2. Teil |
S. 83 - 157 |
Kap. |
Auf einen Blick |
Inhalt
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1 |
Ende der Schulzeit und Beginn des Studiums von Michael
(S. 83 - 85) |
Erzählte Zeit (eZ)*: August (1959) - (1966) - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): -
Handlung
(H):
-
nach Verschwinden von Hanna Schmitz (Ha) hat Michael Berg
(Mi) eine Zeit lang Schuldgefühle, die allmählich abflauen
-
Umzug der Familie von Mi in einen anderen Stadtteil (Ende
1959/Anfang 1960)
-
Weitere schulische Entwicklung: Abitur (1962) und Aufnahme des
Studiums durch Mi
-
Kompensation seiner seelischen Verletzungen durch großspuriges Gehabe,
Arroganz, emotionale Unnahbarkeit auch in wechselnden Beziehungen zu
Mädchen (Ausnutzen der Gefühle von Sophie, Zurückweisen des Großvaters)
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2 |
Jura-Seminar zum Prozess
(S. 86 -89) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Winter (1965/66) - 1966 -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): -
Handlung
(H):
-
Mi nimmt an einem Jura-Seminar teil, das einen KZ-Prozess
begleiten soll, der im Frühjahr beginnt
-
Reflexion des
erzählenden
Ichs (erz-Ich)
über Recht und das Verbot rückwirkender Bestrafung
-
Kommentar des
erz-Ichs
zu seinem und dem Eifer der Studenten, die NS-Vergangenheit
aufzuarbeiten (Auseinandersetzung und Verurteilung der gesamten
"Tätergeneration" und damit auch der eigenen Eltern)
-
Mi integriert sich in die Seminargruppe, sieht sich weniger
arrogant und mit sich selbst im Reinen
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3 |
Prozessbeginn - Vernehmung zur Person
(S.90 - 94) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Frühjahr (1996) - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): Gerichtsgebäude in einer benachbarten Stadt
Handlung
(H):
-
Beschreibung des Verhandlungssaales
-
Mi erkennt Ha von hinten als Angeklagte
-
Ha wird zu ihrer Person vernommen (Schlüsseldatum zur
Rekonstruktion der erzählten Zeit)
-
Beschreibung und Kommentar zum Verhalten von Ha und ihrem jungen
Pflichtverteidiger aus der Sicht des
erlebenden
Ichs (erl-Ich)
-
Mi erfährt von der SS-Vergangenheit Hannas
-
Mi registriert keine Gefühle für Ha mehr;
rationalisiert, indem er ihre Haft deshalb als "natürlich und richtig"
ansieht, weil er sich so nicht mehr gezwungen fühlt, sich mit ihr
auseinander zu setzen oder ihr gar begegnen zu müssen
-
Ablehnung des Antrags auf Aufhebung des Haftbefehls für Ha
durch das Gericht
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4 |
Die Wirkung des Prozesses: Betäubung
(S.95 - 100) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Frühjahr (1966) - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): Gerichtsgebäude in einer benachbarten Stadt
Handlung
(H):
-
Mi nimmt an allen Verhandlungstagen teil
-
Blicke von Ha und Mi kreuzen sich nur ein einziges Mal
(keine dargestellte Empfindung dabei !)
-
Wirkung des Verhaltens von Ha vor Gericht: hochmütig
-
Mi studiert die
Körpersprache von Ha, empfindet dabei allerdings nichts
-
Reflexion des
erzählenden
Ichs (erz-Ich)
über die Betäubung seiner Gefühle; bloße Gewöhnung, Abstumpfung oder
Verdrängung zum Selbstschutz; Erkenntnis, dass auch andere
Prozessbeteiligte (sogar Opfer ähnlicher Betäubung unterliegen
-
Reflexion des
erl-Ichs
über den Sinn der Unmenge an Informationen über den Holocaust:
Schuldgefühle bei den Nachgeborenen als Ziel?
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5 |
Die Verlesung der Anklage
(S. 101 - 104) |
Erzählte Zeit (eZ)*: zweite Prozesswoche im Frühjahr (1966)
- Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Gerichtsgebäude in einer benachbarten Stadt
Handlung
(H):
-
eineinhalbstündige Verlesung der Anklage gegen die fünf angeklagten
Frauen
-
erster Hauptanklagepunkt: Selektionen im Lager von Krakau für die
Vernichtung im KZ Auschwitz
-
zweiter Hauptanklagepunkt: Tod von mehreren hundert Gefangenen auf dem
Zug nach Westen, die bei einem Brand während einer Bombennacht in einer
Kirche eingesperrt waren und von den Angeklagten bewacht wurden
Beweismittel: zwei überlebende Häftlinge und Zeugen aus dem Ort des
Geschehens
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6 |
Die Beweisaufnahme
(S. 104 - 108) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Prozesswoche im Frühjahr (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Gerichtsgebäude in einer benachbarten Stadt
Handlung
(H):
-
Ha wird vom Richter überredet, dem Nichtverlesen des Buches der
Tochter zuzustimmen
-
Ha zieht Aussage, sie habe den Schlüssel zur Kirche gehabt,
zurück
-
Ha widerspricht, wo es ihr nötig scheint, und stimmt bestimmten
Anklagepunkten zu
-
Bei der Vernehmung zu den Selektionen gibt Ha als einzige der
Angeklagten ihre Beteiligung, allerdings wenig distanziert davon zu
(szenische Darstellung)
-
Erzählerkommentar aus der Sicht des
erl-Ichs
über die enttäuschende Antwort des Richters auf Hannas Frage, was er an
ihrer Stelle getan hätte
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7 |
Hanna und die anderen Angeklagten
(S. 109 - 113) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Prozesswoche im Frühjahr (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Gerichtsgebäude in einer benachbarten Stadt
Handlung
(H):
-
Reflexion des
erl-Ichs
über die im Prinzip günstige Beweislage für die Angeklagten
-
Bereitwilliges Zugeben von Ha nutzen die anderen Angeklagten zu
ihrer eigenen Entlastung
-
Vernehmung von Ha über "ihre Schützlinge" bei den Selektionen
(szenische Darstellung)
-
überlebende Tochter sagt aus, dass sich Ha habe von "ihren
Schützlingen" vorlesen lassen
-
Ha sucht den Blick von Mi, ohne ihn damit irgend etwas
zu bitten; Mi errötet, Ha wendet sich wieder ab
-
Innerer Monolog des
erl-Ichs,
das Hannas "persönliche Selektion" entschuldigen will; Mi ergreift
damit erstmals Partei für Ha
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8 |
Das Buch der überlebenden Tochter
(S. 114 - 118) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Prozesswoche im Frühjahr (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Gerichtsgebäude in einer benachbarten Stadt
Handlung
(H):
-
Buch der überlebenden Tochter über ihre Zeit im Lager und den Zug nach
Westen mit der Bombennacht ist den Prozessteilnehmern (also auch Hanna)
als Manuskript in deutscher Fassung zugänglich
-
erz-Ich
gibt den Inhalt des Buches wieder (Selektionen, Todesmarsch nach Westen,
Bombennacht bei der mehrere hundert, in eine brennende Kirche eingesperrte
Menschen umkommen
-
Ha wird im Buch weder namentlich noch sonst irgendwie
identifizierbar erwähnt
-
im Lager hat es nach Aussage der Tochter eine Aufseherin gegeben, die
"Stute" genannt worden ist
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9 |
Vernehmung der Angeklagten zur Bombennacht
(S. 119 - 124) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Prozesswoche im Frühjahr (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Gerichtsgebäude in einer benachbarten Stadt
Handlung
(H):
-
SS-Bericht über die Geschehnisse in der Bombennacht belastet die
Angeklagten, die außer Ha dessen Richtigkeit bestreiten
-
Ha wird von den anderen Angeklagten bezichtigt, den Bericht
verfasst zu haben
-
gerichtliche Vernehmung von Ha zur Bombennacht
(szenische Darstellung) zeigt ihre mangelnde Distanz zu den
Geschehnissen
-
Ha erklärt, dass der Bericht aus gemeinsamen Überlegungen der
Angeklagten entstanden sei
-
Um die Urheberschaft des SS-Berichts zu ermitteln, soll eine
Schriftprobe von Ha herangezogen werden
-
Ha gibt darauf zu, den Bericht geschrieben zu haben
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10 |
Michael erkennt Hannas Analphabetismus
(S. 125 - 129) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Prozesswoche im Frühjahr (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): sonntäglicher Spaziergang von Heiligenberg zur
Michaelsbasilika, dem Bismarckturm, dem Philosophenweg und dem Flussufer
Handlung
(H):
-
Beim Nachdenken über Ha wird Mi klar, dass Ha
Analphabetin ist.
-
Das
erl-Ich
kann sich dadurch viele Erlebnisse und Erfahrungen mit Ha früher
und während des Prozesses erklären.
-
Innerer Monolog des
erl-Ichs,
das die Scham, die es Ha deshalb unterstellt, verstehen kann; stößt
aber bei der Tatsache, dass Ha, um nicht bloßgestellt zu werden,
zur Verbrecherin wurde, an die Grenze seines Verständnisses
-
Schließlich entschuldigt Mi Ha, indem er behauptet, Ha
sei in alles nur "hineingeraten".
-
Am Ende münden die Gedanken über die Schuld von Ha, in
Schuldgefühlen des
erl-Ichs,
das sich unter allen Umständen schuldig fühlt.
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11 |
Der weitere Prozessverlauf und der Rollenwechsel von Michael
(S. 130 - 133) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Prozesswoche im Frühjahr (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Gerichtsgebäude in einer benachbarten Stadt
Handlung
(H):
-
weiterer Prozessverlauf - Ha gilt fortan als Führerin der
Angeklagten in der Bombennacht - führt nach dem Geständnis von Ha
dazu, dass sie ihre Verteidigung aufgibt
-
Reflexion des
erl-Ichs
über seine veränderte Rolle nach dem Erkennen von Hannas Analphabetismus
(vom Zuschauer zum Teilnehmer, Mitspieler und Mitentscheider)
-
erl-Ich
überlegt, den Richter über den Analphabetismus von Ha zu informieren,
versucht in allgemeiner Form mit Freunden über sein Dilemma zu sprechen
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12 |
Michaels Gespräch mit seinem Vater
(S. 134 - 139) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Prozesswoche im Frühjahr (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Elternhaus Michaels, Arbeitszimmer des Vaters
Handlung
(H):
-
Mi sucht Rat bei seinem Vater, wie er sich aufgrund seines
Wissens um Hannas Analphabetismus verhalten soll.
(z. T. szenische Darstellung)
-
Mi spricht sein Problem lediglich allgemein an und erhält daher
auch nur eine allgemeine moralphilosophische Antwort.
-
Mi will wissen, ob man das, was man selbst in Bezug auf einen
anderen für gut halte und von dem man überzeugt sei, dass es den anderen
glücklicher machen werde, in jedem Fall über das setzen dürfe, was der
andere für sich selbst für gut halte
-
Vater spricht sich dagegen aus, weil in einem solchen Fall Würde und
Autonomie des anderen missachtet werde, nur im Falle "zugewachsener oder
übernommener Verantwortung" sei ein solches Verhalten denkbar;
Voraussetzung aber: das direkte Gespräch mit dem anderen darüber und keine
Gespräche hinter seinem Rücken
-
Reflexion des
erl-Ichs
(innerer
Monolog)
über die Folgen des Ratschlags und Erkenntnis, dass ihm das unmittelbare
Gespräch mit Ha nicht möglich
-
erz-Ich
beurteilt das Gespräch als positiv, weil es ihm seinerzeit klar gemacht
habe, dass er den Richter nicht über den Analphabetismus aufklären dürfe
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13 |
Michaels fantasierte Bilder von Hanna
(S. 140 -143) |
Erzählte Zeit (eZ)*: 2 Prozesswochen im Juni (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): o. A.
Handlung
(H):
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Während Gericht zur Vernehmung der überlebenden Mutter für zwei Wochen
nach Israel fliegt, überkommen Mi ständig Erinnerungen an und
Fantasien über Ha.
-
Fantasien: Ha als skrupellose Täterin im Lager bei Krakau
-
Erinnerungen aus der Zeit ihrer Affäre
-
Ich-Erzähler (erl-Ich)
ist sich bewusst, dass seine Fantasien Klischees sind und stellt fest,
dass sie die Erinnerungen dadurch zersetzen, dass sie sich mit ihnen
verbinden.
-
Reflexion des
erz-Ichs
über die Ursachen der damaligen Klischeebildung (mangelnde Informationen)
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14 |
Michael besucht das KZ Struthof
(S. 144 - 147) |
Erzählte Zeit (eZ)*: 2 Prozesswochen im Juni (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Fahrt zum elsässischen KZ Struthof
Handlung
(H):
-
Mi will mit einem Besuch im elsässischen KZ Struthof seine
Klischees mit der NS-Wirklichkeit austreiben
-
Mi wird beim Trampen von einem Mann mittleren Alters
mitgenommen
-
Gespräch zwischen dem Mann und Mi
(szenische Darstellung) über Michaels Vorstellungen über die Motive
der NS-Täter eskaliert zu einem Streit; Mi muss aussteigen
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15 |
Der erste und zweite Besuch des KZ Struthof
(S. 148 - 152) |
Erzählte Zeit (eZ)*: 2 Prozesswochen im Juni (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95) (unlängst)
Raum (R): Elsässisches KZ Struthof
Handlung
(H):
-
erz-Ich
berichtet, dass es "unlängst" im Winter zum zweiten Mal im KZ Struthof
gewesen ist
-
bei diesem Besuch (das KZ ist geschlossen) kommen ihm Erinnerungen an
den früheren Besuch
-
hat sich damals vergeblich versucht, die Wirklichkeit des Lagers
vorzustellen
-
interveniert in seinem Gasthof bei einer (spielerischen)
Auseinandersetzung unter den Gästen
-
Nachts bekommt er große Angst, die ihn zum Zittern bringt.
-
Reflexion des
erz-Ichs
über die Unmöglichkeit, Hanna zugleich zu versehen und zu verurteilen
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16 |
Michaels Gespräch mit dem Richter
(S. 153 - 155) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Prozesswoche im Juni (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Zimmer des Richters im Gerichtsgebäude
Handlung
(H):
-
Trotz ehemals anderer Überlegung sucht Mi das Gespräch mit dem
Richter.
-
Reflexion des Ich-Erzählers über seine Unfähigkeit, direkt mit Ha über
seine Kenntnis von ihrem Analphabetismus zu reden
-
Kommentar des
erz-Ichs
zu dem damals bloß vorgeschützten Argument, er müsse ein Fehlurteil
verhindern: "musste einfach an ihr rummachen"
-
Im Gespräch bringt Mi den Analphabetismus von Ha
überhaupt nicht zur Sprache.
-
Reflexion des
erl-Ichs, das spürt, dass die Gefühle und Gedanken der letzten
Wochen betäubt werden, damit es seinen normalen Alltag weiterleben kann.
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17 |
Das Urteil
(S. 156 - 157) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Prozesswoche Ende Juni (1966) -
Erzählergegenwart (1994/95)
Raum (R): Gerichtsgebäude
Handlung
(H):
-
Ha erscheint zur Urteilsverkündigung in Kleidung, die die
Anwesenden an eine SS-Uniform erinnert
-
Ha nimmt den Urteilsspruch lebenslänglich ohne jedes äußere
Anzeichen von Erregung entgegen
-
Mi sucht den Blick von Ha, die aber durch alles
hindurchschaut
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