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Literarische
Gattungen
▪ Textmusterwissen
▪
Textprozeduren
Der ▪
kommunikationsbezogene Ansatz
Klaus Brinkers (1985/1997)
legt seiner ▪
Textsortenklassifikation die ▪
Textfunktion als "Basiskriterium" zugrunde, zumal dies auch das ▪
alltagssprachliche Verständnis
von ▪ Textsorten
prägt. (vgl.
Brinker (1997, S.136)
Klaus
Brinkers Modell zur Differenzierung von Textsorten (vgl. ▪
Arbeitsschritte) dient dazu, eine Texttypologie auf der Basis von
Kriterien zu entwickeln, die zwar nicht völlig mit der
alltagssprachlichen Klassifikation von Textsorten übereinstimmt, aber
weitgehend mit dieser kompatibel sein soll. Im Hinblick auf die
Rangordnung (Hierarchie) der verwendeten Kriterien gelten dabei für ihn
die folgenden Grundsätze:
1. Textfunktion und Textsortenklasse
Die Textfunktion wird weiter differenziert und dies führt zu fünf
verschiedenen
Textklassen:
-
Informationstexte (z. B.
Nachricht,
Bericht,
Protokoll, Sachbuch, Horoskop,
Rezension)
-
Appelltexte ( z. B.
Werbeanzeige,
Kommentar, Gesetz, Antrag, Stellenanzeige)
-
Obligationstexte (z. B. Vertrag, Garantieschein, Gelöbnis)
-
Kontakttexte (z. B. Danksagung, Kondolenzschreiben,
Ansichtskarte)
-
Deklarationstexte (z. B. Testament, Ernennungsurkunde)
2. Kriterien zur Abgrenzung von Textsorten innerhalb bestimmter
Textklassen
Kontextuelle (situative)
und strukturelle, insbesondere thematische Merkmale bilden zwei
untergeordnete Kriteriengruppen, mit deren Hilfe sich Textsorten voneinander
differenzieren lassen. (vgl.
Brinker 1997, S.137)
Die beiden
Kriteriengruppen und die diesen untergeordneten Kriterien dienen, wie
Klaus Brinker betont dabei primär zur Abgrenzung und weniger zur
Beschreibung von Textsorten. Zur Beschreibung von Textsorten müssten
nämlich noch Aspekte der sprachlichen Gestaltung (z. B. Syntax, Lexik
usw.) herangezogen werden. (vgl.
Brinker 1997, S.144) (vgl.
Arbeitsschritte)
Die grundlegenden
Kriteriengruppen
zur Abgrenzung von Textsorten sind nach Brinker:
2.1 Kontextuelle Kriterien
Die kontextuellen Kriterien
zur Textsortenbestimmung zielen auf die Einbettung von Texten in bestimmte
Kommunikationssituationen und untersuchen deren Auswirkungen auf die
Textstruktur. Dabei spielen die beiden Analysekategorien
Kommunikationsform und
Handlungsbereich
die entscheidende Rolle.
Dabei wird davon
ausgegangen, dass die Kommunikationssituation entscheidend bestimmt wird
durch das Medium, welches zur Textübermittlung verwendet wird. Es bestimmt
nicht nur den kommunikativen Kontakt zwischen den Kommunikationspartnern,
sondern konstituiert auch verschiedene Kommunikationsformen, die im
Gegensatz zu Textsorten "allein durch situative bzw. mediale Merkmale
definiert, in kommunikativ-funktionaler Hinsicht also nicht festgelegt
sind." (Brinker
1997, S.139)
Es lassen sich nach Brinker
(1985/1997) folgende
Kommunikationsformen unterscheiden:
-
Direkte Gespräche (Face-toface-Kommunikation)
(dialogisch, akustisch und optisch; in räumlicher und zeitlicher
Hinsicht unmittelbar; gesprochen)
-
Telefongespräche
(dialogisch, akustisch; in zeitlicher Hinsicht unmittelbar; räumlich
getrennt; gesprochen)
-
Rundfunksendungen
(monologisch; akustisch; in zeitlicher Hinsicht dann unmittelbar, wenn
es sich um Live-Sendungen handelt oder zeitlich getrennt, wenn es eine
Tonaufzeichnung ist; räumlich getrennt; gesprochen)
-
Fernsehsendungen
(monologisch; akustisch und optisch; in zeitlicher Hinsicht unmittelbar
oder getrennt (live oder aufgezeichnet); räumlich getrennt; gesprochen)
-
Briefe
(monologisch; in zeitlicher und räumlicher Hinsicht getrennt;
geschrieben)
-
Zeitungsartikel/Bücher
(monologisch; in zeitlicher und räumlicher Hinsicht getrennt;
geschrieben)
Den gesellschaftlichen Handlungsbereich analysieren
Die Analyse des
gesellschaftlichen
Handlungsbereichs zielt auf die Erfassung und Beschreibung der
jeweils bestimmten gesellschaftlichen Bereiche (z. B. Alltagswelt, Welt
der Wissenschaft, des Rechts, der Politik, der Religion etc.), die den
Rahmen für Textsorten bilden und die von jeweils eigenen Handlungs- und
Bewertungsnormen geprägt sind.
Der gesellschaftliche
Handlungsbereich wird dabei nicht inhaltlich analysiert, sondern es geht
um die jeweilige Art des Rollenverhältnisses zwischen den
Kommunikationspartnern und die Unterscheidung von privatem, offiziellem
und öffentlichem gesellschaftlichen Handlungsbereich.
Handlungsbereich |
Merkmale |
privat |
-
Textproduzent/Emittent und Textrezipient als Privatpersonen in ihren
privaten Rollen (z. B. Vater, Sohn, Tochter, ...)
|
offiziell |
-
Textproduzent/Emittent und Textrezipient in offizieller Rolle (z. B.
Berufsrolle als Lehrer, Anwalt, Geschäftspartner, Finanzbeamter ...)
-
Verbindlichere Regeln
des Geltens und Verhaltens als im privaten Bereich
|
öffentlich |
-
Gegensatz zum
privaten Bereich
-
kann sich mit dem
offiziellen Bereich überschneiden (z. B. bei Gesetzen,
Gerichtsurteilen etc.)
-
hauptsächlich Medien
der Massenkommunikation (Fernsehen, Rundfunk, Presse)
|
(vgl.
Brinker 1997, S.140)
2.2 Strukturelle Kriterien
Die strukturellen Kriterien zur Textsortenbestimmung zielen auf die
Analyse der thematischen Kategorien
Textthema und
Form der
Themenentfaltung.
-
Die
Art des Textthemas wird dabei mit den Kategorien temporale
Orientierung und lokale Orientierung beschrieben.
-
Bei der
temporalen Orientierung
geht es um die zeitliche Fixierung des Themas relativ zum
Sprechzeitpunkt bzw. zum Zeitpunkt der Textproduktion. Dieser Zeitpunkt
kann vorzeitig, gleichzeitig oder nachzeitig sein. Auf diese Weise
lassen sich bestimmte Textsorten bestimmen. So gehören
Nachricht (vorzeitig),
Protokoll (gleichzeitig) und Horoskop (nachzeitig) zu der
Textklasse der
Informationstexte und können durch das Kriterium der temporalen
Orientierung voneinander abgegrenzt werden.
-
Bei der
lokalen Orientierung des Textthemas wird das Verhältnis
zwischen dem Textproduzenten/Emittenden, dem Textrezipienten und dem
Thema berücksichtigt und zur Textsortenbestimmung verwendet. So gehören
Werbeanzeige,
Kommentar und Stellenanzeige zu der
Textklasse der
Appelltexte
und können mit Hilfe dieses Kriteriums bestimmt werden. So steht bei der
Werbeanzeige, die dem Textrezipienten Produkt oder eine
Dienstleistung offerieren, die Relation Thema-Textpoduzent im
Vordergrund. Beim Zeitungskommentar, der sich im Allgemeinen auf
aktuelle politisch-gesellschaftliche Themen bezieht, ist es die Relation
Thema-Außenwelt ("außerhalb der Kommunikationspartner"), bei der
Stellenanzeige, die sich an Personen richtet, die zugleich für eine
bestimmte Beschäftigung gesucht werden, ist es die Relation
Thema-Textrezipient)
-
Bei der
Entfaltung des Themas
lassen sich vier verschiedene
Formen der Themenentfaltung unterscheiden, die weitgehend
den
Textfunktionen entsprechen:
(vgl.
Brinker 1997, S.141ff.)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
13.11.2022
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