▪
Kommunikationsbezogener Ansatz
von Klaus Brinker (1985/1997)
▪
Überblick
▪
Arbeitsschritte
zur Textsortenklassifikation
▪
Modell
der integrativen Textanalyse
▪
Überblick
▪
Arbeitsschritte
▪ Analyse
des Kontexts
▪
Analyse
der Textfunktion
▪
Analyse
der grammatischen und thematischen Textstruktur »
Die
Appellfunktion – in
»John R. Searles (geb. 1932)
▪ Sprechakttypologie die
Klasse der
▪
Direktiva – stellt eine der fünf verschiedenen ▪
textuellen Grundtypen dar, die »Klaus
Brinker (1938-2006)
(92018, S.97-132) in seiner Klassifikation der ▪
Textfunktionen unterscheidet.
Mit dem Begriff
der Textfunktion bezeichnet er dabei die in einem Text mit
unterschiedlichen Textfunktionen dominierende, "mit bestimmten, ▪
konventionell geltenden, d. h. in der Kommunikationsgemeinschaft
verbindlich festgelegten Mitteln ausgedrückte
Kommunikationsabsicht des
Emittenden.
Es handelt sich also um die Absicht des Emittenden, die der
Rezipient erkennen soll, sozusagen um die Anweisung
(Instruktion) des Emittenden an den Rezipienten, als was dieser
den Text insgesamt auffassen soll, z. B. als informativen oder
als appellativen Text." ( Brinker
92018, S.97)
Als explizite
Paraphrase lässt sich die Appellfunktion von Texten wie
folgt ausdrücken (vgl.
ebd.S.106)

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Wenn die Appellfunktion in einem Text dominiert, will der
Emittent/Textproduzent, den Rezipienten entweder in seiner
Meinung über einen Sachverhalt beeinflussen (Meinungsbeeinflussung)
oder ihn bewegen, eine bestimmte Handlung vorzunehmen (Verhaltensbeeinflussung).
(vgl.
ebd.S.109)
Die Steuerungsfunktion, die solche Texte ausüben, ist dabei mit
Sprechhandlungskomplexen verbunden, "mit deren Hilfe die
unmittelbare Einflussnahme des Textproduzenten auf den
Adressaten gewährleistet (oder zumindest intendiert) wird, die
folglich den Rezipienten zum Vollzug von Handlungen veranlassen
(=
handlungssteuernde Texte i. e. S.)" (Heinemann/Viehweger
1991, S.152, Hervorh. d.
-
Die
Verhaltensbeeinflussung kann dabei mit
anweisenden Texten erfolgen, "deren Produzenten über
eine besondere Handlungs- und Entscheidungskompetenzen
verfügen, so dass dem Auffordern verbindlicher Charakter
zukommt." (ebd.)
In einem solchen Fall ist die Appellfunktion des Textes mit
einer normativen Einstellung des Textproduzenten verknüpft.
(vgl. Brinker
92018, S.112).
Anweisende Texte dieser Art sind z. B. Handlungsweisen jeder
Art, Arbeitsanweisungen, Anweisungen zur Abfassung
bestimmter Texte u. ä. Die Besonderheit des mit ihnen
ausgedrückten Appells besteht darin, dass der Rezipient
damit "stets verpflichtet oder gezwungen (ist), der
geforderten Aufforderungshandlung nachzukommen".(Heinemann/Viehweger
1991, S.152)
-
Die
Verhaltensweisungen können aber auch anweisende Texte geben,
die den Adressat nicht so binden und festlegen. Sie lassen
ihm die Wahl zu entscheiden, ob der Appellfunktion des
Textes nachkommen will oder nicht. Zu solchen Texten zählen
z. B. Anleitungen (Unterweisungen, Instruktionen),
Appelle, Ratschläge, Vorschläge, Gesuche. (vgl.
ebd.)
In bestimmten
Textsorten ist demnach die ▪ appellative Grundfunktion dominierend.
Im Allgemeinen zählen dazu Werbeanzeigen, Propagandatexte, Kommentare,
Arbeitsanleitungen, Gebrauchsanweisungen, Rezepte,
Gesetzestexte, Gesuche, Anträge, Bittschriften, Predigten usw.
(vgl. Brinker
92018, S.110)
Wenn dem
Emittenten/Textproduzenten aus verschiedenen Gründen wichtig
ist, die Appellfunktion seines Textes ausdrücklich zu
signalisieren, kann er dafür ▪
explizit-performative Formeln
verwenden, die mit Verben wie auffordern, anordnen, befehlen,
bitten, raten, empfehlen, fragen, verlangen, beauftragen
usw. gebildet werden.
-
Kaufen Sie
das Produkt X!
-
Mein Rat
ist: ...
-
Ich frage
Sie also klipp und klar ...
-
In einem
solchen Fall ist zu empfehlen, dass...
Explizite
Appelle dieser Art kommen hingegen in Texten vergleichweise
selten vor. Stattdessen wird die Appellfunktion oft mit
grammatischen Indikatoren
signalisiert ((vgl.
ebd., S.110ff,).
Am häufigsten
sind dies
Imperativsätze
Imperativsätze
(auch: Aufforderungs-, Befehlsätze) drücken einen Befehl, eine
Aufforderung, eine Bitte o. ä. aus. Sie sind grammatisch daran
erkennbar, dass das
finite Verb
steht an erster Stelle steht (Verb-erst-Stellung),
ein Subjekt des Satzes nicht auftritt und, in gesprochener Form, eine steigend-fallende
Intonation aufweist.
In der ▪
Sprechaktklassifikation von
»John R. Searle (geb. 1932)
gehören die Aufforderungsakte i. e. S. zu den ▪
Direktiva, mit denen der/die Sprecherin* mit
unterschiedlicher Stärke und Intensität zu erkennen gibt, was
er/sie will, dass der/die andere tun soll.
(vgl.
Hindelang
42004, S. 49f.)
Mit einem ▪
Befehlsatz will
ein Sprecher/Emittent/Textproduzent, in der ▪
Sprechtakttypologie von
Engel
(vgl.
Engel
22009, S.42)
gesprochen, ▪
seinen Partner zu einem
bestimmten Verhalten veranlassen. Dabei gibt es noch eine ▪
ganze Reihe anderer Möglichkeiten, mit denen man in
unterschiedlicher Art und Weise die Dringlichkeit der
Aufforderung und ihre ▪ "Bindewirkung"
des Partners signalisieren und/oder unterschiedliche Grade von
Höflichkeit im Vollzug des Sprechaktes verdeutlichen kann.
Sie
alle realisieren einen Appell und können, je nach Kontext
und Textsorte, Indikatoren einer Dominanz der Appellfunktion in
einem Text sein. Dementsprechend kommen die Imperativsätze, aber
auch die anderen Möglichkeiten, besonders häufig in ▪
Werbeanzeigen
bzw. der ▪
Werbung
in allen medialen Formaten vor, die eine eindeutige Dominanz
der ▪ textuellen Grundfunktion Appell
aufweisen. Die nachfolgende ▪
Headline kombiniert einen Imperativsatz mit einem
▪
Aussagesatz
(Konstativsatz), um
einen besonders wirksamen Kaufappell zu
formulieren.
Infinitivkonstruktionen
Infinitivkonstruktionen (▪
Infinite Verbalphrasen) sind in Texten mit einer
dominierenden appellativen Grundfunktion eines der sprachlichen
Mittel und stilistischen Mittel, die auf diese Grundfunktion
verweisen. Weil solche Infinitivkonstruktionen besonders kurz,
einfach und eingängig wirken (kein Subjekt, keine genauere
finite Verbfom mit Tempus- und Modusmarkierung), findet man sie
besonders häufig in Gebrauchsanweisungen, Bedienungsanleitungen,
Kochrezepten oder anderen Schritt-für-Schritt-Anleitungen usw.
In der
mündlichen Kommunikation wirken solche Infinitivphrasen meistens sehr eindringlich und brüsk, in jedem Fall
aber unpersönlich (z. B. Alle mal herkommen.) Bei
Hinweisschildern sind solche Infinitivkonstruktionen allerdings
weit verbreitet (z. B. Betreten verboten).
Die
Appellfunktion für die Textsorten Gebrauchsanweisung,
Bedienungsanleitungen und Kochrezept ist als Besonderheit als
Instruktion gestaltet. Das
bedeutet, dass der Textproduzent mit seinem Text den
Textrezipienten nicht zu einer unmittelbaren Handlung
veranlassen, sondern ihn darüber informieren will, was zu tun
ist bzw. "ihn über bestimmte Handlungsschritte und
-möglichkeiten informieren" ( Brinker
92018, S.111)
Interrogativsätze
Mit einem
Interrogativsatz (Fragesatz) wird der Textrezipient vom
Textproduzenten/Emittenden aufgefordert, sprachlich eine
Information mitzuteilen.
Texte, die die Appellfunktion mit Fragesätzen signalisieren sind
Fragebögen aller Art, Zeitungsinterviews oder auch Lehrbücher,
die mit einem Frage-Antwort-Schema arbeiten.
Neben dem grammatisch vollständigen Interrogativsatz können aber
auch andere Fragehandlungen Appellfunktion haben.
Satzmuster
mit sollen oder müssen + Infinitiv, haben +
zu + Infinitiv, sein + zu + Infinitiv u. a.
Wenn der
Emittent/Textproduzent den Textrezipient verpflichten will, den
thematisierten Sachverhalt zu realisieren oder eine bestimmte
Handlung vorzunehmen, kann der verschiedene Satzmuster
mit sollen oder müssen + Infinitiv, haben +
zu + Infinitiv oder sein + zu + Infinitiv u. a.
nutzen.
In solchen
Fällen ist die Appellfunktion des Textes mit einer normativen
Einstellung des Textproduzenten verknüpft, mit der er den
Textrezipienten verpflichten will, seinem Appell zur
Verhaltensbeeinflussung zu folgen. (vgl. Brinker
92018, S.112).
-
Die
Kaution ist im Voraus zu bezahlen.
-
(aus dem
Schulgesetz des Landes Baden-Württemberg):
"(4) Die Schulkonferenz ist anzuhören:
1. Zu Beschlüssen der Gesamtlehrerkonferenz
a) zu allgemeinen Fragen der Erziehung und des Unterrichts
an der Schule,
b) über die Verwendung der der Schule zur Verfügung
gestellten Haushaltsmittel im Rahmen ihrer Zweckbestimmung,
[...]"
Thematische Einstellungen im Zusammenhang mit der Appellfunktion
von Texten
Nach Brinker
(92018, S.112f.) sind im Zusammenhang mit der
Appellfunktion von Texten zwei verschiedene Arten thematischer
Einstellungen kennzeichnend.
-
Zu den
Einstellungen, die im Allgemeinen die Appellfunktion
signalisieren, zählt für ihn die schon erwähnte
normative Einstellung des Textproduzenten, der den
Textrezipienten verpflichten will, seinem Appell Handlungen
folgen zu lassen. Außerdem zählt er auch Interessen
(Bedürfnisse, Wünsche, Vorlieben) dazu, die der
Textproduzent z. B. mit ▪
explizit-performativen Formeln
u. ä. wie z. B. den folgenden ausdrücken kann:
-
Ich
wünsche mir, dass ...
-
Wünschenswert wäre, wenn ...
-
Ich
hätte gerne, wenn ...
-
Einstellungen, die häufig, aber eben nicht immer auf die
Appellfunktion bezogen sind, hängen mit der
evaluativen Einstellung des Textproduzenten
zusammen, also ob er etwas gut oder schlecht findet.
Schließlich will er ja mit seinem Appell beim
Textrezipienten durchdringen und "dass der Rezipient seine
Sichtweise, seine (positive oder negative) Bewertung des
Sachverhalts übernimmt (und sich entsprechend) verhält." ( ebd.).
Grundsätzlich ist allerdings bei der Analyse der evaluativen
Einstellung des Textproduzenten zu beachten, dass man dabei
nicht einzelne Ausdrücke aus dem Textzusammenhang
herauspickt und einer isolierenden Betrachtung unterwirft.
Sie müssen vielmehr im Funktionszusammenhang betrachtet
werden und zwar so, dass "die zugrunde liegende Form der
Themenentfaltung (die thematische Grundstruktur) und die Art
der Realisierung (die realisierte Struktur)" ( ebd.,
S.114). herausgearbeitet und die jeweils verwendeten
sprachlichen und rhetorischen Mittel darauf zu beziehen.

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Kommunikationsbezogener Ansatz
von Klaus Brinker (1985/1997)
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Modell
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023
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