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Arno Holz und Johannes Schlaf: Die papierne Passion

"Radau" in der Parterrewohnung: Der gewalttätige Schlosser

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FAChbereich Deutsch
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Die Erzählung ▪ "Die papierne Passion" wurde von »Arno Holz (1863-1929) und »Johannes Schlaf (1862-1941) 1890 als Prosastudie und womöglich auch als "eine Art Vorstudie für das Drama" "Die Familie Selike" (1890) verfasst, das die Zerrüttung Verhältnisse in einer Berliner Familie Ende des 19. Jahrhunderts thematisiert, 

In Die papierne Passion wird ein kurzer Ausschnitt in der Berliner Küche von »Mutter Abendroth'n« dargestellt. Sie ist mutmaßlich Witwe eines ehedem einmal finanziell vergleichsweise gut gestellten Ehemanns (Fritze) und bewohnt mit ihrer 11-jährigen Pflegetochter Wally, einem unehelichen Kind ihrer Schwester, eine 2-Zimmer-Wohnung mit einer Vorstube in der vierten Etage in einer typischen Mietskaserne mit einem großen Innenhof in Berlin.

Mutter Abendroth'n, die gegen den Willen ihres "Karl" (eigener Sohn, jetziger Lebensgefährte?) zwei Töchter aus der Reihe der elf unehelichen Kinder ihrer Schwester zu sich genommen hat, ist nach dem Tode von "Marieken" mit zwölf Jahren nur noch die aufmüpfige Pflegetochter Wally geblieben. Beide wohnen in der Küche mit ihrem kleinen Fenster, die mit dem Kohleherd, einem Tisch, Stühlen und einem Bett gerade mit dem Wesentlichen ausgestattet ist. Die beiden Zimmer der Wohnung und die dazu gehörige Vorstube hat »Mutter Abendroth'n« untervermietet: an zwei Studenten aus unterschiedlichen finanziellen Verhältnissen (Herr Haase und Herr Röder) sowie ein "Freilein in der Vorderstube" (S.102), um damit die Miete für die Gesamtwohnung und zumindest einen Teil ihres Lebensunterhaltes zu bestreiten, zu der hin wieder wohl auch ihr Sohn (?) ("mein Karl") etwas beisteuert (S.102). wohnen in der Küche mit ihrem kleinen Fenster, die mit dem Kohleherd, einem Tisch, Stühlen und einem Bett gerade mit dem Wesentlichen ausgestattet ist. Die beiden Zimmer der Wohnung und die dazu gehörige Vorstube hat »Mutter Abendroth'n« untervermietet: an zwei Studenten aus unterschiedlichen finanziellen Verhältnissen (Herr Haase und Herr Röder) sowie ein "Freilein in der Vorderstube" (S.102), um damit die Miete für die Gesamtwohnung und zumindest einen Teil ihres Lebensunterhaltes zu bestreiten, zu der hin wieder wohl auch ihr Sohn (?) ("mein Karl") etwas beisteuert (S.102).

Es ist um die Weihnachtszeit kurz vor sechs Uhr abends und draußen ist es bei leichtem Schneetreiben fast dunkel, als sich »Mutter Abendroth'n« daran macht, in ihrer von einer Petroleumlampe erleuchteten Küche Kartoffelpuffer zuzubereiten. Dabei wartet sie ungeduldig und sehr ärgerlich auf ihre Pflegetochter, die zwei Stunden überfällig ist, und nicht wie verabredet um vier Uhr wieder zu Hause gewesen ist. Als das Mädchen ("ein kleines, blondes, vermeckertes Ding von elf Jahren" (S.98)) dann gutgelaunt vom Weihnachtsmarkt zurückkommt, erwartet es eine Abreibung, zumal die Mutter annimmt, dass es sich dort schon wieder mit "die verfluchtichten Bengels" (S.98) herumgetrieben hat. In die handgreifliche Schelte in der Küche hallt von vier Treppen weiter unten, aus dem "Budikerkeller", ein Sauflied herauf, das mit Ziehharmonikamusik begleitet wird. ("»Siste woll, da kimmt er schon, der besoffne Schwiegersohn ...«", (S.98))

Herr Haase kommt in Begleitung von Wally, die von ihrer Mutter zum Holen von Petroleum für die Lampe beauftragt worden war, in die warme Küche und bittet »Mutter Abendroth'n« um einen zeitweiligen Mietnachlass und Aufschub bei der nächsten Miete (S.101). Sie freut sich offenbar an der Gesellschaft des jungen Studenten in seinen trotz des Winters immer noch "kurzen Höskens" (S.112) und bietet dem schon leicht erkälteten Mann an, sich bei einer Tasse Kaffee in ihrer Küche aufzuwärmen. Sie weiß wohl über seine prekären Verhältnisse gut Bescheid und erklärt ihm ein paar Minuten später, dass das mit der Miete keine Eile habe. (S.112) Im Gespräch mit dem jungen Studenten klagt sie ihm ihr Leid mit ihrer Pflegetochter Wally und erzählt ihm vom Schicksal ihrer so wohlgeratenen, aber leider verstorbenen Tochter "Marieken" (S.103f.) 

Zu der Gruppe in der Küche gesellt sich wenig später Herr Röder mit seiner Studentenmütze auf dem Kopf, über dessen äußere Gestalt (Kneifer auf der Nase, Buckel) und geziertes Verhalten (macht mehrfach "zeremonielle Verbeugungen", (S.105)) sich Wally lustig macht. Im Gegensatz zu Herrn Haase kann er sich wie ein Pensionsgast Verpflegung durch seine Vermieterin leisten und auch geeignete Winterkleidung. Mit seinen lockeren Sprüchen und Scherzen bringt er »Mutter Abendroth'n« zum Lachen und geht dann in sein Zimmer, um auf das Abendessen, die angekündigten Kartoffelpuffer, zu warten. (S.107) Von seinem Zimmer, das nur durch eine dünne Wand von der Küche getrennt ist, dringen mal das Pfeifen einer Opermelodie (S.107), mal das laute Singen eines Studentenliedes (S.110), dann "»Hildebrand und sein Sohn Hadubrand, Hadubrand!« bis in die in die Küche und signalisieren wohl die gute Laune des lebenslustigen Burschenschaftlers Röder, der es sich auch immer wieder herausnimmt, nachts "so'nn ollet Froonzimmer" (S.107) bei sich zu haben, was seine Vermieterin aber "übersieht".

Dann kommt Olle Kopelke, im Hauptberuf wohl  Anwalt (S.113) und in ihrer gemeinsamen Jugend ehemaliger Verehrer von »Mutter Abendroth'n« (S.115) zu Besuch. Er wird von Wally als "der olle Kopelke" (S.108) ziemlich respektlos, aber auch vertraut begrüßt und der so Genannte erkundigt sich zur Begrüßung nach dem Befinden seiner alten Bekannten und "olle(n) Quasselstrippe" (S.108) »Mutter Abendroth'n«.

Kopelke hat offenbar auch schon bessere Zeiten gesehen und verdient sich das nötige Zubrot mit Scherenschnitten, "Schustern" und "Doktern" (S.114, im Drama »"Die Familie Selike" arbeitet die Figur des »"alten Kopelke" als Heilpraktiker) Die drei Erwachsenen plaudern miteinander über alte Zeiten und über das Studentenleben, während sich allmählich die von der Hausherrin goldgelb gebratenen Kartoffelpuffer mit ihrer Zuckerschicht auftürmen und ihren Duft in der ganzen Küche verbreiten. (S.111) Als Kopelke um einen Kartoffelpuffer bittet, bietet ihm »Mutter Abendroth'n« eine Portion an und ebenso dem zögerlichen Haase (S.114).

Im weiteren Gespräch will Kopelke eine Geschichte aus seiner Studienzeit zum Besten geben, die er einstmals beim Schneiden von "Silewetten" (S.116) erlebt hat. Damals habe er dafür, dass er in einer Kneipe "de Leiden Jristi" (S.116) ausgeschnitten und zu einer papiernen Passion zusammengelegt habe, beinahe Prügel kassiert. Wally, die unbedingt sehen will, wie er das gemacht hat, bringt ihn daraufhin mit Unterstützung ihrer Mutter dazu, das Ganze einmal vorzuführen.

Während Kopelke die ersten Papierschnitzel zur biblischen Hinrichtungsstätte auf dem Berg Golgotha zusammengelegt hat, macht Wally ihre Mutter darauf aufmerksam, dass irgendwo unten "Radau" (S.118) zu hören sei. Als die in der Küche Anwesenden daraufhin horchen, hören sie "vom Hofe her schwere dumpfe Schläge. Dazwischen, grell, eine Weiberstimme. / »Hil–fe! – Hil–feee!! – Er – schlägt – mir  – ja – dooot!! Hiiil–fe!! – Hiiil–fe!!!!«"

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 28.03.2024

 
 

 
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