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Die
▪ siebte Szene des
▪ 5. Aktes (V,7) in ▪
Schillers
▪ Drama
▪ »Maria
Stuart« spielt kurz vor der von ▪
Elisabeth
verfügten Hinrichtung ▪
Maria Stuarts.
In der
zeitgenössischen Rezeption des Stückes richtete sich die Kritik
an Schillers Stück auch immer wieder gegen die
Abendmahlszene, die Schiller aber schon nach dem Erstdruck des
Dramas für die Uraufführung entschärfte. Er tat dies, weil selbst
der Weimarer Herzog »Karl
August (1757-1828) ein paar Tage vor der Uraufführung »Johann
Wolfgang von Goethe (1749-1832) in einem Schreiben darum
bat, bei Schiller darauf hinzuwirken, dass er von solcherlei
effektheischenden, "poetische(n) Auswüchse(n)" bei der
Aufführung absehe. Auf Goethes Rat hin, der im Sinne des Herzogs
bei Schiller intervenierte, "verharmloste" dieser die Szene für
die Aufführung. (Zymner
2002, S.101)
Und, wie es
scheint, war etlichen Zeitgenossen auch klar, dass "das
religiöse Ritual (...) auf ein weiteres Ritual (verweist), das
juristische der Vollstreckung der Todesstrafe." (Foi
2006, S.236)
Dass die Hinrichtung Marias nur in der
Teichoskopie ▪ Leicesters (▪
V,10) in das dramatische Geschehen integriert
wird, hat dabei "weder etwas mit der Unaufführbarkeit des
Geschehnisses" (ebd.)
zu tun, das dem Barocktheater durchaus möglich gewesen wäre, und
auch nicht "mit dem in Weimar neubelebten aristotelischen Grässlichkeitverbot auf der Bühne." (ebd.).
Die Bedeutung der Szene, die lange Zeit als die entscheidende
Wandlung Maria Stuarts angesehen worden ist, kann aber auch
unter dem Blickwinkel einer anderen Lesart betrachtet werden. So
betont z. B.
Foi (2006, S.236f.), dass Maria nach der Abendmahlszene
"nicht als 'schon verklärter Geist' von der Bühne ab(tritt)".
Denn, so argumentiert sie weiter, sei die Abendmahlszene
schließlich auch nicht die letzte Szene, die Maria Stuart
gewidmet sei, zumal die "symbolische, religiöse Zelebrierung
ihrer inneren und äußeren Schönheit, die mit dem königlichen
Diadem auch die Zeichen der weltlichen Macht zurückgewinnt,
(...) nicht das Ende des irdischen Daseins dar( stellt)."
So gehe es Schiller auch nicht darum, die "Apotheose einer
fast schon romantischen Märtyrergestalt" zu inszenieren, sondern
sei bei der Gestaltung seiner Titelfigur eigentlich stets seinem
Vorsatz gefolgt, Maria als ein 'physisches Wesen' dazustellen.
Diesen Vorsatz führe er letztlich "bis zum Äußersten aus. Nach
und trotz ihrer Wandlung beim Abendmahl, spricht Maria noch in
der darauffolgenden Szene: Leicester hört ihre Stimme. Und es
ist die Szene der Hinrichtung, in der Marias physisches Wesen
vernichtet wird. Dies ist tatsächlich ihre letzte Wandlung.[...|
In der zehnten Szene des fünften Aufzuges hat Maria, auf ein
physisches Wesen, auf ihr nacktes Leben reduziert, selbst diese
rührende Gestalt verloren. Sie ist zum dumpfen Schlag eines
fallenden Kopfes geworden. [...| Die brutale Reduktion
Marias auf ein physisches Wesen in der Hinrichtungsszene
verweist auf die brutale Reduktion des juristischen Diskurses im
Dienst der Macht. [...| Maria Stuart stirbt nicht nur zur
schönen Seele gewandelt, und mit der Krone auf dem Kopf, sie
stirbt auch weiß gekleidet, wie jeder Beliebige zum Tode
Verurteilte." (Foi
2006, S.234-241)