Im "6. Gesichte" (das
sechste Traumgesicht) (1. Aufl. 1640) erzählt die Hauptfigur in ▪
Johann Michael
Moscheroschs (1601-1669) ▪
Philander von Sittewald
von seinem Besuch in der Hölle.
"Als ich aus diesem Orte heraus kam auf einen weiten Platz, sah
ich einen großen Haufen Pastetenbäcker über einander liegen, denen
ein Teufel die Köpfe in Mörsern zerstieß. Sie dauerten mich über
alle Maßen, und gern hätte ich für sie ein gutes Wort eingelegt.
"Ach! sprach einer derselben, dem das Hirn noch nicht ganz zerstoßen
war: sind wir nicht unselige Menschen, daß wir um fleischlicher
Sünde willen solche Marter leiden müssen, die wir es doch weit mehr
wegen der Knochen verdient hätten!" "Ha, Speivogel! sprach ein
Teufel: wer sollte billiger verdammt sein und solche Pein leiden als
allein ihr, die ihr mit so vielerlei Dreck, den ihr in die Pasteten
verbacken, die Welt hättet ganz vergiften können! Die ihr anstatt
Nierenfett ekles Nasenschmalz, anstatt Rosinen Mücken unter die
Pasteten gewirkt habt, so daß sich mancher die Ruhr an den Hals
gefressen, was ihr mit eurer unsauberen Arbeit und dem stinkenden
Schelmenfleisch allein verursacht habt! Und ihr wollt euch noch
beschwören, daß euch hier zu sehr unrecht geschieht? Leidet, leidet
in aller Teufel Namen und machet nur nicht viel Murrens! Wir sollten
vielmehr murren, weil wir mehr Strafe leiden euch peinigen, als ihr
die Marter ausstehen zu müssen. Und du, Philander, sprach er mit
einem zornigen Gesicht zu mir, der du ein Fremdling in diesen Landen
bist: es bedarf hier nicht des Mitleidens und Erbarmens; ziehe fort
und mache nicht viel Mist's hier, denn wir und diese haben mit
einander zu schaffen, der Drittmann kann hier nicht viel leisten!"
Wunderliche und warhafftige Gesichte Philanders von Sittewald,
das ist Straff-Schrifften Hanß-Michael Moscherosch von Wilstädt. In
welchen Aller Weltwesen, Aller Mänschen Händel . als in einem
Spiegel dargestellet und gesehen werden. Von Ihme zum letztern mahl
auffgelegt, vermehret, gebessert, mit Bildnussen gezieret, und . in
Truck gegeben. 2 Tle. in 1 Band. Straßburg, J. Ph. Mülbe u. J.
Städel 1650. 8°. 23 Bll., 709 S., 12 Bll.; 7 Bll., 931 (recte 911)
S., mit 2 gest. Titeln, 7 (st. 8) Kupfertafeln, 2
Poträt-Kupfertafeln, 1 (ganzs.) Textkupfer u. 25 (1 ganzs.)
Textholzschnitten, Prgt. d. Zt., in der sprachlich erneuerten
Fassung von Karl Müller 1883
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
31.12.2024