Das Leben und Werk
von • Franz Kafka
(1883-1924) ist von unzähligen
Autorinnen und Autoren umfassend erforscht, erschlossen und
beschrieben. Allein »Wikipedia
führt 27 »Biografien
auf.
Einen grundlegenden
Überblick darüber gibt die Online-Enzyklopädie Wikipedia, die ihren
Eintrag zu dem Autor in sechzehn große Abschnitte einteilt. Hier
werden diejenigen mit Links präsentiert, die wohl für die Arbeit im
Literaturunterricht in der Schule besondere Bedeutung haben.
Wikipedia:
Franz Kafka
Wikipedia:
Franz Kafka
Frank
Möbus (2011,
S.14) hat in seiner kleinen Anthologie mit dem ungewöhnlichen Titel
"Kafka zum Vergnügen" knapp und anschaulich formuliert, wie Kafka
von der Nachwelt gesehen wurde und wird:
"Kafka gilt als
psychisch isolierte, suizidgefährdete Persönlichkeit, als
bindungsunfähiger Selbstzweifler, pathologischer Selbstbeobachter
mit entschiedenem Hang zur Hypochondrie, als schwer unter dem
Konflikt mit seinem übermächtigen Vater leidender, ständig
kränkelnder Problemcharakter mit Minderwertigkeitskomplexen und
literarischen Versagensängsten. Er gilt als Mensch, dessen
Biographie von einer schier endlosen Aneinanderreihungen von
Scheiterungen geprägt ist – und als Prophet der heraufziehenden
ideologischen Finsternisse des 20. Jahrhunderts." Was unser
Bild über ihn gemeinhin prägt, ist "die Vorstellung eines
selbstquälerischen Menschen, dessen Texte uns zwar hochgradig
aufregend, interpretationsbedürftig, vielschichtig und interessant –
aber eben auch unvergnüglich erscheinen." (ebd.,
S.16(
Im
teachSam-Arbeitsbereich zur Biografie von Franz Kafka wird
angesichts des umfangreichen Angebots an analogen und digitalen
Quellen auf eine ausführliche Darstellung von Leben und Werk des
Autors verzichtet.
Statt den Autor
selbst ins Zentrum zu rücken – eine •
Zeittafel informiert über sein Leben und Werk –, richtet sich
der Blick hier vor allem auf seine Eltern, •
Hermann und •
Julie Kafka und damit auf die •
familiäre Sozialisation. Diese
Fokussierung ist vor allem didaktisch begründet, da der
• biografische
Zugang zur Interpretation von Texten Franz Kafkas in der Schule
wohl neben der existenzialistischen Deutung oder der Deutung über
das Schreiben Franz Kafkas am weitesten verbreitet ist. Dabei spielt
die Vater-Kind-Sohn Beziehung, aber auch das gesamte familiäre
Umfeld stets eine besonders wichtige Rolle und wird häufig nach der
Behandlung des • Briefs an den Vater,
den Franz 1918 verfasst, als eine
Art Standard zur Kontextualisierung von Interpretationen
herangezogen.
Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 in Prag geboren, das zu diesem
Zeitpunkt zum Königreich Böhmen im Österreichisch-Ungarischen
Kaiserreich gehörte. Er war das älteste von sechs Kindern einer
wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie. Sein Vater, Herrmann Kafka,
zeichnete sich durch eine strenge, autoritäre Persönlichkeit aus. Er
war selbstständiger Kaufmann von modischen Accessoires und setzte in
dieser Branche hohe Maßstäbe. Kafkas Mutter, Julie, stammte aus
einer wohlhabenden Familie und verfügte über eine höhere Bildung als
ihr Ehemann. Allerdings investierte sie viel Zeit in das Geschäft
und war daher oft abwesend. Diese familiären Konstellationen übten
einen maßgeblichen Einfluss auf Franz Kafkas Leben und Schreiben
aus.
Die Beziehung zwischen Franz Kafka und seinem Vater war von einem
tiefgreifenden psychischen Konflikt geprägt. Kafka empfand sich
gegenüber seinem Vater als unterlegen und eingeschüchtert, ein
Thema, das er im Alter von 32 Jahren in seinem ▪
"Brief
an den Vater", den er diesem aber nie zukommen ließ,
ausführlich behandelte. Diese komplexe Familiendynamik wird in der
Forschung häufig als ein zentrales Element in der Interpretation von
Kafkas Werken betrachtet.
Die Jugend Kafkas war geprägt von seiner physischen Verfassung sowie
seinen Bildungsmöglichkeiten. Er war kein kräftiges Kind und litt
häufig unter Krankheiten, was ihn in seiner schulischen Laufbahn
beeinträchtigte und dazu führte, dass er häufig zu Hause blieb.
Dennoch war Kafka ein exzellenter Schüler. Er besuchte das streng
humanistische Deutsche Staatsgymnasium in Prag, eine angesehene
sekundäre Bildungseinrichtung, und schloss diese mit ausgezeichneten
Noten ab. Kafka las mit großem Interesse Literatur und entwickelte
bereits in jungen Jahren ein ausgeprägtes Interesse für Literatur,
was sich nachhaltig auf seine eigene Schreibkarriere auswirkte.
Nach Beendigung seiner Schulzeit entschied sich Kafka für ein
Studium an der Deutschen Karl-Ferdinands-Universität in Prag.
Zunächst begann er ein Studium der Chemie,
wechselte jedoch bald zur Rechtswissenschaft. Im Jahr 1906 schloss
Kafka sein Studium mit der Promotion ab und nahm anschließend eine
Tätigkeit im Versicherungswesen auf.
Obschon Kafka bereits in jungen Jahren mit dem Verfassen von Texten
begann, waren seine frühen Schreibversuche zumeist unvollendet. Sein
berufliches Leben sowie familiäre Verpflichtungen ließen ihm nur
wenig Zeit und Energie für literarische Ambitionen. Dennoch war er
in der Lage, durch die Nacht- und frühen Morgenstunden zu schreiben,
was jedoch negative Auswirkungen auf seine Gesundheit hatte.
Die schwierige Beziehung zu seinem Vater, seine Selbstzweifel und
seine gesundheitlichen Probleme prägen die Betrachtung seiner Jugend
und werden als zentrale Themen in seinem späteren Werk gesehen. Die
Erfahrungen als junger Mann in Prag bilden den Hintergrund für seine
einzigartige Perspektive, die seinen Geschichten sowohl Tiefe als
auch Universalität verleiht.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
11.10.2024