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Lyrische Texte interpretieren (Schulische Schreibform)
▪
Grundbegriffe zur Gedichtinterpretation
▪
Leitfragen und Aufgaben
▪
Rhetorische Mittel
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Überblick
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Figuren und Tropen
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Änderungsoperationen
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Wirkungsbereiche
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Wirkungsakzente
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Einzelne rhetorische Mittel
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Auswahlliste
Die
sprachlich-stilistische Gestaltung macht • Johann Wolfgang von Goethes
(1749-1832)
Gedicht • "Prometheus" zu einem typischen Werk, das der •
Literaturepoche
des •
Sturm-und-Drang (1760-1785) zugeordnet werden kann.
Goethes Gedicht
"Prometheus" ist ein Beispiel für expressiv-emotionale Sprache des •
Sturm-und-Drang (1760-1785), die die rebellische Grundhaltung
von Prometheus als Rollen-Ich gegenüber den Göttern zum Ausdruck
bringt.Dabei sind es zunächst einmal die
freien
Rhythmen und die unregelmäßigen Vers- und Strophenlängen, die
ins Auge fallen, die dem Gedicht von Anfang an einen provokativen,
herausfordernden Ton verleihen.
Sprachliche Mittel
Freie Rhythmen
Das Gedicht weist
kein festes Metrum
oder Reimschema auf. Die freien Rhythmen unterstreichen die
emotionale Involviertheit und die Spontaneität des lyrischen
Sprecher-Ichs.
Rhetorische Fragen
Das Gedicht enthält
in den Versen 28-50 einen "Katarakt aus zehn rhetorischen Fragen" (Valk
2012, S.164f.), mit denen Prometheus seine eigenen Erfahrungen
mit den Göttern, ihre Ohnmacht und die Selbstbestimmung des Menschen
hervorhebt. Diese Fragen kann man als die "prominenteste
Autonomieerklärung der deutschen Literaturgeschichte" (Valk
2012, S.165) ansehen.
Wer half mir
/ Wider der Titanen Übermut? /
Wer rettete vom Tode mich,/
von Sklaverei? ... Wähntest du etwa,/
Ich sollte das Leben hassen,/ In Wüsten fliehen,/
Weil nicht alle
/ Blütenträume reiften?"
Ausrufe
Einige der Ausrufe sind mit einem Ausrufezeichen am Ende
markiert, andere Aussagen sind im Gestus solcher Aufrufe gestaltet
und verdeutlichen die emotionale Involvierheit des Sprecher-Ichs,
die Intensität und den Trotz des lyrischen Ichs.
Apostrophe
"Bedecke
deinen Himmel, Zeus“ – Direkte Ansprache an Zeus mit dem Gestus
der Ebenbürtigkeit, betont die Rebellion
Anapher
"Hast du die
Schmerzen gelindert/ Je des Beladenen?/ Hast du die Tränen gestillet/
Je des Geängsteten?“ – Wiederholung zu Beginn der Sätze erhöhnt die
Eindringlichkeit des Gesagten
Metaphern
-
"Bedecke
deinen Himmel, Zeus, / Mit Wolkendunst!" – Der Himmel wird
hier mit der Verwendung des Possessivpronomens ("dein") als
Sphäre dargestellt, die das Eigentum von Zeus darstellt, so dass
er damit er nach Belieben verfahren kann. Prometheus fordert ihn
mit seiner direkten Anrede (Apostrophe) heraus, sich zu zeigen,
statt sich zu verstecken. Im Gegensatz zu der von Zeus
beanspruchten Sphäre bringt Prometheus seinen Besitzanspruch
gegenüber Zeus in der mehrfachen Repetition des
Possessivpronomens "mein" eindringlich zum Ausdruck:
meine Erde,
meine Hütte,
meinen Herd) (vgl.
Valk 2012, S.160)
-
"Ihr
nähret kümmerlich/ Von Opfersteuern/ Und Gebetshauch/ Eure
Majestät," – Die Abhängigkeit und gleichzeitig wenig
tragfähige Herrschaft der Götter beruht sinnbildlich auch auf
einem geradezu unmerklichen, aber immer wieder vergehenden
"Gebetshauch"
-
"Rettungsdank/
Dem Schlafenden da droben?" – Der schlafende Zeus steht
sinnbildlich für dessen Desinteresse am Schicksal des jungen
Prometheus.
-
"Mußt
mir meine Erde / Doch lassen stehn / Und meine Hütte, die du
nicht gebaut, / Und meinen Herd, / Um dessen Glut / Du
mich beneidest." – Die Erde, die Hütte und der Herd stehen
metaphorisch für die eigene Schöpfung von Prometheus und damit
auch für seine eigene Sphäre, die dem Einfluss der Götter auf
dem Olymp entzogen ist und unabhängig von diesen existiert. Die
Glut des Herdes steht dabei für das Feuer, das Prometheus den
Menschen gebracht hat.
-
"In
Wüsten fliehen, Weil nicht alle Blütenträume reiften?" bzw.
"Knabenmorgen-Blütenträume"
– Die Wüste symbolisiert den jedem Leben und damit auch der
Schöpfungskraft von Prometheus feindlich gegenüberstehenden
Sphäre, die "Blütenträume" bzw. "Knabenmogen-Blütenträume"
stehen für die jugendlichen, noch wenig an die Realitäten
angepassten Wunschvorstellungen des jungen Prometheus.
Vergleich
Enjambements
Zahlreiche
Enjambements tragen zur rhythmischen Dynamik bei und unterstreichen
den Sprachgestus der endlosen Reihe von Vorwürfen, die Prometheus
gegen die olympischen Götter erhebt, die sich eben auch nicht in
Versgrenzen einengen lassen.
Ingesamt ist der Stil des Gedichts, sprechtakttheoretisch
gesehen, vor allem von den •
textstilistischen
Handlungsmustern des •
Bewertens
und des
•
EmotionalisiereNs
gekennzeichnet. In seiner Kritik an und seinem Hohn gegenüber den
Göttern erweist sich die Sprache von Prometheus aber auch als
Ausdruck seiner Hybris.
Mit allen dafür geltenden Einschränkungen kann man in dem •
sinnlichen und •
pathetischen Stil
des Gedichts einen •
Epochenstil sehen, der mit seiner kraftvollen, emotionalen, das
Innere nach außen kehrenden Emotionalität auf die expressive
Funktion von Sprache setzt, die alle vorgegebenen Formen sprengt, um
ihre Aussage zu gestalten.
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Auswahlliste
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
07.01.2025
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