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Die Geschichte bzw. der Lebensweg Maria Stuarts gehört zu
den ergiebigsten Stoffen, mit denen sich die europäische dramatische
Produktion beschäftigt hat.
Im 16./17. Jahrhundert wurde der Stoff gar zu einem der
Musterstoffe für Märtyrertragödien. In diesen Märtyrertragödien war
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die Vorgeschichte ganz und
gar unwesentlich
-
das Exemplum (Beispiel),
welches in der Katastrophe am Ende nach der Flucht Marias zum Ausdruck
kommt, war Angelpunkt aller auf Lehrhaftigkeit ausgerichteten
Bestrebungen
-
der Stoff ganz und gar
religiös bestimmt.
Für die frühe Bearbeitung des Stoffes sind vor allem zwei
Stränge wichtig: Bearbeitungen durch das Ordensdrama und die
Renaissancetragödie.

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Erst die Bearbeitung durch den Hugenotten A. de Montchrétien (L’Écossaise
ou le Désastre, 1601) bringt eine tendenzfreie künstlerische
Gestaltung. Sie
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zeigt eine objektivere, nicht mehr so tendenziöse Haltung
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führt das Gegenspiel Elisabeths ein und
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ersetzt den Typus der strengen Märtyrerin durch den der schönen
(erotischen) Frau.
Mit Regnaults "Marie Stuart, reine d’Écosse (1639)" wird ein
Mann zwischen die beiden königlichen Frauen gestellt, der die Gegnerschaft
der Frauen ins Private hinein verlängert und Maria zur schuldlos
geopferten Schönheit werden lässt. Von Elisabeth geliebt, soll
Graf Norfolk von dieser zum König gemacht werden, der sich aber
heimlich mit Maria verlobt. Sein Wunsch, Maria zu befreien, und die von
ihm angezettelte Verschwörung gegen Elisabeth enden in der Katastrophe. In
der Folge dominiert die Norfolk-Handlung die weitere Bearbeitung des Maria
Stuart-Stoffes.
Die Adaption des Stoffes in Deutschland besitzt bestimmte
Besonderheiten.
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Sie orientiert sich zunächst
nicht an der Norfolk-Variante, sondern zeigt sich in stark verändernden
deutschen Bearbeitungen der Stuart-Tragödie von Joost van den Vondel.
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Die Norfolk-Variante kommt
erst durch die sentimentale Fassung von Ch. H. Spiess (1784) zur
Geltung. Sie hat mit der Gestaltung Schillers schon das Motiv der
Rechtmäßigkeit des Thronanspruchs von Maria Stuart gemein.
-
Friedrich Schiller
grenzt sich von den Norfolk-Varianten und ihrem Wildwuchs ab,
drängt die Norfolk-Handlung auf die Mortimer-Episode zurück und
Maria
Stuart wird zu einer schönen Sünderin und erhabenen
Märtyrerin.
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Stoffbearbeitungen in
späterer Zeit stellen einen anderen Lebensabschnitt Maria Stuarts in den
Mittelpunkt. Hier geht es vornehmlich um deren zwielichtige Rolle und
ihre erotischen Abenteuer in Schottland, hier werden die Probleme ihrer
Ehe mit Darnley und die Verbindung mit Bothwell dramatisiert und Maria
Stuart wird damit als Sünderin und Schuldige, als Männerverderberin par
excellence, präsentiert.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
23.10.2023