Nach
Frizen (31998, S.25) lassen sich die segmentierten
Szenen, er spricht gar von "Fetzenszenen" in drei Szenenkomplexe
gliedern.
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Der erste Szenenkomplex
besteht demzufolge in den Begegnungen ▪
Alfred Ills mit seinen Kundinnen und Kunden "und in diesem Spiegel sowohl die
wachsende Amoralität des Städtchens als auch Ills Selbstanalyse." (ebd.)
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Im zweiten Szenenkomplex gehe es um die Konsequenzen, die Ill aus seinen
Erkenntnissen ziehe und die "Serie von Umstimmungsversuchen und
Hilfsgesuchen bei den staatlichen und kirchlichen Ordnungsmächten sowie
bei der Ordnungsinstanz schlechthin, bei ▪
Claire Zachanassian." (ebd..)
Diese beiden Szenenkomplexe entwickeln sich zusammen mit der parallelen
Balkonhandlung, werden aber als Handlungsstränge am Ende
zusammengeführt.
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Im
dritten Szenenkomplex schließlich werde schließlich
dargestellt, wie sich Ills Hoffnungen ins Nichts auflösen und sein
Fluchtversuch scheitert.
Während die Milliardärin einfach tut, was sie am Ende des
▪ ersten Aktes nach der spontanen ▪
Zurückweisung ihres Angebots durch den
Güllener Bürgermeister (S.50) ankündigt, nämlich ▪
einfach zu warten, rücken
die Güllener, ohne ein Bewusstsein für ihre Verstrickung in ein Mordkomplott
an Alfred Ill zu haben, von ihrer ablehnenden Haltung ab, indem sie auf den
von Claire Z. verheißenen Geldsegen spekulieren.
Grundlegendes Strukturmerkmal der Handlungsführung im zweiten Akt ist die
Gestaltung in zwei parallel verlaufenden Handlungssträngen, die funktional
nicht gleichwertig sind, sondern in einer hierarchischen Abstufung
zueinander stehen. (vgl.
Pfister 1977,
S.286)
Man kann daher, auch wenn dies keinen kategorialen, sondern eher
einen graduellen Unterschied ausmacht (vgl.
ebd.), von
einer Haupt- und Nebenhandlung sprechen, von einem
plot und einem
subplot.
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Die wesentlichen Impulse für das dramatische Geschehen gehen
eben nicht von dem aus, was sich auf dem Balkon des Goldenen Apostel
abspielt, wo Claire Zachanassian offenbar ohne geringsten Zweifel am Erfolg
ihres Vorhabens harrt, sondern resultieren in der Haupthandlung aus
verschiedenen Kommunikationsereignissen Ills mit den Güllener Bürgerinnen
und Bürgern.
Die "Szenenbruchstücke" (Frizen
31998, S.26) der so genannten
Balkonhandlung fungieren wie "filmische inserts" (ebd.)
und entwickeln dabei verschiedene Korrespondenz- und Kontrastbezüge zur
Haupthandlung (vgl.
Pfister 1977,
S.287), die vor allem eines leisten: Sie "tragen den Lebensstil der großen
Welt in die Öffentlichkeit und nehmen durch ihren negativen Vorbildcharakter
die Lebensweise vorweg, die die Güllener kleine Welt Schritt für Schritt
einzuholen im Begriff ist." (Frizen
31998, ebd.)
Ausgehend von den
Fragen, die das Ende des ▪ 1. Aktes beim Zuschauer hinterlässt,
kann man die zum Teil parallelen und synchron verlaufenden
Handlungsstränge im ▪ 2. Akt darstellen (s. o)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.01.2024