"... und einmal, als Mahlke schon schwimmen konnte, lagen wir neben dem
Schlagballfeld im Gras. Ich hätte zum Zahnarzt gehen sollen, aber sie
ließen mich nicht, weil ich als Tickspieler schwer zu ersetzen war. Mein
Zahn lärmte. Eine Katze strich diagonal durch die Wiese und wurde nicht
beworfen. Einige kauten oder zupften Halme. Die Katze gehörte dem
Platzverwalter und war schwarz. Hotten Sonntag rieb sein Schlagholz mit
einem Wollstrumpf. Mein Zahn trat auf der Stelle. Das Turnier dauerte
schon zwei Stunden. Wir hatten hoch verloren und warteten nun auf das
Gegenspiel. Jung war die Katze, aber kein Kätzchen. Im Stadion wurden oft
und wechselseitig Handballtore geworfen. Mein Zahn wiederholte ein
einziges Wort. Auf der Aschenbahn übten Hundertmeterläufer das Starten
oder waren
nervös. Die Katze machte Umwege. Über den Himmel kroch
langsam und laut ein dreimotoriges Flugzeug, konnte aber meinen Zahn nicht
übertönen. Die schwarze Katze des Platzverwalters zeigte hinter
Grashalmen ein weißes Lätzchen. Mahlke schlief. Das Krematorium zwischen
den Vereinigten Friedhöfen und der Technischen Hochschule arbeitete bei
Ostwind. Studienrat Mallenbrandt pfiff: Wechsel Fangball Übergetreten.
Die Katze übte. Mahlke schlief oder sah so aus. Neben ihm hatte ich
Zahnschmerzen. Die Katze kam übend näher. Mahlkes Adamsapfel fiel auf,
weil er groß war, immer in Bewegung und einen Schatten warf. Des
Platzverwalters schwarze Katze spannte sich zwischen mir und Mahlke zum
Sprung. Wir bildeten ein Dreieck. Mein Zahn schwieg, trat nicht mehr auf
der Stelle: denn Mahlkes Adamsapfel wurde der Katze zur Maus. So jung war
die Katze, so beweglich Mahlkes Artikel - jedenfalls sprang sie Mahlke an
die Gurgel; oder einer von uns griff die Katze und setzte sie Mahlke an
den Hals; oder ich, mit wie ohne Zahnschmerz, packte die Katze, zeigte ihr
Mahlkes Maus: und Joachim Mahlke schrie, trug aber nur unbedeutende
Kratzer davon. "
(aus: Günter Grass, Katz und
Maus. Eine Novelle, Reinbek b. Hamburg: Rowohlt 1963, S.5
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