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Aspekte der Analyse und Interpretation

Entstehungsgeschichte: Goethes Prometheus-Dichtung

Johann Wolfgang von Goethe Werke Lyrische Werke Verschiedene GedichtePrometheus

 
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Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Johann Wolfgang von Goethe
Biographie WerkeEpische Werke Dramatische Werke Lyrische Werke Annette-Lieder Balladen Sonette Verschiedene Gedichte (Sammlung) Prometheus TextDidaktische und methodische AspekteÜberblick [ Aspekte der Analyse und Interpretation Überblick Inhalt, inhaltliche Gliederung und Aufbau Strukturbild Sprachlich-stilistische Gestaltung Entstehungsgeschichte: Goethes Prometheus-Dichtung Der Prometheus-Mythos und seine Darstellung in Goethes Gedicht • Interpretationsansätze • Vergleich von "Prometheus" und "Ganymed" Vergleich von Goethes Gedicht mit Johann August Bürgers "Der Bauer ..." Vergleich von Goethes Gedicht mit Gellerts (1715-1769) "Preis des Schöpfers" Camus' Prometheus als Metapher für Humanität und Kultur und Goethes Gedicht ] Bausteine Fragen und Antworten (KI)  BausteineLinks ins Internet  ▪ Friedrich Schiller  ... Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

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Baustein: Goethes Gedicht mit dem Prometheus-Mythos der antiken Mythologie vergleichen

Kein anderer antiker Mythos, betont Inka Müller-Bach (1997, S.100), habe • Johann Wolfgang von Goethe so kontinuierlich beschäftigt wie der des • Prometheus, an keinem habe er sich poetisch so oft versucht, aber auch an keinem sei er so oft gescheitert.


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Als Goethe seine Prometheus-Hymne verfasst, hat er gerade mit seinem Drama "Götz von Berlichingen" (1773/1774) den ersten Publikumserfolg errungen. Das Drama, das zunächst anonym veröffentlicht wurde, wurde – auch wenn es mit allerlei Beigaben wie z.B. einem "Zigeuner"balett verhunzt wurde – an zahlreichen wichtigen Bühnen in Deutschland in Berlin, Hamburg, Breslau. Leipzig und Mannheim auf die Bühne gebracht. "Die Zeitungen", schildert Safranski (2013, S.142), stellten den jungen Autor vor, von dem man bisher im breiteren Publikum noch nichts gehört hatte. [...] Die bisher eher bedächtige literarische Öffentlichkeit geriet in Erregung und fand Geschmack an der Sensation. Wer etwas auf sich hielt, mußte das Stück und den Autor kennen, zumindest aber von ihm gehört haben. In den Briefwechseln der Zeitgenossen, besonders bei den Frauen, glänzt dieser neue Stern am Literaturhimmel." Über Nacht war Goethe damit in kürzester Zeit in aller Munde. Kein Wunder, dass ihm der Erfolg in gewisser Hinsicht zu Kopf steigt und ihn anspornt, auch weiterhin alle Regeln der konventionellen Dramentheorie zu sprengen, wenn ihm danach war. "Ein Gefühl von poetischer Allmacht überkommt ihn: Er will nicht nur, was er kann, er kann auch, was  immer er will." (ebd., S.143) Auf der Woge seines Erfolgs und seiner poetischen Möglichkeiten entwirft Goethe ein • Prometheus-Drama, das allerdings am Ende Fragment bleibt.

Seine verschiedenen Prometheus-Dichtungen reichen von seinem Fragment gebliebenen Drama »Prometheus, dessen ersten Entwürfe wohl aus dem Jahr 1773 stammen, über seine Hymne • Prometheus, die von seinem Freund »Friedrich Heinrich Jacobi [1743-1815] 1785 ohne Zustimmung Goethes "als vermeintliches Beispiel für einen kühnen Atheismus im Stile Spinozas" (1632-1677) (Safranski 2013, S.145) veröffentlicht wurde, über sein 1795 geplantes, aber schon nach wenigen Versen wieder aufgegebenes Dramenprojekt Der befreite Prometheus und das 1807/08 begonnene, aber auch Fragment gebliebene »Pandora-Festspiel.

Goethes Prometheus-Fragment (1772)

Sein »Prometheus-Fragment von 1773 ließ Goethe erst 1830 im 33. Band der Ausgabe letzter Hand veröffentlichen, was für ihn noch 1820, als ihm überhaupt erst wieder eine Abschrift der verschollenen Handschrift aus dem Nachlass von »Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1791) zu Gesicht gekommen war, als "Jünglings-Grillen" (Brief an »Carl Friedrich Zelter (1758-1832) vom 11.05.1820, zit. n. Müller-Bach 1997, S.100) undenkbar war, zumal es das Potential enthielt, der "revolutionären Jugend als Evangelium willkommen" zu sein und die Zensur auf den Plan hätte rufen können. (vgl. ebd.)

Die Kenntnis, die Goethe von dem antiken Prometheus-Mythos zu dem Zeitpunkt der Entstehung des Dramenfragments besaß, kann nicht eindeutig rekonstruiert werden. Wahrscheinlich nutzte er dabei hauptsächlich zeitgenössische Nachschlagewerke wie z. B. »Benjamin Hederichs (1675-1748) »Gründliches Mythologisches Lexikon (Neuauflage 1770) mit dem entsprechenden • Eintrag zu Prometheus. Dabei sparte er für sein Drama und die spätere Hymne • Prometheus den Opferbetrug und den Feuerraub gänzlich aus. Ihm ging es im Kontext des • Sturm und Drang mit seiner Prometheus-Dichtung um die Ideale dieser Epoche: Individualität, Freiheit, Auflehnung gegen Autorität und die Kraft des menschlichen Geistes. Dass Prometheus zu einem zentralen Symbol "der Stilisierung und Selbststilisierung des ästhetischen Genies" (Müller-Bach 1997, S.101) werden konnte, hatte schon der englischer Philosoph, Schriftsteller, Politiker, Kunstkritiker und Literaturtheoretiker »Anthony Ashley Cooper, 3. Earl of Shaftesbury (kurz: Shaftesbury) (1671-1713), der als einer der bedeutendsten Wortführer der frühen »Aufklärung, mit dem "Topos des Künstlers als alter deus" (ebd.)  begründet, den er mit der Figur mythologischen Figur des Prometheus verknüpft hatte.

Allerdings leitet Goethes Verwendung des Topos das künstlerische Genie und seine künstlerischer Schöpferkraft, sowie seine Autorität und Kompetenz nicht mehr, wie noch Shaftesbury," von einer obersten, gleichsam göttlichen Instanz ab, sondern agiert selbst als genialer Weltenschöpfer." (Valk (2012, S.166) (vgl. • Antony Ashley Cooper (3. Earl of Shaftesbury): Rat an einen Dichter (1771, Auszug)

Dennoch verbindet das Dramenfragment mit dieser Tradition, wie Müller-Bach (1997, S.101) weiter betont, "die Figur des gottgleichen Künstlers; was es von ihr fundamental unterscheidet und zugleich, trotz der Ausblendung narrativer Kernbestände, mit der ältesten Überlieferung verknüpft, ist die Deutung der prometheischen Schöpfung als Rebellion und Gegenschöpfung. Kein friedlicher Wettstreit zwischen ästhetischen Demiurgen findet hier statt" (ebd.). Es breche vielmehr ein antagonistischer Konflikt auf, in dem »mein und dein«, Himmel und Erde, vorgegebene und eigene Welt sich scheiden.

Formal gesehen zeichnet sich das Fragment vor allem durch seinen hohen hymnischen Ton, das das durchgängig in freien Rhythmen verfasste (wahrscheinlich das erste dieser Art in der europäischen Literatur) Dramenfragment aus. Hinzukommt noch eine ausgesprochene "Handlungs- und Intrigenarmut" (ebd., S.102) Im Grunde genommen besteht es aus einer Aneinanderreihung von vergleichsweise selbständigen Szenen, in denen die Figur des Prometheus von verschiedenen Seiten beleuchtet wird. Unter Umständen liegt der Grund, weshalb der Text Fragment geblieben ist, auch daran, so vermutet Müller-Bach (1997, S.102), Goethe dieses facettenreiche Bild nicht in einen dramatischen Konflikt übersetzen konnte.

Im »ersten Akt des Fragments versucht der Götterbote Merkur, Prometheus dazu zu bringen, den Göttern zu gehorchen. Er unterbreitet ihm, was erst später im Dialog mit seinem Bruder »Epimetheus im Drama enthüllt wird, offenbar den Vorschlag, "den olympischen Thron zu teilen, Prometheus die Herrschaft über die Erde einzuräumen und seine Statuenwelt zu beleben." (ebd.) Doch dieser geht nicht darauf ein und beharrt in selbstbewusster Rebellion "auf der Unbedingtheit, Unantastbarkeit und Unteilbarkeit" (ebd.) der von ihm geschaffenen Welt. Auch ein Vermittlungsversuch der Liebesgöttin »Minerva scheitert. Allerdings führt diese ihn zum »Quell des Lebens«, wo die von ihm geformte Statuenwelt zum Leben erweckt wird– also nicht durch das himmlische Element des Feuers.

Im »zweiten Akt teilt Merkur Jupiter mit, dass Minerva ihn mit der Gegenschöpfung verraten hat. Er fordert Jupiter auf, Minerva zu bestrafen. Der Göttervater will erst mal abwarten, ob die Menschen ihm zuhören. In den nachfolgenden Szenen wird das "Bild eines Urzustands der menschlichen Gesellschaft an drei für zeitgenössische Kultur- und Naturrechtstheorien zentralen Motiven" (ebd.) entworfen. Diese sind: das Motiv des Hüttenbaus, das Motiv des Eigentums und das Motiv der Gewalt. Prometheus zeigt einem Mann, wie man ein Haus baut. Ein anderer Mann bittet ihn um Hilfe bei einem Streit um eine Ziege. Nachdem Prometheus dessen Kopfwunde versorgt hat, spricht er über die noch ungestüme Art der Menschen. Was sich vordergründig als eindeutige Anklänge an die Theorien liest, die »Jean-Jaques Rousseau (1712-1778) in seinem Werk »"Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen (Discours sur l’origine et les fondements de l’inégalité parmi les hommes)" , enthält aber Elemente, die dessen Auffassungen korrigieren. So ist die von Prometheus neu geschaffene Welt bei Goethe eben nicht wie der Naturzustand gut oder eben besser als die gegenwärtige ist.  Stattdessen bestehe das "prometheische Pathos" (ebd.) darin, dass die Welt vor allem die von Prometheus aus eigener Kraft selbst geschaffene Welt, "seine Welt" (ebd.), ist. Am Ende erzählt Pandora ihrem Vater Prometheus von einer Liebesszene zwischen Mira und Arbar im Wald, die sie zwar beobachtet, aber nicht verstanden hat. Prometheus sieht in dem Pandora verstörenden Liebesakt "einen erfüllten Augenblick dionysischer Entgrenzung" und bezeichnet ihn als Tod. Zugleich nimmt er es zum Anlass, den Lebenslauf der Menschen zwischen Liebe und Leidenschaft auf der einen und Schmerz und Tod auf der anderen Seite darzustellen und thematisiert am Ende den Gedanken der Wiedergeburt mit den Worten:

Das Dramenfragment endet mit den folgenden Versen:

PROMETHEUS.
Da ist ein Augenblick, der alles erfüllt,
Alles, was wir gesehnt, geträumt, gehofft,
Gefürchtet, meine Beste, – das ist der Tod!

PANDORA.
Der Tod?

PROMETHEUS.
Wenn aus dem innerst tiefsten Grunde
Du ganz erschüttert alles fühlst,
Was Freud und Schmerzen jemals dir ergossen,
Im Sturm dein Herz erschwillt,
In Tränen sich erleichtern will und seine Glut vermehrt,
Und alles klingt an dir und bebt und zittert,
Und all die Sinne dir vergehn,
Und du dir zu vergehen scheinst
Und sinkst, und alles um dich her
Versinkt in Nacht, und du, in inner eigenem Gefühle,
Umfassest eine Welt:
Dann stirbt der Mensch.

PANDORA ihn umhalsend.
O, Vater, laß uns sterben!

PROMETHEUS.
Noch nicht.

PANDORA.
Und nach dem Tod?

PROMETHEUS.
Wenn alles – Begier und Freud und Schmerz –
Im stürmenden Genuß sich aufgelöst,
Dann sich erquickt in Wonneschlaf, –
Dann lebst du auf, aufs jüngste wieder auf,
Aufs neue zu fürchten, zu hoffen und zu begehren!

Quelle: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 4, Hamburg 1948 ff, S. 181-187.
http://www.zeno.org/nid/20004850068

Goethes Pandora-Festspiel (1807/08)

Das 1807/08 begonnene dramatische Festspiel »Pandora blieb wie das • Prometheus-Drama von 1772 oder das 1795 geplante aber schon nach wenigen Versen wieder aufgegebene Dramenprojekt Der befreite Prometheus Fragment, wurde aber dennoch 1810 veröffentlicht. Es stellt die Folgen dar, die nach der Öffnung der Buchse der »Pandora (Pandora selbst tritt im Drama nicht als Figur auf) eintreten. Es thematisiert das Verhältnis von Mensch und Gott und bringt den Konflikt zwischen menschlicher Autonomie und göttlicher Ordnung zur Sprache. Die besondere Sinnbildlichkeit des Fragments kann auch als Thematisierung der Ambivalenz des Fortschritts, aufgefasst werden, der Segen und Fluch zugleich sein kann. Und schließlich wirft das Drama Fragen nach Schuld und Sühne auf und damit das Problem nach der Verantwortung des Menschen für sein Handeln.

Im »Prolog beklagt Epimetheus das Verschwinden Pandoras, seiner ehemaligen Frau, die nach der frühesten Erzählung des Pandora-Mythos durch »Hesiod (geb. ca. 700 v. Chr.) auf Anweisung von »Zeus (Jupiter) erschaffen worden war, um Rache für den Diebstahl des Feuers durch Prometheus zu nehmen. Pandora erhält zu diesem Zweck einen großen, irdenen Vorratskrug, der alle Übel der Welt enthält. Am Ende öffnet sie das Gefäß, »Büchse der Pandora genannt, und bringt damit Leid und Übel über die Menschen. Den Moment, an dem Pandora das Gefäß öffnet, beschreibt Epimetheus darin wie folgt:

"[...]Als mir Pandora nieder vom Olympos kam.
Allschönst und allbegabtest regte sie sich hehr
Dem Staunenden entgegen, forschend holden Blicks,
Ob ich, dem strengen Bruder gleich, wegwiese sie.
Doch nur zu mächtig war mir schon das Herz erregt,
Die holde Braut empfing ich mit berauschtem Sinn.
Sodann geheimnisreicher Mitgift naht' ich mich,
Des irdenen Gefäßes hoher Wohlgestalt.
Verschlossen stand's. Die Schöne freundlich trat hinzu,[335]
Zerbrach das Göttersiegel, hub den Deckel ab.
Da schwoll gedrängt ein leichter Dampf aus ihm hervor,
Als wollt' ein Weihrauch danken den Uraniern,
Und fröhlich fuhr ein Sternblitz aus dem Dampf heraus,
Sogleich ein andrer; andre folgten heftig nach.
Da blickt' ich auf, und auf der Wolke schwebten schon
Im Gaukeln lieblich Götterbilder, buntgedrängt;
Pandora zeigt' und nannte mir die Schwebenden:
Dort, siehst du, sprach sie, glänzet Liebesglück empor!
Wie? rief ich, droben schwebt es? Hab' ich's doch in dir!
Daneben zieht, so sprach sie fort, Schmucklustiges
Des Vollgewandes wellenhafte Schleppe nach.
Doch höher steigt, bedächtig ernsten Herrscherblicks,
 Ein immer vorwärts dringendes Gewaltgebild.
[...]

Quelle: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 5, Hamburg 1948 ff, S. 332-365.  http://www.zeno.org/nid/20004852702

Der »erste Akt stellt dar, wie  Epimetheus, Pandoras ehemaliger Mann, der um seine verlorene Liebe trauert, von den Göttern besucht wird. Diese versprechen ihm die Rückkehr Pandoras, wenn er sich ihren Gesetzen unterwirft und die von Pandora geschenkten Künste und Wissenschaften aufgibt. Epimetheus weigert sich zunächst.

Im »zweiten Akt feiern die Menschen ein Fest zu Ehren Pandoras und preisen die Fortschritte und Errungenschaften, die sie ihnen ermöglicht hat.

Im »dritten Akt kehrt Pandora zurück, doch sie ist kalt und distanziert. Sie fordert die Menschen auf, ihr zu folgen und ein neues, göttlich geprägtes Leben zu beginnen. Epimetheus bleibt unentschlossen, hin- und hergerissen zwischen seiner Liebe zu Pandora und seiner Verbundenheit mit den Menschen und ihrer Kultur.

Baustein: Goethes Gedicht mit dem Prometheus-Mythos der antiken Mythologie vergleichen

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Gert Egle. zuletzt bearbeitet am: 07.12.2024

 
 

 
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