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Lyrische Texte interpretieren (Schulische Schreibform)
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Johann Wolfgang von Goethes
(1749-1832)
Gedicht • »Ganymed« ist zwischen 1774
entstanden und wurde erstmals 1789 veröffentlicht. Es ist ein
typisches Werk, das der •
Literaturepoche
des •
Sturm-und-Drang (1760-1785) zugeordnet werden kann.
»Ganymed« schildert
die innige Verbindung zwischen Mensch und Natur sowie den Übergang
vom Diesseitigen zum Göttlichen. Als ein exemplarisches Werk
des Sturm und Drang bringt es die Themen Natur, Gefühl und
Transzendenz in poetischer Sprache zum Ausdruck. Das lyrische Ich,
das sich mit Ganymed identifiziert, fühlt sich eins mit der Natur
und erlebt ein ekstatisches Glücksgefühl, in dem es seine Sehnsucht nach einer umfassenden Einheit mit der Natur und dem
Göttlichen in großer emotionaler Intensität ausdrückt. Es ist
"das sich selbst ermächtigende Individuum, das sich seine eigenen
Gesetze gibt, stärker als der Herr des Himmels." (Karthaus
(22007, S. 166) Zugleich bleibt
es auch ein zeitloser Ausdruck
menschlicher Sehnsucht nach Verbindung mit etwas Höherem.
Grundsätzlich gibt es
verschiedene
Lesarten und Interpretationen des Gedichts, die auch im •
Literaturunterricht
im Rahmen eine Rolle spielen können, wo sie auch als
unterschiedliche, aber auch miteinander verbundene
• kognitiv-analytische Zugänge
(wie z. B.
▪
Gattungswissen ▪
Textanalysewissen
▪
Literaturgeschichtliches Wissen
• Autorenwissen •
Intertextuelles Wissen)
zu dem
Text fungieren können.

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Eine kurze Übersicht gängiger
Interpretationsansätze, die im Rahmen einer •
kontextualisisierten Interpretation zu Goethes Hymne
"Prometheus" eine Rolle spielen können, ist nachfolgend aufgelistet.
-
Biografische Bedeutung:
Das Gedicht scheint stark von persönlichen Emotionen und
Erfahrungen geprägt zu sein. Goethe schrieb das Gedicht im Alter
von 23 Jahren, mitten in seiner Sturm-und-Drang-Phase. Diese war
geprägt von jugendlichem Überschwang, leidenschaftlicher
Naturverbundenheit und dem Aufbegehren gegen gesellschaftliche
Normen. »Ganymed« spiegelt
diese Stimmung wider: Das lyrische Ich strotzt vor Lebensfreude,
sucht die Verschmelzung mit der Natur und sehnt sich nach einer
grenzenlosen Freiheit. In dieser Zeit erlebte Goethe
intensive Liebesbeziehungen, insbesondere zu »Charlotte
Buff (1753-1828) (die Inspiration für »Die
Leidens des jungen Werthers) und »Lili
Schönemann (1758-1817). Die leidenschaftliche Sprache und
die erotischen Motive des Gedichts lassen sich als Ausdruck
dieser Liebeserlebnisse deuten. Die Sehnsucht nach dem »alliebende(n)
Vater« könnte auf die Suche nach einer idealen,
allumfassenden Liebe verweisen.
Auch Goethes eigenes künstlerisches Selbstverständnis zeigt
deutliche Bezüge zu dem Gedicht. Goethe verstand sich als Genie,
das die Grenzen des Konventionellen sprengen wollte. »Ganymed«
kann als Ausdruck dieses Selbstverständnisses gedeutet werden:
Das lyrische Ich strebt nach dem Unendlichen, nach einem Zustand
absoluter Freiheit und
künstlerischer Inspiration.
Schließlich liefert auch Goethes »pantheistische
Weltanschauung einen biografischen Kontext, der zur Deutung mit
dem biografischen Ansatz herangezogen werden kann. Goethe war
nämlich in seiner Jugend stark von
pantheistischen Ideen beeinflusst. Er sah die Natur als
beseelt und das Göttliche als in ihr gegenwärtig. Diese
Weltanschauung findet in »Ganymed«
ihren Ausdruck: Die Natur wird personifiziert und als »Geliebter«
angesprochen, die Vereinigung mit dem Göttlichen wird als
Verschmelzung mit der Natur erfahren.
-
Pantheismus:
• »Ganymed« lässt sich als
pantheistisches Gedicht interpretieren, in dem Gott in der Natur
präsent ist. Das lyrische Ich empfindet die Natur als Ausdruck
des Göttlichen, es ist kein persönlicher bzw. personifizierter
Gott vorhanden. Die Sehnsucht nach Vereinigung mit dem
Göttlichen ist gleichzeitig eine Sehnsucht nach Einssein mit der
Natur. Die Sehnsucht nach dem Göttlichen ist untrennbar mit der
Naturerfahrung verbunden. Die überschwängliche
Naturbeschreibung, die Verschmelzung des lyrischen Ichs mit der
Natur (»Wie
im Morgenglanze du rings mich anglühst, Frühling, Geliebter!«)
und die Anrufung des »alliebende(n)
Vater(s)« sprechen für eine pantheistische Interpretation.
-
Sturm-und-Drang-Ideal:
Das Gedicht verkörpert die Ideale der •
Literaturepoche
des •
Sturm-und-Drang (1760-1785): die
Betonung von Gefühl, Naturverbundenheit und Freiheit des
Individuums.
-
Erotik und Transzendenz:
Die Beziehung zwischen dem Ich und der Natur ist sowohl sinnlich
als auch spirituell. Das Gedicht beschreibt eine
leidenschaftliche Liebesbeziehung und den Wunsch nach
Verschmelzung mit der/dem Geliebten. die sich auch in der
Sprache niederschlägt (»brennende(r)
Durst meines Busens«, »an
deinen Busen / Lieg' ich, schmachte«. Die Sehnsucht nach dem
»alliebende(n)
Vater« kann dabei als Ausdruck eines erotischen
Vereinigungswunsches gedeutet werden. Ingesamt gesehen geht, die
dargestellte Erotik aber in die Transzendenz über.
-
Konflikt
zwischen Individuum und Gesellschaft: Das Gedicht kann
auch als Ausdruck eines Konflikts zwischen Individuum und
Gesellschaft gelesen werden. Das lyrische Ich lehnt die Zwänge
der Gesellschaft ab und sucht die Freiheit in der Natur und in
der Vereinigung mit dem Göttlichen. Die ekstatische Stimmung und
de können als Ausdruck eines individuellen Freiheitsdrangs
interpretiert werden. Das lyrische Ich entflieht den
Beschränkungen der irdischen Welt und strebt nach einem Zustand
der absoluten Freiheit.
-
Aufstieg als Motiv: Der
Aufstieg (»Hinauf!«) ist ein zentrales Motiv, das den Übergang
vom Irdischen ins Göttliche, vom Endlichen ins Unendliche
symbolisiert.
-
Künstlerische
Inspiration und Schöpfung: Das Gedicht beschreibt die
Inspiration des Künstlers und den kreativen Schaffensprozess.
Dabei können Begeisterung und der Überschwang des lyrischen Ichs
können als Ausdruck künstlerischer Inspiration gedeutet werden.
Die Natur wird zur Quelle seiner Kreativität, die der dem
Göttlichen vergleichbaren Schaffenskraft verleiht.
(Mit Hilfe von KI erstellt)
"Ein Symbol
bürgerlicher Emanzipationsbestrebungen" (Braemer
1963, S.175) verengt für Ulrich
Karthaus (22007, S. 166) die Deutung des Gedichts und
ist schlichtweg ein "Mißverständnis". Ebenso greift seiner Ansicht
nach die psychoanalytische Deutung, die in der Hymne die "Gestaltung
eines Sohn-Vater-Konflikts" sieht, zu kurz, da es zum Wesen des
Gedichts gehöre, nicht von einem einmaligen Akt der Rebellion zu
sprechen, sondern von der Auflehnung schlechthin auf der Grundlage
der eigenen Schöpfermacht. So erzähle eben auch der Mythos schon
"von dem, was immer geschieht und darum nicht historisch überliefert
ist."