Die
▪ Handlung
der Szene IV,6
(6. Auftritt) im 4. Akt von
Schillers
Drama »Maria
Stuart« spielt im Zimmer der Königin im Palast von Westminster.
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< IV,5
Leicester
verschafft sich gewaltsam Zutritt zu in das Zimmer der Königin und
zeigt sich im heftigen Streit mit
Burleigh
vor einer zunächst von ihm abgewendeten
Elisabeth sehr selbstbewusst. Als er ihn wegen des Verbots
einzutreten, zurechtweist und sich danach demütig an Elisabeth wendet
mit der Bitte, ihn ebenso anzuhören wie Burleigh, reagiert die Königin
gänzlich abweisend und verlangt zunächst, dass er wieder verschwinde.
Leicester will nicht glauben, dass seine Elisabeth wie sein
Feind, Lord Burleigh, mit ihm spreche. Doch die englische Königin
bleibt immer noch unerbittlich, auch wenn sie ihn nun mit harschen
Worten auffordert, seine Lügengeschichte aufzutischen. Noch einmal
sucht Leicester die Kraftprobe mit Burleigh, als er Elisabeth bittet,
aber selbstherrlich anordnen will, dass sich Burleigh entferne. Als
Elisabeth Burleigh aber befiehlt zu bleiben, versucht Leicester das
ganze Gewicht seiner besonderen Beziehung zu Elisabeth einzubringen.
Mit ihr nämlich jederzeit unter vier Augen sprechen zu dürfen, sei
sein heiliges Recht, das ihm die Königin selbst aus Liebe verliehen
habe. Und diese Liebe sei es auch, die ihn am Hofe über alle anderen
erhebe. Als Elisabeth noch immer betont, sie falle auf derartiges
Gerede nicht herein, verstärkt Leicester sein Bemühen, Elisabeth
emotional anzusprechen. Ihre Gefühle wolle er erreichen, erklärt er
ihr, und sich nur dem Urteil ihrer Liebe unterwerfen, wenn er sich ihr
öffne. Als Burleigh ihn auf Geheiß Elisabeths mit dem Brief
Maria Stuarts
konfrontiert, lässt sich Leicester nicht aus der Ruhe bringen. Er
bestätigt die von Maria in ihrem Brief gemachten Angaben, behauptet
jedoch, dass er nur für Elisabeth Kontakt zur schottischen Königin
aufgenommen habe. Im Nachhinein sehe er zwar ein, dass er sein
Vorhaben, auf diesem Wege Maria Stuart auszuhorchen, Elisabeth hätte
zur Kenntnis bringen sollen. Aber schließlich habe er, von dem doch
jeder wisse, wie sehr er Maria Stuart hasse, darauf vertraut, dass
gerade seine besondere Beziehung zu Elisabeth keinen Zweifel an der
Redlichkeit seiner Absichten aufkommen lassen werde. Als Burleigh ihn
weiter in die Zange nehmen will, gießt Leicester Spott und Hohn über
ihn aus. Denn all seiner großspurigen Reden zum Trotz sei seiner
angeblich so großartigen Spürkunst entgangen, dass Maria Stuart am
selben Tag hätte befreit werden sollen. Und genau dies habe er allein
verhindert. Mit betretenen Gesichtern und völligem Erstaunen müssen
Elisabeth und Burleigh nun aus dem Munde des vermeintlichen Verräters
alle für sie peinlichen Details über den geheimen Mordauftrag an Maria
Stuart hören, den sie
Paulet und
Mortimer
angetragen haben. Im gleichen Atemzug hält er Burleigh vor, dass er
sich von dem fanatischen Papisten Mortimer habe geradezu dilettantisch
hereinlegen lassen. Sein eigener Plan, Mortimer verhaften und vor
Gericht stellen zu lassen, habe dessen Selbstmord zunichte gemacht.
Zugleich könnten ihn dessen Aussagen nicht mehr entlasten. Der
herbeigerufene Offizier der Wache, der den Selbstmord Mortimers
als Augenzeuge erlebt hatte, bestätigt die äußeren Umstände des
Berichts von Leicester zum Tod Mortimers. Elisabeth zeigt sich
beeindruckt, während Burleigh die Sache noch immer nicht ganz geheuer
zu sein scheint. Der Tod Mortimers passt seiner Ansicht nach zu gut in
das Konzept Leicesters. Als dieser erkennt, dass seine Rechtfertigung
bei Elisabeth zumindest zum Teil Wirkung zeigt, stilisiert er sich
selbst mit selbstbewusstem Eigenlob zum engelsgleichen Retter der
englischen Königin. Elisabeth ihrerseits weiß nun nicht mehr, was sie
glauben soll, macht aber für alles letztendlich Maria Stuart
verantwortlich. Mit Nachdruck spricht sich daraufhin Leicester
angesichts der neuen Lage für die Hinrichtung Maria Stuarts aus, die
ohne weitere Zeitversäumnis erfolgen müsse. Als er weiter darauf
dringt, dass der Hinrichtungsbefehl sogleich ausgefertigt werde,
fordert Burleigh, der noch immer sehr misstrauisch geblieben ist,
Elisabeth auf, Leicester mit der Vollstreckung des Todesurteils zu
beauftragen. Denn damit könne er am besten den weiter bestehenden
Verdacht, er habe Maria Stuart geliebt, entkräften. Elisabeth, deren
argwöhnischer Blick ebenfalls davon zeugt, dass ihre Zweifel nicht
gänzlich ausgeräumt sind, stimmt dem zu. Als Leicester, nicht ohne
darauf hinzuweisen, dass seine Nähe zu Elisabeth kein gutes Omen für
diesen Auftrag darstelle, notgedrungen einwilligt, erteilt Elisabeth
auch Burleigh den Auftrag, den beide gemeinsam verrichten sollen.
Burleigh geht ab mit dem Auftrag Elisabeths, für die unverzügliche
Ausfertigung des Hinrichtungsbefehls zu sorgen.
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