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(121)
Um an die Quellen der in den Räubern lebenden, aufrüttelnden
Empfindungsweise zu gelangen,
muss man eine ganze (122) Epoche weiter zurückgehen und stößt alsdann 1740/50
auf eines der wichtigsten Jahrzehnte innerhalb der deutschen
Geistesgeschichte. Da
erwachte das Gefühl aus
langer Erstarrung zu wunderkräftigem Leben. Seit dem Anfang des 17.
Jahrhunderts lagerte über Deutschland eine graue Atmosphäre pedantisch
geregelten, einseitig vernünftigen Lebens und Denkens, die kaum einen
freundlichen, erwärmenden Sonnenstrahl durchließ.
Mehrere Generationen
hatten nicht vermocht, diese nüchterne Verstandeskultur abzuschütteln.
Die Kultur, in welche unsere
Klassiker1 hineingeboren wurden, war die
Kultur des
Rationalismus2, d, h. sie stand ganz und gar auf einer
vernunftgemäßen Grundlage. Man darf gewiss nicht verkennen, wie wichtig
es war, dass sich im 15. Jahrhundert diese rationalistische Denkweise
auszubilden begann. Es galt in der Tat, Dunkles, Überlebtes, Veraltetes
zu überwinden und die Vernunft wirkte aufhellend wie die lichte Sonne.
Aus der Glaubensbewegung des 16. Jahrhunderts erwuchs das Bestreben, die
Gebildeten von den Fesseln einer durch Kirche und
Dogma3 eingeengten
Weltanschauung zu befreien (negativ) und (positiv) sie in den Stand zu
setzen, sich mit ihren kulturellen, moralischen und religiösen
Bedürfnissen auf einem durch Naturwissenschaft und Philosophie neu
bearbeiteten Boden anzubauen und einzurichten. Dieser Aufklärungsidee
entsprang eine im Geistesleben der westeuropäischen Völker
hochbedeutsame Epoche. Aber jede Idee, auch die wichtigste, ist
einseitig und vergänglich; sie muss, wenn sie sich ausgelebt hat, einer
andern, vielleicht ihr schnurstracks entgegengesetzten Idee das Feld
räumen. In der vernünftigen Welt war für das Gefühl und die
Persönlichkeit der Raum zu knapp bemessen. Es ist begreiflich, dass
diese beiden zu kurz kommen mussten, wenn der Verstand das Szepter
führte. Das Gefühl
ist eben eine antirationale Wesenheit.
Was kein Verstand des Verständigen sieht, das übet in Einfalt ein
kindlich Gemüt! Das verstandesmäßige Schema eines echten und rechten
Menschen war auch zu eng für die mit reichem Individualleben und
ausgeprägter Eigenart ausgestattete
Persönlichkeit. Beides hängt
zusammen. Denn in der Gefühlssphäre liegen die spezifischen Merkmale der
Persönlichkeit, das Gefühlsleben weist von Mensch zu Mensch eine viel
mannigfaltigere Differenzierung auf als das Verstandesleben. [...] (123) So
war denn alles, was dem Menschen hoch und heilig ist, die trauten
Beziehungen von Seele zu Seele, vom Zeitlichen zum Ewigen, vom
Menschlichen zum Göttlichen, kurz das ganze, vielgestaltige, äußere und
innere Leben vom
Verstande in feste Ordnungen und starre Regeln gebracht, die
jedes Individuum, das zu dieser vernünftigen Gesellschaft gehörte, von
der Wiege bis zum Grabe wie enge Zäune umgaben, über die es nicht hinweg
springen konnte, denen es sich fügen musste. Wohl wurden damals auch
Freundschaften und Ehen geschlossen, wohl beteten auch damals die
Menschen zu Gott. Aber diese Empfindungen der Liebe und Hingabe hatten
ebenso wie die religiösen Gefühle keine selbständige Daseinsbedeutung,
keinen eigenen Boden, in dem sie fröhlich wachsen und frei sich hätten
entfalten können. Sie glichen den armen Topfpflanzen, die an dürre
Stäbchen gebästelt sind.
Die Liebe war eine gewissernaßen
staatlich und gesellschaftlich beaufsichtigte Empfindung und jenseits
der Ehe kaum existenzberechtigt. Statt der innigen
Freundschaft
gleichgestimmter Seelen kannte man nur eine Anfreundung auf Grund
zahlreicher, materieller Berührungspunkte, wie sie durch Zugehörigkeit
zu derselben sozialen Kaste, zu demselben Gesellschafts- und Berufskreis
gegeben sind. Indem sich behördliche Vorschriften störend zwischen den
intimen Konnex von Geschöpf und Schöpfer drängten, wurden selbst die
religiösen Empfindungen rationalisiert. Sie erhielten durch
die damals in Kraft stehenden, an Gefühlswerten bitterarmen Dogmen und
Glaubenssätze der betreffenden Konfession ihre vorgeschriebenen Gleise.
Darüber hinaus war dem Menschen verwehrt, selbständig und persönlich
sein Verhältnis zum
Metaphysischen4
dem Drängen eigensten Empfindens und
Erlebens gemäß einzurichten.
In dem Jahrzehnt 1740/50 brausen nun befreiende Frühlingsstürme heran.
Unter ihrer umschmeichelnden Wärme beginnt das erstarrte
Empfindungsleben aufzutauen. Allerdings zeigen sich nachweisbar
die ersten Anfänge einer Reaktion des
Gefühls schon früher. Bereits im ersten Drittel des 18.
Jahrhunderts setzt die Empörung des Empfindungslebens gegen die
aus-(124)schließliche Herrschaft des Verstandes ein und zwar zunächst -
wie konnte es anders sein - auf dem Gebiete der
Religion,
die es als eine rein persönliche Herzensangelegenheit am allerwenigsten
verträgt, zur Verstandessprache degradiert zu werden, In den
pietistischen5
Konventikeln6 strebte man danach, das auf vernunftgemäße
Prinzipien gestellte, verstandes-kühle Verhältnis des Menschen zu Gott
durch persönliche Hingebung und fromme Innigkeit zu ersetzen. Der
Pietismus7 aber wurde in Deutschland,
wo mehr als in irgendeinem andern Lande das ganze Denken seit der
Reformation völlig theologisiert war, für die
Befreiung der Empfindung schlechthin, nicht nur der religiösen,
außerordentlich wichtig. Denn diese religiöse Bewegung, die bestimmte
Schriften erzeugte, griff allmählich auch auf die eigentliche
Literatur
über. Das geschah in dem Jahrzehnt. von dem wir reden. Ein Gestirn von
ganz neuem, eigenartigem Glanz ist am deutschen Geisteshimmel
heraufgezogen:
Klopstock8 (1724-1803). In ihm konzentrieren sich
die jungen Kräfte dieser Epoche. Um ihn, den begeisterten, begeisternden
Sänger, dessen Sprache die Sprache des Herzens ist, schart sich in
schwärmerischer Verehrung die junge Generation, die gleich ihm die
Emanzipation der Empfindung auf ihre Fahne geschrieben hat. Klopstock
wird der Hauptführer der religiös-empfindsamen Richtung. Die ersten
Gesänge des
Messias9, die 1748 in den 'Bremer Beiträgen'
erschienen und seine. vorwiegend von frommen Gefühlen geschwellten Oden
bedeuten
die
Proklamation der Empfindung innerhalb der Literatur. [...]
(125) Auf Umwegen entwand sich also die Literatur dem Rationalismus.
Ähnlich wie bei Beginn der
Renaissance10 jenen 'modernen' Malern an dem Stückchen
Natur, das sie in ihre notgedrungen immer religiösen Darstellungen, wenn
auch noch so primitiv einfließen ließen, unendlich mehr gelegen war, als
an dem ausgeleierten Gegenstand, so diente schließlich auch Klopstock
das Religiöse nur als Mittel, um nicht zu sagen als
Vorwand, um überhaupt die unnatürlich aufgestauten Gefühle ins Fließen
zu bringen. Schon spricht aus ihm ein selbständiges, von öden
Nützlichkeitsbetrachtungen entbundenes Naturgefühl. Es vollzieht sich
eine allgemeine durchgreifende Umwertung der Gefühle. Luft und Licht
strömen immer reichlicher belebend ein.
Religion und Freundschaft, Natur und Liebe wollen empfunden und erlebt
sein. Neben den religiösen Empfindungen werden nun auch die
sympathischen Gefühle als das Dasein
erhöhende und verschönende Kräfte hervorgeholt aus dem Gestrüpp steifer
Haltung und seelenloser Schicklichkeit. [...] Die Empfindungen werden
für sich und an sich selber wertvoll. In der Empfindung zu schwelgen
wird höchste Wonne. [...] (126) Während die epische und lyrische Form
fruchtbare Anregungen empfangen, beharrt das
Drama noch
völlig im Banne der Konvention. Was lag den Poeten jener Zeit am
Theater! Buchdramen wollten sie schreiben und
kehrten der Bühne gleichgültig, ja verächtlich den Rücken. Sie zwängten
einerseits ihre Stoffe in die hergebrachte Form, für welche seit langem
die französische Poetik mit ihrer pedantischen Betonung der
Aristotelischen11
Einheitstrias12
autoritativ13 und maßgebend war. Sie beugten andrerseits
ihre Gestalten unter das
Joch der anerkannten, guten Sitte, gegen die kein Wort, keine
Gebärde verstoßen sollte. Mithin war der Geist jener Dramen um 1750 nach
wie vor ein recht gemäßigter, der die allzu große Hitze heftiger
Leidenschaften und den Wirbelsturm urgewaltiger Affekte ängstlich mied.
In
Lessing14
(1729-1781) [...] entstand dem deutschen Theater der
Reformator15. Leider fielen seine Anregungen bei der
untheatralischen Generation auf ziemlich unfruchtbaren Boden. Seine
gescheiterten Bemühungen um das
Hamburger Nationaltheater16 haben in der Tat etwas
Rührendes an sich. Seine bahnbrechende Glanzleistung, die
Minna von Barnhelm17, kam 1767, wirklich zu früh.
Das Interesse der Leser und Zuschauer ging über das Stofflich-Aktuelle
kaum hinaus und die
Zahl
geistloser Nachahmungen war Legion18, während das
ästhetisch Wesentliche vom Publikum und den Literaten jener Tage meist
übersehen wurde. [...] Für das folgende Geschlecht und das Geistesleben
überhaupt wurde Lessing von einschneidender Bedeutung dadurch, dass er
1759 als erster in dem berühmten 17. Literaturbrief auf
Shakespeare19 hinwies, dessen Werke - wie Lessing
in kurzer Bestimmtheit ausführt - dem deutschen Denken und Empfinden
angemessener seien, als das in einem sklavischen
Klassizismus20 stagnierende und pedantischer Regelnutzung
erstarrte, französische Drama. [...] (127) Mit der durch das Theater
vermittelten Shakespearekenntnis beginnt recht eigentlich das moderne,
deutsche Geistesleben. Der 20. September 1776 bildet ein der wichtigsten
Daten in der ganzen Entwicklungsgeschichte des deutschen Geistes. An
diesem Tage wurde auf der Hamburger Bühne - es ist so schnell gesagt -
zum ersten Male
Hamlet21 aufgeführt. [...] Die Wirkung auf das
eindrucksbegierige Publikum war ungeheuer. Ganz Hamburg befand sich wie
in einem Rausch.
Wochenlang wurde nichts andres gespielt als Hamlet. [...]
Ein neuer
Mensch begann sich damals zu bilden, grade so wie zweihundert
Jahre früher in Italien die Renaissance ein neues Lebensideal erzeugte.
Diese um 1770 einziehende Generation - vielleicht die wichtigste
innerhalb der gesamten deutschen Geistesgeschichte -, aus der die
Stürmer und Dränger22 hervorgingen, berauschte
sich vornehmlich an der gewaltigen Leidenschaftlichkeit, in welcher die
lebensvollen Tragödien des
Briten23
exzellieren24. [...] (128) Shakespeare ward zum
Evangelium ihrer Bestrebungen, das vom Verstande noch immer an die Wand
gedrückte Gefühl nicht nur zu befreien, sondern zur obersten Lebensmacht
unter Hintansetzung des Verstandes zu erheben. Endgültig aufzuräumen mit
dem müden, trocknen, pedantischen Leben in der Poesie war ihnen
dringendstes Bedürfnis. In Shakespeares Dichtungen führt die
Leidenschaft frei das Wort. Für die mit unerhörter künstlerischer
Weisheit aufgebaute und durchgeführte Handlung, die wir heute nicht
genug bewundern können, war ihr Blick noch nicht geschärft. Ihre
Begeisterung und Liebe galt Shakespeare, dem
originalen
Genie, das der kleinlichen Regel spottet, bei dem's nicht
ängstlich zirpt und schüchtern flüstert, sondern machtvoll dröhnt und
schallt in einer Sprache, wie man sie seit Jahrzehnten nicht mehr gehört
hatte. Mit Recht fühlte sich die junge Generation von Shakespeares
psychologischer Meisterschaft angezogen, macht ihn doch seine
divinatorische25 Phantasie zu einem Seelenkünder, der die
menschliche Psyche wie in unverhüllter Nacktheit zeigt. Nicht als ob
seine Darstellung und Analyse der Affekte naturalistisch wäre, nein, in
der Wirklichkeit entblößt die Seele ihre verborgensten Falten nicht so
offen am Tageslicht. Es ist, also ob der große
Tragiker26 mit Röntgenstrahlen
das Innere seiner Menschen durchleuchtete, um dann den Reflex
aufzufangen und überraschend getreu auszubreiten.
Zu den tiefgehenden Wirkungen Shakespeares gesellt sich der kaum hoch
genug zu veranschlagende Einfluss des großen Empörers
Jean Jaques Rousseau27 (1712-78) [...], des mit
Sitte und Ordnung gewaltsam brechenden,
revolutionären Propheten einer Gesellschaftsreform, mit
seiner
materiell-zerstörenden Wirkung in Frankreich28,
der
ideell-aufbauenden in Deutschland.29 [...]
(129) Zu Shakespeare und Rousseau gesellt sich als Dritter im Bunde, der
um 100 n. Chr. das
Leben berühmter Helden
erzählende, griechische Historiker
Plutarch30. [...] Seine Biographien großer Männer
des Altertums von
Solon31
und dem
sagenhaften Gründer Roms32 an bis auf
Cäsar33
und die
Triumvirn34 - mag er nun diese Gestalten
stilisiert35 haben [...] - gewannen in der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts einen ungeheuren Einfluss auf das Gefühls- und
Phantasieleben, ja selbst auf die äußere Lebensführung. [...] Überdies
eignete dem 18. Jahrhundert etwas Müdes, Übersättigtes wie jener
römischen Kaiserzeit, in der Plutarch schrieb. An Kulturschätzen gebrach
es nicht, wohl aber an ursprünglicher Stärke. Daraus erwuchs die
Sehnsucht nach dem Heroischen,
Überdurchschnittlichen, das Verlangen nach dem 'großen Mann'. [...]
(130) Der griechische Geschichtsschreiber findet ein europäisches
Publikum, das ihn begeistert liest. Besonders in
Deutschland und Frankreich gehört Plutarch zu den
Lieblingsschriftstellern. Aus ihm hatten sich die kraftvollen Führer
und leidenschaftlichen
Redner der französischen Revolution36 antike Helden zu
idealen Vorbildern erkoren, nach denen ein jeder handelte und wandelte
bis in
Napoleon37 der gewaltige Testamentsvollstrecker der
Revolution erschien, und die nach dem großen Helden sich sehnende Welt
ihr Traumbild leibhaftig vor Augen sah. Mit diesem Erfülltsein von
Plutarch war ein stark idealisierende Moment gegeben. Angesichts
außerordentlicher Größe erschrak
man nicht vor einem sittlichen Ausfall.
Man erlag dem
magischen Zauber des Heldischen.
Das Geschlecht jener Tage begehrte nun, auch
im
Theater das Heroische zu genießen. Man wollte auf der Bühne
solche (131) Gestalten wandeln sehen, in denen von dem Plutarchischen
Heldentum etwas lebte: ungeschwächte Leidenschaftlichkeit,
selbstherrliche Kraft, durch die Konvention ungehemmte Freiheit und
unentstellte Natürlichkeit. Das war ganz im Sinne Rousseaus gedacht, der
meinte, Plutarch habe deshalb so 'herrliche Biographien geschrieben,
weil er keine halbgroßen Menschen wählte, wie es in ruhigen Staaten
Tausende gebe, sondern
große Tugendhafte
und erhabene Verbrecher'. [...]
Diese gärenden Gedanken werden für die deutsche Generation von 1770/80,
also unmittelbar vor dem Erscheinen der
Räuber,
entscheidend. Sie zieht erhabene Verbrecher und kraftvolle Selbsthelfer
dem kleinen Tugendhaften vor. Mit diesem ausgesprochenen Verlangen nach
Natur, Leidenschaft, Größe, Heroismus beginnt nunmehr die scharfe
Opposition gegen die Herrschaft des Verstandes in der Literatur. Der
bedeutendste Führer dieser Strömung wird der junge
Goethe38, in
dessen
Götz39 das
Heroische, in dessen
Werther40 das Leidenschaftliche, beide gestimmt
aufs Natürlich, zur Geltung kommen. Seinen Spuren folgten die
Leisewitz41,
Klinger42,
Wagner43,
Lenz44,
junge Dramatiker, deren Namen man noch kennt, deren Werke aber vergessen
sind sind, da das Künstlerische, Form und Maß, in ihnen aufgezehrt wird
von dem ungezügelten,
exaltierten45 Ausbruch der Leidenschaft in ungenießbar
schwülstigen Kraftphrasen, in grässlichen, schrecklichen Bildern. Da
braust und schnaubt, stürmt und tost es. Bei ihrem ungeklärten
Shakespearekultus und ihrer ungestümen Freude, die verhassten,
überdrüssigen Einheiten endlich los geworden zu sein, pfiffen sie in
ihren geschmacklos zerfahrenen, überspannten Stücken auf das
Bühnengerechte und verfielen in unglaubliche Regellosigkeit und
Stilwidrigkeit. Aus ihren wüsten Dramen, in denen die ungezügelten
Affekte wahre Orgien feiern, sind die zahmen, wohlanständigen Menschlein
mit ihren gemessenen Reden und Mienen verbannt. Alles Gräuliche und
Ungeheuerliche, Scheußliche und Wilde, was sich eine überhitzte
Phantasie nur vorstellen kann, die schlimmsten Verbrechen, Vater- und
Brudermord, schwere Blutschande und ähnliche (132) Extravaganzen füllen
die unübersichtlich zerfetzte und zerstückelte Handlung, die meinst in
einen tumultuarischen Szenenwirrwarr ausartet. [...] Dennoch halfen
diese
verstiegen
formlosen Stücke der Stürmer und Dränger wenigstens das
Außerordentliche und Ungewöhnliche, wenn es nun als Kunstwerk in die
Erscheinung trat, vorbereiten. Bei Klinger beginnt oft nach fünf oder
zehn Zeilen eine neue Szene. Es herrscht ein verwirrender Ortswechsel,
und über Jahre wird die Handlung verzettelt. Selbst
Goethes Goetz,
dessen unbestritten großer, poetischer Stimmungszauber die dramatischen
Mängel nicht auszugleichen vermag, hat 56 Verwandlungen und leidet unter
dieser starken lokalen Dispersion. [...] Ebenso ist die Handlung über
mehrere Jahre ausgedehnt, so dass die Auffassung der zeitlichen
Geschehnisfolge gestört wird und mithin der deutliche Eindruck einer
Entwicklung verloren geht. Da musste erst wieder das Genie kommen, dem
es bei aller Tiefe der Empfindung doch nicht an der echt künstlerischen
Mäßigung und an dem Formsinn mangelte, um das zerrissene Band zwischen
Literatur und Theater in mustergültiger Weise zu knüpfen, das Genie,
welches die dramatischen Gesetze hinreichend beachtete, um sich nicht
selbst um die Wirkung zu bringen. Von seinem ersten Werke an unterwirft
Schiller
- wie er es später auf der Höhe seine Schaffens vom wahren
Dichter fordert - 'die üppige Phantasie der Disziplin des Geschmacks und
läßt den nüchternen Verstand die Ufer ausmessen, zwischen welchen der
Strom der Begeisterung brausen soll'. Während die Dramen der Stürmer und
Dränger vor ihm, der
Romantiker46 nach ihm, an unschöner Verschwommenheit und
nachlässiger Zusammenhanglosigkeit kranken, fehlt keinem Drama Schiller
die feste Fügung und innere Geschlossenheit.
(aus:
Schnatz 1914, S.121-132, Originalseitenangaben im Text in runden
Klammern)
WORT- UND SACHERKLÄRUNGEN
1↑ Klassiker: gemeint sind Goethe (vgl.
Anm. 38)
und Schiller als Hauptvertreter der
Literaturepoche
(Weimarer) Klassik
(1786-1805)
2↑
»Rationalismus: (von lateinisch ratio – Vernunft);
philosophische Annahme, wonach der Verstand die objektive Struktur der
Wirklichkeit erkennen kann, und zwar sowohl auf physikalischem,
metaphysischem wie moralischem Gebiet; der »"Empirismus",
als ein Gegenbegriff dazu, betont dagegen, dass alle Erkenntnis allein
auf sinnlicher Wahrnehmung beruht; der französische Philosoph,
Mathematiker und Naturwissenschaftler »René
Descartes (1596-1650) gilt gemeinhin als der Begründer des
klassischen Rationalismus, die in Deutschland »Gottfried
Wilhelm Leibniz (1646-1716) und dessen Rezipienten (»Alexander
Gottlieb Baumgarten (1714-1762), »Georg
Friedrich Meier (1718-1777) »Christian
Wolff (1679-1754) u. a.) seine wichtigsten Vertreter hat;
3↑
»Dogma: (griech. δόγμα, dógma, „Meinung, Denkart, Lehrsatz“;
Plural Dogmen oder seltener nach dem Griechischen Dogmata);
grundlegende Lehrentscheidung, die für unumstößlich wahr gehalten wird;
das unreflektierte Festhalten an solchen Dogmen kann zu einer radikalen
Ablehnung von allem führen, das diese Dogmen in Frage stellt oder
bestreitet (Dogmatismus) Ein solcher Dogmatismus kann sich in allen
Bereichen menschlichen Wissens entwickeln. Im Kontext eines
kritisch-rationalistischen Weltbildes behindert Dogmatismus den
Fortschritt, da er die kritische Hinterfragung der Dogmen grundsätzlich
ablehnt. Er wird daher als Gefahr aller Wissenschaften angesehen.
4↑ metaphysisch: "übersinnlich", d. h. jede
mögliche Erfahrung überschreitend, überempirisch
5↑ pietistisch: vgl.
Anm. 7
6↑ Konventikel: private religiöse
Versammlungen (der Pietisten) im so genannten »Hauskreis
(vgl. Anm. 7)
7↑ Pietismus: nach der »Reformation
die wichtigste Reformbewegung im deutschen »Protestantismus;
entspringt einem Gefühl mangelhafter Frömmigkeit, unzureichender
christlicher Lebensführung und dem Drang, den Glauben und damit die
Beziehung zu Gott persönlich zu gestalten, die vor allem das Trauma des
»Dreißigjährigen
Krieges durch Neuorientierung auf die Bibel zu überwinden sucht; die
im 18. Jahrhundert aufkommende Aufklärung drängt derartige Bestrebungen
aber zurück, indem sie das traditionelle Weltbild durch neue
Erkenntnisse der Naturwissenschaft ersetzt und auch vor Angriffen auf
die offizielle Theologie mit ihrem Dogmatismus nicht zurückweicht; die
als Reaktion darauf einsetzende Verwissenschaftlichung der Theologie
wird in der Folge für die viele normalen Gemeindemitglieder immer
unverständlicher; der »absolutistische
Staat , der von seinen Untertanen darüber hinaus stets ein
Bekenntnis zu den offiziellen kirchlichen
Dogmen verlangt, sieht in der Tendenz zu persönlicher Frömmigkeit
einen die Staatsräson schwächenden Faktor; Pietismus hält beide
Positionen für rein äußerlich und stellt ihnen sein Ideal einer
persönlichen, gefühlsbetonten Frömmigkeit entgegen, betont als Bibel-,
Laien- und Heiligungsbewegung konsequent die subjektive Seite des
Glaubens; zugleich Entwicklung eines ausgesprochen starken
missionarischen Grundzuges; in seiner sozial-religiösen Praxis haben das
in pietistischen »Hauskreisen
(Konventikeln) ausgeübte gemeinsame »Bibelstudium
und Gebet oft größere Bedeutung als Gottesdienstete;
8↑
»Klopstock,
Friedrich Gottlieb: geb. am 2.7.1724 in Quedlinburg, gest. am
14.3.1803 in Hamburg; Sohn eines Advokaten; christlich-pietistische
Erziehung; 1745/46 Studium der Theologie in Jena, seit 1746 in Leipzig.
Mitarbeiter der »Bremer Beiträge«, die die ersten drei Gesänge des
»Messias« druckten; Hauslehrer in Langensalza. 1750 in Zürich; ab 1751
in Kopenhagen mit Ehrengehalt des dänischen Königs; 1770 mit Graf
Bernstorff nach Hamburg; gilt als Begründer der Erlebnisdichtung und des
deutschen »Irrationalismus.
Sein Wirken erstreckte sich über große Teile der »Epoche
der Aufklärung, speziell der »Empfindsamkeit.
Des weiteren gilt Klopstock als ein bedeutender Wegbereiter für die
Literaturepoche des »Sturm
und Drang.
9↑ Messias: »Epos
in 20 Gesängen von »Friedrich
Gottlieb Klopstock (vgl.
Anm. 8); 1748
Veröffentlichung der ersten drei Gesänge des Messias mit dem Untertitel
"Ein Heldengedicht"; später weitere Gesänge und Überarbeitungen der
ersten Fassungen, die schon publiziert sind; erste vollständige
Ausgabe 1772, (weitere, überarbeitete Fassungen 1781 und 1798); im
Messias erstmals in der deutschen Literaturgeschichte durchgehend »Hexameter
verwendet wie sie auch in den Epen »Homers
(»Ilias
(Kampf um Troja) und »Odyssee
(Irrfahrten des Odysseus) Verwendung gefunden haben; mit dem
"Messias" beginnt in Deutschland die Epoche der »Empfindsamkeit;
zahlreiche Nachahmungen, vor allem im 18. Jahrhundert (»Messiaden)
10↑ Renaissance: (frz. „Wiedergeburt“, spr.
ʀənɛˈsɑ̃s); 1. allgemein: Begriff zur Bezeichnung einer Wiedergeburt von
Werten, Bauwerken etc. eines vergangenen Zeitalters oder einer
Werteordnung in späterer Zeit; 2. Begriff, im 19. Jh. abgeleitet vom
italienischen rinascimento = Wiedergeburt, soll das kulturelle Aufleben
der griechischen und römischen Antike im Europa des 14.-17. Jahrhunderts
kennzeichnen; seitdem eine Entwicklung des Menschen in Wissenschaft,
Kunst und Gesellschaft zu individueller Freiheit im Gegensatz zum »Ständewesen
des Mittelalters. Im engeren Sinne ist die Renaissance auch eine
kunstgeschichtliche Epoche;
11↑ aristotelisch:
»Aristoteles
(griechisch
Ἀριστoτέλης, * 384 v. Chr. in »Stageira
(Stagira) auf der Halbinsel »Chalkidike;
† 322 v. Chr. in »Chalkis
auf der Insel »Euboia)
gehört zu den bekanntesten und einflussreichsten Philosophen;
Begründer zahlreicher Disziplinen und maßgeblich Einfluss auf etliche
andere, darunter Wissenschaftstheorie, Logik, Biologie, Physik, Ethik,
Dichtungstheorie und Staatslehre. Aus seinem Gedankengut entwickelte
sich der »Aristotelismus;
seine Theorie der Dichtung, niedergelegt in seinem unvollendeten Werk "Poetik"
(altgriechisch ποιητική
[τέχνη] poiêtikê)
befasst er sich mit der Dichtkunst im Allgemeinen und ihren Gattungen.
Für die dramatische Gattung, insbesondere die Tragödie, wurden aus der
"Poetik" u. a. die
Lehre von den drei Einheiten abgleitet, wonach die
Tragödie an einem Tag (Einheit der Zeit), an einem Ort (Einheit des
Ortes) und konzentriert auf eine einzige Haupthandlung (Einheit der
Handlung) zu gestalten ist.
12↑ Einheitstrias: Trias = Dreiheit,
Dreizahl; und
Lehre von den drei Einheiten (vgl.
Anm. 11)
13↑
autoritativ: auf Autorität, Ansehen beruhend; maßgebend,
entscheidend
14↑
»Gotthold
Ephraim Lessing (1729-1781) wichtigster deutscher Dichter der
Literaturepoche der
Aufklärung (1720-1785) (»Epoche
der Aufklärung); beeinflusst mit seinen Dramen (darunter:
Emilia Galotti, Minna von Barnhelm) und seinen theoretischen Schriften
(z. B.»Briefe,
die neueste Literatur betreffend, »Hamburgische
Dramaturgie) die weitere Entwicklung der
Literatur in Deutschland maßgeblich
15↑ Reformator: Umgestalter, Erneuerer
16↑
»Hamburger Nationaltheater:
(auch: Hamburgische Entreprise oder Hamburger Entreprise); erster
Versuch eines deutschen »Nationaltheaters
in den Jahren 1767–1769; gegründet von »Johann
Friedrich Löwen (1727-1771) nach dem Vorbild des von »Ludvig
Holberg (1684-1754) 1748 gegründete dänische Nationaltheater (»Det
Kongelige Teater) in Kopenhagen; an der Gründung auch beteiligt: »Konrad
Ekhof (1720-1778), einer der renommiertesten Schauspieler des 18.
Jahrhunderts; bedeutend aber vor allem, weil er den realistischen
Darstellungsstil auf den deutschen Bühnen einführt, daher auch als
“Vater der deutschen Schauspielkunst” bezeichnet; zu seinem Ensemble in
Gotha, das
Auflösung des Gothaer Hoftheaters an Ostern 1779 nach seinem Tod
fast geschlossen an das »Mannheimer
Nationaltheater, das 13.1.1782 die "Räuber"
uraufführt, gehört auch der Schauspieler
August Wilhelm Iffland (1759-184) (Franz Moor
der Uraufführung); als Gebäude des Hamburger Nationaltheaters dient das
Ackermannsche Comödiantenhaus an der Stelle der ehemals berühmten
»Oper
am Gänsemarkt, in dem die Schauspielergesellschaft von »Konrad
Ernst Ackermann (1712-1771) spielte.
»Gotthold
Ephraim Lessing (1729-1781) arbeitet dort als »Dramaturg
von 1767 bis 1769, das Jahr, indem das Theater aus finanziellen Gründen
geschlossen wird; in dem Theater wird am 30. September 1767 Lessings
Stück »Minna
von Barnhelm (vgl.
Anm. 17)
aufgeführt;
17↑ »Minna
von Barnhelm
oder das Soldatenglück: »Lustspiel
in fünf Aufzügen von »Gotthold
Ephraim Lessing (1729-1781); 1767 fertiggestellt, eine der
wichtigsten »Komödien
der deutschsprachigen Literatur, am 30. September 1767 im »Hamburger Nationaltheater
(vgl.
Anm. 16) uraufgeführt
18↑ Legion: ursprgl. altrömische
Heereseinheit; h: und die Zahl geistloser
Nachahmungen war Legion (in sehr großer Zahl vorhanden)
19↑
»William Shakespeare (* vermutlich23. April 1564 in
»Stratford-upon-Avon;
† 23. Apriljul./
3. Mai 1616greg.in
»Stratford-upon-Avon)
englischer Dichter und einer der
bedeutendsten Dramatiker der Weltliteratur;
20↑ Klassizismus:
Regelpoetik
der »französischen
Klassik und ihrer wichtigsten Vertreter
»Pierre
Corneille (* 6. Juni 1606 in
»Rouen;
† 1. Oktober 1684 in »Paris)
und »Jean
Racine a
21↑
»Hamlet,
Prinz von Dänemark: (engl. The Tragedy of Hamlet, Prince of
Denmark) eine der bekanntesten und meistaufgeführten »Tragödien
von
»William Shakespeare (vgl.
Anm. 19).
22↑ Stürmer und Dränger:
Literaturepoche des
Sturm und Drang (1760-1785)
23↑ Brite: gemeint ist Shakespeare vgl.
Anm. 19
24↑ exzellieren: hervorragen, glänzen
25↑ divinatorisch: vorahnend, seherisch
26↑ Tragiker: Verfasser von »Tragödien
(Dramen mit einem schicksalhaft, erschütternden Ende; Gegensatz »Komödie
mit ihrem Happyend
27↑
»Jean-Jacques Rousseau: (* 28. Juni 1712 in Genf; † 2. Juli 1778 in
»Ermenonville bei »Paris),
Genfer Schriftsteller, Philosoph, Pädagoge, Naturforscher und Komponist
der Aufklärung; gilt als einer der wichtigsten geistigen Wegbereiter der
Französischen Revolution; hatte großen Einfluss auf die
Pädagogik und die politischen Theorien des 19. und 20. Jahrhunderts
28↑ materiell zerstörende Wirkung in Frankreich:
gemeint ist wohl die revolutionäre, den Umsturz in Frankreich durch die
Französische Revolution fördernde Wirkung Rousseaus in Frankreich
28↑ ideell-aufbauend in Deutschland: im
Gegensatz zu den revolutionären Wirkungen Rousseaus in Frankreich haben
seine Gedanken in Deutschland keine unmittelbar praktische, bzw.
revolutionäre Wirkung in Deutschland, sondern beeinflussen vor allem die
Geitesgeschichte, den aufklärerischen Diskurs
30↑ Plutarch: »Plutarch: (griechisch: Πλούταρχος, lateinisch: Plutarchus; *
um 45 in »Chaironeia;
† um 125) griechischer Schriftsteller und Verfasser zahlreicher
biographischer und philosophischer Schriften; in seinen
Parallelbiographien stellt er jeweils die Lebensbeschreibung eines
Griechen und eines Römers vergleichend einander gegenüber, was u. a. die
Gleichwertigkeit griechischer und römischer Kultur beweisen soll
31↑»Solon: (griech. Σόλων (* wohl um 640 v. Chr. in Athen, † vermutlich
um 560 v. Chr.), griechischer Lyriker und athenischer Staatsmann; führt
ihn Athen Reformen durch und gibt Athen dabei eine neue Verfassung
(Solonische Reformen)
32↑ sagenhafter Gründer Roms:
nach der Sage von »Romulus
am 21. April 753 v. Chr. gegründet; dabei bringt er seinen
Zwillingsbruder »Remus
um, als sich dieser über die von Romulus errichtete Stadtmauer lustig
macht; Romulus und Remus der Sage nach Kinder des »Mars
mit der »Vestalin
»Rhea
Silvia; der Sage nach werden die Zwillinge auf dem »Tiber
ausgesetzt, von einer Wölfin gesäugt und dann von dem Hirten Faustulus
am Velabrum unterhalb des »Palatin
gefunden und aufgezogen.
33↑
»Gaius Julius Caesar (100 v. Chr. in Rom; † 15. März 44 v. Chr. in
Rom), römischer Staatsmann, Feldherr und Autor; entstammt der
Patrizierfamilie der »Julier;
nach Absolvierung der Ämterlaufbahn Bündnis mit dem reichen »Marcus
Licinius Crassus und dem erfolgreichen Militär »Gnaeus
Pompeius Magnus im Jahr 59 v. Chr. und Konsulat; dann »Proconsul
in den nördlichen Provinzen Illyrien und Gallia Cis- und Transalpina;
von dort aus Eroberung ganz Gallien bis zum Rhein in den Jahren 58–51 v.
Chr.; setzt sich im anschließenden römischen Bürgerkrieg (49–45 v.
Chr.), gegen seinen ehemaligen Verbündeten Pompeius und dessen Anhänger
durch und führt als Alleinherrscher das Ende der römischen Republik
herbei; Tod durch ein Attentat nach seiner Ernennung zum Diktator auf
Lebenszeit; Name Caeasr wird danach zum Bestandteil des Titels aller
nachfolgenden Herrscher des römischen Kaiserreichs. In der römischen »Spätantike
und im »Byzantinischen
Reich bezeichnete der »Titel
„Caesar“ einen Mitherrscher. In den entlehnten Formen Kaiser und Zar
wurde der Name später auch zum Titel der Herrscher des »Heiligen
Römischen, des Bulgarischen und des Russischen Reiches.
34↑ Triumvirn: Mitglieder
eines »Triumvirats,
einer Dreimännerherrschaft im antiken Rom; 1. Triumvirat: inoffizielles
Bündnis zwischen »Gaius
Iulius Caesar, »Gnaeus
Pompeius Magnus und »Marcus
Licinius Crassus um 60 v. Chr., das 56 v. Chr. erneuert wird; 2.
Triumvirat: zur Sicherung des Erbes von Caesar nach dessen Ermordung von
zwischen »Octavian,
»Marcus
Antonius und »Marcus
Aemilius Lepidus 43 v. Chr. auf fünf Jahre geschlossenes Bündnis;
35↑ stilisiert:
vereinfacht
36↑ Redner der französischen
Revolution: dazu zählen u. a. »Georges
Danton (1759-1794), »Camille
Desmoulins (1760-1794), »Jean-Paul
Marat (1743-1793), »Maximilien
Robespierre (1758-1794), »Jaques-Renè
Hebért (1757-1794), »Emmanuel
Joseph Sieyès (1748-1836, Abbè Sieyès)
37↑
»Napoléon
Bonaparte (1769-1821): (als Kaiser von Frankreich: Napoleon I.;
aus korsischer Familie stammend während der »französischen
Revolution Karriere in der Armee (General); große Popularität durch
seine Feldzüge in Italien und in Ägypten; als politischer
Hoffnungsträger Durchführung des »Staatsstreichs
vom 18. Brumaire und damit Machtübernahme in Frankreich; von 1799
bis 1804 als Erster Konsul der »Französischen
Republik und anschließend bis 1814 »Kaiser
der Franzosen; halbdiktatorisches Regime mit »plebiszitären
Elementen vor; erobert in mehreren Feldzügen große Teile des
kontinentalen Europas, nach Niederlage in seinem Feldzug gegen Russland
(»Schlacht
an der Beresina (26. bis 28. November 1812)gestürzt und auf die
Mittelmeerinsel »Elba
verbannt; von dort für »hundert
Tage zurück an die Macht und in der »Schlacht
bei Waterloo (Belgien) (18.6.1815) endgültig besiegt; danach bis zu
seinem Lebensende auf die Südatlantikinsel »St.
Helena verbannt.
38↑
»Johann
Wolfgang von Goethe (1749-1832)
(→):
geadelt 1782
Dichter, Dramatiker, Theaterleiter, Naturwissenschaftler,
Kunsttheoretiker und Staatsmann einer der bekanntesten Vertreter der
Literaturepoche
(Weimarer) Klassik.
39↑ Götz: »"Götz
von Berlichingen mit der eisernen Hand" (1773); ein Schauspiel in
fünf Aufzügen von »Johann
Wolfgang von Goethe (vgl.
Anm. 38);
40↑ Werther: »"Die
Leiden des jungen Werthers" (1774);
Briefroman von »Johann
Wolfgang von Goethe (vgl.
Anm. 38); darin
erzählt der junge Rechtspraktikant Werther bis zu seinem Freitod über
seine unglückliche Liebe zu der anderweitig verlobten "Lotte"; zweiter
großer Erfolg Goethes nach seinem »Sturm
und Drang-Drama »Götz
von Berlichingen (1773) vgl.
Anm. 39);
Erstausgabe im Herbst 1774 zur »Leipziger
Buchmesse und schnell Bestseller, der Goethe berühmt macht;
überarbeitete Fassung 1787.
41↑
»Johann
Anton Leisewitz (1752-1806): deutscher Schriftsteller und Jurist;
1770-74 Jurastudium in Göttingen, dort 1774 Mitglied des »Göttinger
Hainbundes; danach Jurist in Braunschweig; sein Trauerspiel "Julius
von Tarent" (1776) findet die Anerkennung
»Gotthold
Ephraim Lessings (1729-1781) (vgl.
Anm. 14), macht
ihn als Autor bekannt und gilt noch als eines der
bedeutendsten Theaterstücke
Literaturepoche des
Sturm und Drang (1760-1785); 1801 Geheimer Justizrat und ab 1805
Präsident das Obersanitätskollegium; nach seinem Tode Vernichtung
seines gesamten literarischen Nachlasses (Testamentsverfügung) ▲Werke
von Johann Anton Leisewitz bei
Zeno.org
42↑
»Friedrich
Maximilian Klinger (1752-1831): deutscher Dichter und Dramatiker;
sein Drama "Sturm
und Drang" (1776) wurde namensgebend für eine ganze
Literaturepoche des
Sturm und Drang (1760-1785); zweites Kind des aus dem Odenwald
stammenden Bauernsohnes Johannes Klinger; Vater stirbt früh; Besuch des
Gymnasiums in Frankfurt, dort frühzeitig Kontakt mit »Johann
Wolfgang von Goethe (vgl.
Anm. 38), »Heinrich
Leopold Wagner (vgl.
Anm. 43) und »Jakob
Michael Reinhold Lenz (vgl.
Anm. 44), weitere
bedeutende Werke der Sturm und Drang-Periode sind "Zwillinge"
(Trauerspiel in fünf Aufzügen,1776) und "Simsone und Grisaldo"
(Schauspiel, 1776); in seinen Werken knüpfte er an dramaturgische
Eigenheiten
»William Shakespeares
(vgl. Anm. 19)
und an philosophische Ansichten
»Jean-Jacques Rousseaus (vgl.
Anm. 27) an;
Sie beinhalten sowohl gesellschaftskritische als auch starke
gefühlsorientierte Momente; ▲Werke
von Friedrich Maximilian Klinger bei
Zeno.org
43↑
Heinrich Leopold Wagner (1747-1779): deutscher Schriftsteller der
Literaturepoche des
Sturm und Drang (1760-1785); Sohn eines Kaufmanns; Jurastudium in
Straßburg; ab 1773 Hofmeister (Privatlehrer und Erzieher) in
Saarbrücken; von 1776 an Anwalt in Frankfurt; Kontakte zu mehreren
bedeutenden Schriftstellern des
Sturm und Drang wie z. B. zu »Johann
Wolfgang von Goethe (1749–1832) (vgl.
Anm. 38), »Friedrich
Maximilian Klinger (1752–1831) (vgl.
Anm. 42), »Jakob
Michael Reinhold Lenz (1751–1792) (vgl.
Anm. 44), »Christoph
Kaufmann (1753–1795), »Christian
Friedrich Daniel Schubart (1739–1791) und Johann Friedrich Müller, »Maler
Müller genannt, (1749–1825); wichtigstes Werk ist das erschienene »bürgerliche
Trauerspiel
"Die
Kindermörderin" (1776) ein sozialkritisches Drama des des
Sturm und Drang (1760-1785); überarbeitet 1957 von »Peter
Hacks . ▲Werke
von Heinrich Leopold Wagner bei
Zeno.org
44↑
»Jakob
Michael Reinhold Lenz (1751–1792): deutscher Schriftsteller der
Literaturepoche des
Sturm und Drang; (1760-1785) Sohn eines pietistischen Pfarrers (vgl.
Anm. 7)
1768-1770 Theologiestudium zunächst in Dorpat und dann in »Königsberg,
wo er auch Vorlesungen von »Immanuel
Kant (1724-1804) hört und Schriften
»Jean-Jacques Rousseaus (1712-1778) (vgl.
Anm. 27) liest;
erste eigenständige Buchveröffentlichung, das Langgedicht "Die
Landplagen" (1769); nach Abbruch des Studiums in Straßburg Kontakt zu
dem Juristen und Popularphilosophen »Johann
Daniel Salzmann (1722-1812) und seinem dintellektuelle Zirkeln der »Société
de philosophie et de belles lettres, in dem auch der junge »Johann
Wolfgang von Goethe (1749–1832) (vgl.
Anm. 38)
verkehrte; weitere Bekanntschaften mit dem Augenarzt und Schriftsteller
»Johann
Heinrich Jung-Stilling (1740-1817) und über Goethe Kontakt zu dem
deutschen Dichter und Geschichts- und Kultur-Philosophen der »Weimarer
Klassik »Johann
Gottfried Herder (1744-1803) und dem Schweizer Pfarrer, Philosoph
und Schriftsteller »Johann
Kaspar Lavater (1741-1801), mit denen er korrespondierte; verliebt
sich unglücklich in »Friederike
Brion (1752-1813), die ehemalige Geliebte Goethes; lebt ab
1774 als »freier
Schriftsteller;
bekannteste Werke: »"Der
Hofmeister, oder Vorteile der Privaterziehung. Eine Komödie" (Drama,
1774); »Die
Soldaten. Eine Komödie (Drama, 1776) ▲Werke
von Jakob Michael Reinhold Lenz bei
Zeno.org
45↑ exaltiert: aufgeregt, überspannt
46↑ Romantiker: Autoren und Dichter der
Literaturepoche »Romantik
(1795-1848)
(Quelle der Wort- und Sacherklärungen überwiegend
mit Hilfe von
www.wikipedia.de - mit "»" gekennzeichnete
Begriffe verweisen auf die entsprechenden Seiten der Internet-Enzyklopädie.) |
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