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Friedrich von Hagedorn (1708-1754)

Doris und der Wein

Literatur: Autorinnen und Autoren

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren [ Friedrich von Hagedorn Textauswahl  ... ] Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

 

 

O Anblick, der mich fröhlich macht!

 

Mein Weinstock reift, und Doris lacht,

 

Und, mir zur Anmut, wachsen beide

 

Ergötzt der Wein ein menschlich Herz,

5

So ist auch seltner Schönen Scherz

 

Der wahren Menschlichkeit ein Grund vollkommner Freude

   
 

Was die Empfindung schärft und übt,

 

Was Seelen neue Kräfte gibt,

 

Wird unsre heiße Sehnsucht stillen

10

Wie reichlich will die mildre Zeit,

 

Die sonst so sparsam uns erfreut,

 

Den tiefsten Kelch der Lust für unsre Lippen füllen

   
 

Der Wein, des Kummers Gegengift,

 

Die Liebe, die ihn übertrifft,

15

Die werden zwischen uns sich teilen

 

Wer mir der Weine Tropfen zählt,

 

Nur der berechnet unverfehlt

 

Die Küsse, die gehäuft zu dir, o Doris! eilen

   
 

Weil deine Jugend lernen muss,

20

So lass dich meinen öftern Kuss

 

Die Menge deiner Schätze lehren

 

Gib seinem treuen Unbestand

 

Stirn, Augen, Wangen, Mund und Hand,

 

Und lass ihn jeden Reiz, der dich erhebt, verehren!

   

25

Uns klopft ein Vorwitz in der Brust,

 

Der stumme Rath ererbter Lust,

 

Der Liebe Leidenschaft zu kennen

 

O lerne meine Holdin sein!

 

Ich schwöre dir, bei Most und Wein,

30

Mich soll auch Most und Wein von keiner Doris trennen

   
 

Es mögen künftig Wein und Most

 

Des trägen Alters Ernst und Frost

 

Durch feuerreiche Kraft verdringen!

 

Alsdann ertönt für sie mein Lied;

35

Jetzt, da die Jugend noch verzieht,

 

Will ich allein von dir, auch in der Lese, singen

 

 

Der malerische Lenz kann nichts so sinnreich bilden,

 

Als jene Gegenden von Hainen und Gefilden;

 

Der Anmut Überfluss erquickt dort Aug' und Brust:

 

O Licht der weiten Felder!

5

O Nacht der stillen Wälder!

 

O Vaterland der ersten Lust!

   
 

Dort lässt sich wiederum, in grünenden Trophäen,

 

Des Winters Untergang, der Flor des Frühlings sehen;

 

Sein schmeichelnder Triumph beglücket jede Flur:

10

Die frohen Lerchen fliegen

 

Und singen von den Siegen

 

Der täglich schöneren Natur

   
 

Der Bach, den Eis verschloss und Sonn' und West entsiegeln,

 

In dem sich Luft und Baum und Hirt' und Herde spiegeln,

15

Befruchtet und erfrischt das aufgelebte Land

 

Dort lässt sich alles sehen,

 

Was Flaccus in den Höhen

 

Des quellenreichen Tiburs fand

   
 

Fast jeder Vogel singt; es schweigen Nord und Klage!

20

Wie schön verbinden sich, zum Muster guter Tage,

 

Die Hoffnung künft'ger Lust, der jetzige Genuss!

 

Ihr stolzen, güldnen Zeiten!

 

Sagt, ob, an Fröhlichkeiten,

 

Auch diese Zeit euch weichen muss

   

25

An Reizung kann mir nichts den holden Stunden gleichen,

 

Da bei dem reinen Quell und in belaubten Sträuchen

 

Die alte Freundschaft scherzt, die junge Liebe lacht

 

Am Morgen keimt die Wonne

 

Und steiget mit der Sonne

30

Und blüht auch in der kühlen Nacht

   
 

Es spielen Luft und Laub; es spielen Wind und Bäche;

 

Dort duften Blum' und Gras; hier grünen Berg und Fläche;

 

Das muntre Landvolk tanzt; der Schäfer singt und ruht:

 

Die sichern Schafe weiden,

35

Und allgemeine Freuden

 

Erweitern gleichfalls mir den Mut

   
 

Es soll den Wald ein Lied von Phyllis Ruhm erfreuen;

 

Den Frühling will ich ihr und sie dem Frühling weihen

 

Sie sind einander gleich, an Blüt' und Lieblichkeit

40

Ihr fronen meine Triebe,

 

Ihr schwör' ich meine Liebe,

 

Für's erste bis zur Sommerszeit

 

(aus: Poetische Werke, Zweyter Theil / Erstes Buch, Fabeln und Erzählungen; Referenzausgabe: Anonymus: Des Herrn Friedrichs von Hagedorn sämmtliche Poetische Werke, Bd. 2. Johann Carl Bohn: 1757, S. 66-69.

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 28.01.2024

 
   Arbeitsanregungen:
  1. Interpretieren Sie das Gedicht.
  2. Arbeiten Sie dabei das Weltbild von Friedrich von Hagedorn und seiner Literaturepoche heraus.
  
 

 
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