Im Internet kursieren mittlerweile etliche Inhaltsangaben zu ▪
Wolfgang
Borcherts
Kurzgeschichte
»Nachts
schlafen die Ratten doch«.
Sie im Einzelnen zu beurteilen, kann und soll an dieser Stelle
nicht geleistet werden. Vielfach erscheinen sie aber einfach zu
kurz, d. h. sie werden dem Verlauf der Handlung in der Geschichte -
und das ist in diesem Fall - eben der Gesprächsverlauf in seinen
unterschiedlichen Phasen - nicht gerecht. Denn im Kern geht es in
der Geschichte darum, wie sich der Junge nach und nach dazu bewegen
lässt, seine Totenwache zu beenden.
Diesem Ansatz folgt die nachfolgende
▪
Inhaltsangabe,
die dementsprechend auch ausführlicher ausfällt als andere
Textwiedergaben.
In der Kurzgeschichte "Nachts schlafen die Ratten doch" von
Wolfgang Borchert, erschienen 1949 in "Das Gesamtwerk, Hamburg:
Rowohlt 1949, S.216-219) geht es um die Begegnung eines vom Krieg
traumatisierten Jungen mit einem älteren Mann, dessen einfühlsame
Kommunikation dem Jungen hilft, den Verlust seines kleineren Bruders
erträglicher zu machen. In den Ruinen eines von einem Bombenangriff
zerstörten Hauses sitzt der siebenjährige Jürgen am frühen Abend und
hält mit einem großen Stock bewehrt eine Art Totenwache für seinen
seit Tagen irgendwo unter den Trümmern verschütteten und vermutlich
umgekommenen vierjährigen Bruder. Ohne hochzusehen, bemerkt er einen
älteren Mann mit einem Messer und einem Korb in der Hand, der wissen
will, ob er hier schlafe. Jürgen verneint das und erklärt dem Mann,
dass er auf etwas aufpassen müsse. Als der Mann ihn nach dem Grund
dafür fragt, gibt Jürgen an, er könne nicht darüber sprechen. Die
Vermutung des Mannes, er passe wohl auf Geld auf, weist Jürgen verächtlich
zurück und will weiterhin nicht preisgeben, warum er das tue. Mit dem Hinweis, unter diesen Umständen werde
er Jürgen auch nicht sagen, was er in seinem Korb habe, weckt der
Mann das
Interesse Jürgens. Dieser vermutet, dass es sich um
Kaninchenfutter handelt. Er beteiligt sich an einem kleinen
Rechenbeispiel und erfährt dadurch, dass der Mann etliche
Kaninchen besitzt. Das Angebot des Mannes, sich die
Kaninchen anzusehen, schlägt er dennoch aus, weil er an Ort und Stelle bleiben
müsse und dies auch nachts. Seit Sonnabend sei er so Tag und Nacht
in den Trümmern und nie nach Hause gegangen. Als der ältere Mann sieht, dass Jürgen Tabak
hat, kommt er kurz auf Jürgens Rauchen zu sprechen, will aber
zu dem Thema nur wissen, ob Jürgen auch eine Pfeife zum Rauchen
habe. Jürgen geht nur zaghaft darauf ein, sagt aber dann doch, dass
er seine Zigaretten selbst drehe. Der Mann bedauert, dass
Jürgen seine Kaninchen nicht ansehen wolle und er sich so auch
keines aussuchen könne. Jürgen ist
darüber traurig und, als sich der Mann anschickt zu gehen, gibt er
unter Bedingung, von dem Mann nicht verraten zu werden, preis, dass
er wegen der Ratten seinen Platz nicht verlassen könne. Diese würden, wie
sein Lehrer behaupte, von toten Menschen essen. Zugleich gibt er zu
verstehen, dass sein vierjähriger Bruder bei einem Bombenangriff im Keller des
zusammengestürzten Hauses verschüttet und getötet worden ist, ohne
dass sein Leichnam bisher geborgen worden ist. Der Mann erklärt ihm, dass Ratten nachts schlafen und Jürgen nachts getrost
nach Hause gehen könne. Er wolle nur kurz
zur Fütterung seiner Kaninchen nach Hause gehen. Danach wolle er Jürgen
vor Einbruch der Dunkelheit abholen und vielleicht sogar ein junges
Kaninchen mitbringen. Zudem will er versuchen, ein weißes Kaninchen,
so wie es Jürgen zuvor noch etwas zögerlich gewünscht hat,
mitzubringen. Bevor er weggeht, fordert er
Jürgen auf, an Ort und Stelle zu warten, bis er zurückkomme. Er
wolle ihn
dann nach Hause bringen, um seinem Vater zu sagen, wie ein
Kaninchenstall gebaut werde. Jürgen verspricht dies und ruft dem
Mann noch hinterher, sie hätten zu Hause sogar Bretter dafür.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
04.06.2020