87)

Die Darstellung von Bedingungen und die Abhängigkeit eines Sprechakts von ihnen zeigt sich sich in seiner einschlägigen sprechakttheoretischen Definition des Versprechens.

"Wenn ein Sprecher S im Beisein seines Zuhörers H einen Satz T äußert, dann verspricht er dem Zuhörer H durch die wörtlich gemeinte Äußerung von T richtig und aufrichtig, dass p [= propositionaler Gehalt, d. Verf.], dann und nur dann, wenn die folgenden Bedingungen 1-9 erfüllt sind." (Searle 1969/1971, S.88, zit. n. Hindelang 42004, S. 85)

Bedingungen, die für alle Sprechakte gelten

Wenn man von dem besonderen Sprechakt des Versprechens abstrahiert, lassen sich sechs Gruppen von "Erfüllungsbedingungen" (Krämer 2001, S. 62) unterscheiden (man spricht hier in Anlehnung an Searle auch von "Glückensbedingungen"). Sind sie in ihrer Gesamtheit erfüllt, kann man von einem gelungenen oder geglückten Sprechakt ausgehen.


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Diese sechs notwendigen Bedingungen sind (vgl. ebd., S. 62ff):

  1. Normalitätsbedingungen

  2. Bedingungen für den propositionalen Gehalt

  3. Einleitungsbedingungen

  4. Aufrichtigkeitsbedingungen

  5. Wesentliche Bedingung

  6. Bedeutungstheoretische Bedingung

Die Normalitätsbedingungen

Die Normalitätsbedingungen (auch: "normale Eingabe- und Ausgabebedingungen" (Searle 1969/1971, S.88) stehen für "eine nach Searles Auffassung durchaus unbegrenzte Reihe von Bedingungen [...], die so etwas wie die Möglichkeitsbedingungen jedweder Kommunikation bilden." (Krämer 2001, S. 62)

Die Bedingungen sehen vor, dass die Kommunikation mit Sprache nicht durch physische oder psychische Störungen so beeinträchtigt sein darf, dass der Hörer nicht verstehen kann, was der Sprecher sagt.

Zugleich muss der Sprecher "mit vollem Bewusstsein", aber auch ohne irgendeinen äußeren oder inneren Zwang "sowie frei von Furcht" (ebd.) sprachlich handeln.

Und schließlich gehört dazu, dass er, was er sprechhandelnd tut, auch ernsthaft tut. Äußerungen, "die in Spielen, als Beispielsätze im Sprach- oder Linguistik-Unterricht oder in scherzhafter Rede gemacht werden" (Hindelang 42004, S. 85), gelten demzufolge als nicht ernsthaft und konstituieren demzufolge auch keinen Sprechakt.

Die Kategorie der Ernsthaftigkeit und des wörtlich Gemeinten hat damit auch große Auswirkungen auf die sprechaktanalytische Sicht auf "sekundäre, »parasitäre«, nicht buch-buchstäbliche Formen der Kommunikation" (Krämer 2001, S. 62) und führen in der Konsequenz dazu, dass "die psychischen und sozialen Gegebenheiten, die unser Sprechen im Alltag immer auch prägen" (ebd., S.63) ausgeblendet wird. Die Tatsache, dass sich Sprechen und Schreiben stets unter Beteiligung von Gefühlen vollzieht, gerät dabei ebenso aus dem Blick wie die Tatsache, dass auch assymetrische Beziehungen im Sinne eines Machtgefälles zwischen Sprecher und Hörer Bedingungen sind, die die Normalitätsbedingung unterminieren. Die Unterstellung einer quasi "emotionsfreien Selbsttransparenz" (ebd.) der sprechenden Akteure, "die sprechend wissen, was sie tun"  (ebd.) vor dem Hintergrund, dass wir häufig einfach in Gespräche verstrickt sind, ohne sie planvoll zu steuern, macht deutlich, dass solche die Normalitätsbedingung auch leicht zu einer fast weltfremden Idealisierung führen kann.

Die Normalitätsbedingungen Searles sperren sich auch gegen die Einbeziehung sämtlicher Formen von Uneigentlichkeit wie sie z. B. bei ironischen, sarkastischen, metaphorischen, allegorischen, parabolischen Texten mündlicher und schriftlicher Sprache vorkommt. Obwohl gerade beim alltäglichen Sprechen sichtbar wird, dass "die Grenzen zwischen dem Buchstäblichen und Nicht-Buchstäblichen fließend" (ebd.), versucht die Normalitätsbedingung das Rhetorische konsequent aus der Sprechaktanalyse auszuschließen, weil sie unter uneigentlichem Sprechen wohl vor allem Ausdrucksformen eines "eines abweichenden, poetischen Sprachgebrauch(s)" versteht. (vgl. ebd., S.63)

Bedingungen für den propositionalen Gehalt

Ganz allgemein bedeuten diese Bedingungen (propositional content conditions), dass ein Sprechakt überhaupt zum Ausdruck einer Proposition dient. Allerdings gibt es auch Sprechakte wie z. B. grüßen, schimpfen oder fluchen, durch die keine Proposition (..., dass p) ausgedrückt wird (z. B. Hallo! Grüß Gott! Verdammter Mist! Verflucht nochmal! Verflixt und zugenäht!) Beim Versprechen muss also auch der Gegenstand des Versprechens deutlich gemacht werden. (vgl. Meibauer 22001, S.90)

Für »John R. Searle (geb. 1932) ist der propositionale Gehalt stets unselbständig, weil seine sprachliche Form ("In der Äußerung T drückt S die Proposition aus, dass p." – Searle 1969/1971, S.88)  nur in einem Nebensatz dargestellt werden kann; dahinter steht die Pragmatisierung des propositionalen Gehalt durch den ▪ Referenz- und ▪ Prädikationsakt und damit seine Abhängigkeit von seiner ▪ illokutionären Verwendung (vgl. (Krämer 2001, S. 64)

Einleitungsbedingungen

Einleitungsbedingungen (preparatory conditions) beziehen sich auf zu erfüllende Sachverhalte, damit ein Sprechakt überhaupt Sinn macht. Sie werden  auch als "vorbereitende Bedingungen" aus dem Englischen übersetzt, können aber auch als "Präferenz-Bedingung" (Hindelang 42004, S. 86) bezeichnet werden.

So macht es keinen Sinn, jemanden zu einem Tun aufzufordern, das er bereits tut, oder wenn sich jemand für etwas entschuldigt, was er gar nicht getan bzw. zu verantworten hat. Und wenn ein Versprechen gegeben wird, macht das nur Sinn, wenn das, wozu sich der Sprecher damit selbst verpflichtet, auch von dem Hörer gewünscht und nicht sowieso passieren wird (Relevanzbedingung).  (Komplizierter wird dies freilich, wenn man Sprechakte wie den folgenden berücksichtigt: Hör damit auf, oder ich verspreche dir eine Tracht Prügel!) In diesem Falle wird der Hörer wünschen, dass das Versprechen, das hier im intensivierend verwendet wird, eben nicht in die Tat umgesetzt wird.

Aufrichtigkeitsbedingungen

Aufrichtigkeit als Bedingungen (sincerity conditions) zielen darauf, dass eine Äußerung nicht einfach nur dahingesagt sein darf, sondern, wenn die Äußerung als Sprechakt gelten soll, "auch die feste Absicht (im Sinne einer psychischen Einstellung)" (Meibauer 22001, S.91) zum Ausdruck bringen muss, "etwas Bestimmtes zu tun." (ebd.) Bezieht man dies auf das Versprechen, dann muss man allerdings ernstgemeinte, von nicht ernstgemeinten bzw. nicht wörtlich gemeinten Versprechen unterscheiden. (Hindelang 42004, S. 88

Grundsätzlich gesehen geht es bei den Aufrichtigkeitsbedingungen um "mentale Zustände: Die Absichten und Meinungen von Sprechern müssen mit dem dem übereinstimmen, was sie sagen." (Krämer 2001, S. 64) Diese mentalen Zustände bringen den beim Vollzug eines Sprechaktes "»zugrunde« liegenden psychischen Zustand" zum Ausdruck" (ebd.). Dabei ist es unerheblich, "ob dieser psychische Zustand nun tatsächlich vorliegt oder nicht." (ebd.)

Wesentliche Bedingung (illokutionärer Punkt)

Wesentliche Bedingungen (essential conditions) streichen die besondere Rolle des illokutionären Akts heraus.

In der Praxis bedeutet, das man z. B. nichts versprechen kann, was ganz offenkundig überhaupt nicht passieren kann oder dass man, wenn man eine Mitteilung macht, auch bereit ist, auf Nachfrage zu beweisen, was man gesagt hat, oder auch Fragen, auf die Antwort auf die Frage schon weiß, nicht stellt.

Im Grunde geht es also mit dieser Bedingung, die Searle später auch den illokutionären Punkt genannt hat (vgl. ebd.), um die Notwendigkeit, den illokutionären Zweck der Sprechhandlung klar auszudrücken. So drückt man beispielsweise beim Versprechen und anderen ▪ Kommissiven wie z. B. drohen, anbieten, garantieren, schwören usw. aus, dass man sich als Sprecher auf ein bestimmtes Verhalten festlegt bzw. damit zu einer bestimmten Handlung verpflichtet.

Bedeutungstheoretische Bedingung

Die bedeutungstheoretische Bedingung für das Gelingen eines Sprechakts zielt darauf,  dass aus der Äußerung, die ein Sprecher macht, auch auf dessen Intentionen geschlossen werden kann. Im Grunde geht es dabei um die Erkenntnis des Hörers, dass der Sender einen bestimmten illokutionären Effekt bei ihm bewirken will. Dies wird nach Searle dadurch ermöglicht, dass die "Bedeutung des Geäußerten (...) durch die Konventionen mit der Erzeugung des illokutionären Effekts verbunden (wird)". (ebd., S.65)

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 18.12.2023

 
 

 
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