In der funktional
textlinguistisch orientierten Stilistik von »Barbara Sandig (1939-2013)
ist das Emotionalisieren
"eine Sonderform des BEWERTENs" (Sandig
1986,
22006,
S.256)
Es ist wie
implizite • "Bewerten
mit rein stilistischen Mitteln" (ebd.006,
S.250), das
verständlich machen,
oder das perspektivieren
ein ▪ komplexes stilistisches
Handlungsmuster, das "sich mit den verschiedensten Texten
und Textmustern, mit Gesprächsstilen etc." (ebd.,
S.248) verbindet, die dabei ihre jeweils eigene, von anderen Mustern
verschiedene Ausprägung erhalten.
Das emotionale Ausdrucksverhalten, das dem EMOTIONALISIEREN
zugrunde liegt, zeigt dabei in einer große Zahl stilistischer
Variationsmöglichkeiten.
In der mündlichen Kommunikation greifen wir dazu gewöhnlich
simultan zur sprachlichen Mitteilung auf ▪
nonverbale Mittel wie
etwa ▪
Körperhaltungen, ▪
Blick
und Blickkontakt, ▪
Gestik und ▪
Mimik
zurück, mit denen wir die Gefühle, die hinter unserer mit unter
stärker kognitiv geprägten ▪
thematischen Einstellung zu einem bestimmten Sachverhalt
stehenden Gefühle ausdrücken. In
mündlichen Äußerungen spielen dabei auch
prosodische Merkmale
der Sprache (z. B.
Akzent,
Intonation, Rhythmus etc ) eine wichtige Rolle.
In der schriftlichen
Kommunikation können nur bestimmte Formen der ▪
typographischen Gestaltung
eines Textes wie die ▪
Schriftgestaltung
(▪
Schriftdesign (Schriftschnitt, Schrifttypen, Dickte, Schriftcharakter, Textfarbe etc.)
▪ Anmutung und Schriftcharakter)
eine ähnliche Funktion haben wie die prosodischen Merkmale bei
gesprochener Sprache. Körpersprachliche Signale, um einen
schriftlichen Text stilistisch zu EMOTIONALISIEREN, gibt es in
der schriftlichen Kommunikation naturgemäß keine.
Dafür gibt es sowohl auf ▪ Wort- und
auch auf ▪Satzebene stilistische
Elemente, mit denen man eine emotionalisierte Bewertung
vornehmen kann. Beispiele dafür sind Diminutive
(Verniedlichungen), Flüche, Wörter der Zuwendung und Kränkung),
Interjektionen
und Partikeln
auf der Wortebene, und besondere expressive Satztypen sowie
expressive Sprechakttypen, die den psychischen Zustand des
Sprechers zum Ausdruck bringen und verdeutlichen, welche
Einstellung der Sprecher bzw. die Sprecherin zu dem im
propositionalen
Gehalt dargestellten Sachverhalt einnimmt. (vgl. (Sandig
1986,
22006,
S.256 mit Bezug auf
Foolen 1997,
S.21f.)
In Anlehnung an
Fieler (1990, S.113, vgl. Sandig
1986,
22006,
S.257) kann man dabei hier in einer Auswahl textstilistisch
relevanter Momente "verschiedene Grade der Direktheit beim
verbalen Ausdrücken von Emotion" (unterscheiden). Diese Grade
sind
"a) das
Ausdrücken von Emotionen (nicht Thematisieren) durch
Interjektionen, emotionale Bewertungen, Ausrufe- und
Wunschsätze (...); b) das Thematisieren von Emotionen
mittels begrifflicher Benennungen (Gefühl, Freude
...), Emotionsbeschreibungen mittels Formeln (ich fühle
mich (wie) x ...) oder Metaphern (es kocht in mir,
ich hänge durch), Beschreibung emotionsrelevanter
Sachverhalte (ich muss ins Krankenhaus) und
schließlich Beschreibung der Umstände des Erlebens (es
verschlug mir die Sprache). Hinzu kommen Formen des
INTENSIVIERENS (total, unheimlich, überhaupt nicht
...) und des KONTRASTIERENS, adressatenbezogene
Abschwächungen (eigentlich, schon ...) und
sprecherbezogene Deixis mit so und die deiktischen
Artikelformen der und dieser, jeweils mit
emotionsrelevantem nominalen Ausdruck.
Letzten Endes
kann eine Vielzahl sprachlicher Teilhandlungen dem
teststilistischen Handlungsmuster des EMOTIONALISIERENS
zugeordnet werden, wobei der Charakter des EMOTIONALISIEREN als
Bewertungshandelns stets auch von der Komunikationssituation
abhängt und welche Vorstellungen der Textproduzent von seinem
Kommunikationspartner hat sowie der Bereitschaft und Fähigkeit
des Textrezipienten einen emotionalisierten Unterton auch
jenseits offener Polemik wahrzunhemen.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
09.01.2024