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In der
literaturwissenschaftlichen Sekundärliteratur zu
Thomas
Manns Roman »Buddenbrooks« finden
sich verschiedene Urteile und Interpretationsansätze zur Figur
Elisabeth
Buddenbrook, geb. Kröger. Eine kleine Auswahl von Äußerungen:
Ernst Keller, 1988:
"Die von ihrem Mann übernommene Religiosität wird bei ihr eine
gesellschaftliche Angelegenheit. Jean hatte sie für sich selber gepflegt,
Elisabeth dehnt sie auf die ganze Familie aus. So fragwürdig diese
Religiosität in ihrer Mischung von Weltläufigkeit und Frömmigkeit sein mag,
so wird sie in der Hand der Konsulin zum Mittel, entfremdete Mitglieder der
Familie wie die Gattin Gottholds wieder in ihren Kreis zurückzuführen und
zudem die Exklusivität der Buddenbrooks durch eine Öffnung nach unten einmal
die Woche zu durchbrechen. [...] Die Weltfremdheit dieser Religiosität, die
sich bei Jean in der Beurteilung Grünlichs zeigte, tritt bei Elisabeth in ihrem
Verhältnis zu zahlreichen Pastoren und schließlich in dem zu ihrem
Schwiegersohn Tibertius zutage. Ihr Versuch, durch ihre Religiosität Harmonie
zu stiften, scheitert [...]. Ihr schweres Sterben dokumentiert ihre Vitalität, wie es die
Hohlheit ihres Christentums bloßlegt. [...] Erst nach ihrem Tode wird der
Verfall der Buddenbrooks äußerlich sichtbar. Im Rahmen von deren
Verfallsgeschichte ist diese Frau mit ihrer Vitalität die große retardierende
Kraft." (Ernst Keller
1988, S.190f.)
Jochen Vogt, 1995:
"Auffällig ist indessen, dass die Konsulin, obwohl der Erzähler ihrer
äußeren Erscheinung die gleiche Sorgfalt angedeihen lässt wie sie selbst,
keine besonders plastische oder 'lebendige' Gestalt ist. Sie behält, ähnlich
wie ihre Schwiegermutter, etwas Chargenhaftes; beide bleiben 'flache'
Charaktere, während die innere Problematik und Widersprüchlichkeit, also
'Tiefe', fast durchweg den männlichen Buddenbrooks aufgeladen wird. Spät erst
gewinnt die Konsulin durch 'jene hochreligiöse Wendung' einiges Profil [...].
Möglicherweise bleiben die genannten Damen aus den älteren
Buddenbrook-Generationen auch deshalb relativ uninteressant für Erzähler und
Leser, weil sie die Rolle der Frau in der großbürgerlichen Familie so unbeirrt
und ungebrochen ausfüllen." (Vogt
1995, S.45f.)
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