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Erzählverhalten

Überblick

Thomas Mann - Buddenbrooks - Aspekte der Erzähltextanalyse

 
FAChbereich Deutsch
Glossar
Literatur Literarische Gattungen Autorinnen und Autoren Thomas ManN (1875-1955) Buddenbrooks  Gesamttext/Rechercheversion Didaktische und methodische Aspekte Überblick Die Familiengeschichte der Buddenbrooks ASPEKTE DER ERZÄHLTEXTANALYSE Überblick Zeitgestaltung Raumgestaltung [Erzählverhalten Überblick ]Darbietungsformen Figurengestaltung Einzelne Figuren Komparativisches Erzählen ]Textauswahl Bausteine Links ins Internet Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

 ▪ Schulische Analyse und Interpretation erzählender Texte
▪ Einen Erzähltext mit der Kategorientafel analysieren

Erzählformen und Erzählverhalten (Petersen)
Überblick
Erzählform
Standort des Erzählers (point of view)
Erzählperspektive (Sichtweise)
Erzählverhalten
Erzählhaltung  
Darbietungsweisen

Wenn es bei ▪ schulischen Analyse und Interpretation erzählender Texte um die Analyse der Perspektiven bzw. Erzählperspektiven geht, empfiehlt sich, eine • pragmatische Herangehensweise bei der Wahl des Perspektivenmodells sowie der entsprechenden Terminologie, zumal auch in der Literaturwissenschaft unterschiedliche Auffassungen darüber, was die Kategorien Perspektive und Erzählperspektive zu bedeuten haben, • miteinander konkurrieren.

Hier nutzen wir den Begriff nur Arbeitsbegriff, zumal er als solcher in der Schule wohl am weitesten verbreitet ist. Dabei sind wir uns der Tatsache bewusst, dass der Begriff auch in dem von uns für die schulische Analyse hier bevorzugten Merkmalkatalog der Erzähltextanalyse von Jürgen H. Petersen den Begriff in seiner "Kategorientafel" (Petersen 1993, S. 8) in einer sehr eingeschränkten Art und Weise verwendet.

In der Schule geht es schließlich nicht um eine letztlich widerspruchsfreie, kategoriale Terminologie in einem geschlossenen erzähltheoretischen Universum, schon gar nicht um terminlogische Vorherrschaft im Bereich der Erzähltheorie geht, sondern darum bei der Interpretation von literarischen Texten, erzähltheoretische Kategorien, "verstanden als begrifflicher Werkzeugkasten" (Köppe/Kindt 2014, S.33) "im Rahmen unterschiedlich ausgerichteter interpretativer Erschließungen von Erzähltexten" zu nutzen.

Neben den ▪ typischen Erzählsituationen Stanzels der älteren Erzähltheorie, die noch immer in der Schule verwendet werden, bietet sich, zumindest für die schulische Analyse und Interpretation erzählender Texte, an, auf das Konzept der ▪ Erzähltextanalyse von Jürgen H. Petersen (geb. 1937) (1993, 72006) zurückzugreifen. Mit seiner "Kategorientafel" (Petersen 1993, S. 8), die  "die geschlossene Typologie durch einen offeneren Merkmalskatalog ersetzt, der mehr (wenn auch nicht alle) Kombinationsmöglichkeiten und damit eine feinere Klassifizierung ermöglicht" (Jahraus 2009, S.228) will Petersen keine Erzähltheorie sondern eine "Deskriptionspoetik narrativer Texte fiktionaler Art" modellieren. Sie unternehme den Versuch, "alle zur Erfassung dieser Texte notwendigen Kategorien darzustellen und einander funktional zuzuordnen." (Petersen 1993, S.8).


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Der Roman ist in der • Er-Form erzählt. Dabei spricht der Erzähler grundsätzlich von Dritten und verwendet dafür gewöhnlich auch die Personalpronomina der dritten Person. Auch wenn man als Leser den Eindruck gewinnen kann, dass der Erzähler bei der Er-Form völlig verschwindet, bleibt er mit einer offenkundig distanzierten Erzählhaltung vorhanden, wenn er z. B. etwas ironisch kommentiert oder das Erzählte irgendwie einfärbt,  Allerdings ist er weder eine fiktive oder fingierte Person, so dass er als solche eigentlich auch nicht verschwinden kann.

Auch wenn der Erzähler in der Er-Form in • Thomas Manns Roman Buddenbrooks keine Personalität besitzt, sondern stattdessen ein personalitätsloses Medium darstellt, agiert er im Zuge des Romans bei seinem Erzählverhalten überwiegend • auktorial.

Das bedeutet allerdings nicht, dass der Erzähler an verschiedenen Stellen des Romans auch hinter seine Figuren zurücktritt, ohne dass er dabei gänzlich verschwindet. So wählt er durchaus auch mitunter die Optik der Figur, erzählt aus ihrer Sicht der Dinge, ohne sich an der jeweiligen Textstelle von der Figur zu distanzieren.  Dies ist, wie Petersen (1993,  S.74) darstellt z. B. der Fall, als Thomas Buddenbrook im Nachgang eines Gesprächs mit seiner Schwester Antonie Permaneder (Tony), die ihn bittet, dem hoch verschuldeten Junker Ralf Maiboom die kommende Getreideernte im Vorgriff "auf dem Halm" abzukaufen, darüber, über das Geschäftsleben im Allgemeinen und seine charakterlichen Eignungen dafür, seine • Gedanken in Form der • erlebten Rede reflektiert. (• Textbeispiel)

Dass sich in den • »Buddenbrooks« "die Kategorie der Erzählsituation ... vermutlich... nicht zur Charakterisierung des gesamten Werks oder auch nur eines größeren Abschnitts, sondern lediglich zur Klassifizierung kleinerer Erzähleinheiten" herangezogen werden könne hat Jochen Vogt (1990, S.52f.) an einer anderen • Textstelle aufgezeigt.

 

 

 

Personales Erzählen bedeutet nun aber nicht, daß der Narrator stets völlig verschwinden würde. Auch bei Büchner, auch bei Kafka erzählt sich die Geschichte nicht selbst, und erst recht die Darbietungsform der erlebten Rede, die als das klassische Mittel personalen Erzählens gilt, wird falsch verstanden, wenn man meint, der Narrator wähle die Sicht der Figur und verschwinde dabei stets hinter dieser, ziehe sich mithin als episches Medium (vorübergehend) ganz zurück. In der erlebten Rede sind vielmehr beide vorhanden, der Erzähler ebenso wie die Figur; der Narrator wählt die Figurenoptik, d.h. er bleibt präsent. Allerdings ist diese Präsenz außerordentlich unterschiedlich ausgeprägt, und nur wenn der Erzähler sich von der Figur, deren Sicht er wählt, nicht distanziert hat oder jedenfalls nicht in der Frage, die in der erlebten Rede behandelt wird, weicht seine Sehweise ganz und gar der der Figur. Das ist z.B. an der folgenden Stelle aus »Buddenbrooks« der Fall, an der Thomas Buddenbrook darüber nachsinnt, ob er das risikoreiche Angebot, eine Partie Kom »auf dem Halm« zu kaufen, annehmen soll oder nicht:

 

 wird (z. B. durch Kommentare) mit quasi individuellen Eigenschaften ausstaffiert werden, die aber dennoch auf keine Person zurückverweisen. (vgl. ebd., S.59)

 

Thomas Mann nutzt den auktorialen Erzähler, wie er im Realismus stilbildend war. Näher betrachtet, ist die Erzählerfigur aber nicht allein auf diese Rolle beschränkt. Nicht nur, dass auch personale Erzählpassagen vorhanden sind, die verschiedenen Perspektivierungen und Positionierung des Erzählers lassen keine eindeutige Bestimmung zu. Daher handelt es sich hier um ein komplexes Erzählen, das seine Basis im auktorialen Erzählen hat, sich darin aber nicht erschöpft.

Die Erzählerfigur hat im Roman verschiedenste Mittlerrollen. Sie tritt als Chronist auf (S.258), als reflektiert nachdenkend und Einverständnis beim Leser suchend (S.694), als wortreicher Gestalter von Stimmungsbildern (S.370), als eine Figur, die mit Nachdruck Zwischenrufe in das Handlungsgeschehen einwirft (S.698), auch solche des Bedauerns, was uns verdeutlicht, dass ihr das Schicksal der Buddenbrooks nicht gleichgültig ist (S.177, 369, 466). Außerdem tritt der Erzähler als die auktoriale, alles ordnende Instanz auf (S.418), die über einen weiten Überblick über die Meinungen der verschiedenen Figuren verfügt (S.643f., die hanseatische Kaufmannsschicht über Gerda) und einen generationenübergreifenden Vergleich zwischen den Figuren vornehmen kann (S.259).

Der Erzähler kann auch die sprachlichen Eigentümlichkeiten erklären (etwa die besondere und eigentliche Bedeutung von ‚albern’, S.87, S.294; der erläuternde Kommentar hinsichtlich Morten Schwarzkopfs Redensart, S.133; oder die Erklärung der Klangfarben von Bankier Kesselmeyers „Ahah“-Interjektion, S.201) und als derjenige, der in den Passagen personalen Erzählens, in denen erlebte Rede vorherrscht, hinter die Figuren zurücktreten kann (S. 54f., 265, 275f., 569, 469ff., 474f., 629, 657).

 

 

 

 

 

 

 ▪ Schulische Analyse und Interpretation erzählender Texte
▪ Einen Erzähltext mit der Kategorientafel analysieren

Erzählformen und Erzählverhalten (Petersen)
Überblick
Erzählform
Standort des Erzählers (point of view)
Erzählperspektive (Sichtweise)
Erzählverhalten
Erzählhaltung  
Darbietungsweisen

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 16.04.2024

 
 

 
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