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Schiller, Die Räuber - Fassungen

Der unterdrückte Bogen B

1781

 
 
 

Noch während die Erstausgabe seines Dramas "Die Räuber" gedruckt wird, nimmt Friedrich Schiller noch einmal Veränderungen an seinem Werk vor. Er zieht den schon gesetzten zweiten Textbogen zurück und tauscht ihn aus. Der nachfolgende Auszug zeigt entsprechende Überarbeitungen:

Die unterdrückte Fassung des zurückgezogenen Bogens B - 1781 Die endgültige "Schauspiel"fassung 1781
"Oder stikt es vielleicht im Resultat dieses Aktus, das doch nichts als blinde Folge, eiserne Nothwendigkeit, die man oft so gern wegwünschte, wenn es nicht auf Unkosten von Fleisch und Blut geschehen müßte? Soll ich ihm vielleicht darum gute Worte geben, daß er mich ernährte? Das thut auch jedes Thier - daß er mich erzog? Das ist er als Weltbürger verbunden! Daß er mich liebt? Das ist eine Eitelkeit von ihm, die Schooß-Sünde aller Künstler, die sie in ihrem Werke bewundern, wär es auch noch so häßlich - Sehet also, das ist die ganze Hexerey, die ihr in einen religiösen Nebel hüllet, unsere Furchtsamkeit zu mißbrauchen. Soll auch ich mich dadurch ins Bocjshorn jagen lassen? - Seichte Träumer mögen sich an der Schaale mästen, mögen in den Vorhöfen der Wahrheit niedersitzen, höhere Geister dringen auf den Kern und die Quelle.
Nun also, mutig ans Werk. Ich will alles um mich her ausrotten, was mich einschränkt, daß ich nicht Herr bin. Herr muß ich seyn, daß ich das mit Gewalt ertrotze, wozu mir die Liebenswürdigkeit gebricht. Ab ins Nebenzimmer.
Wo steckt denn nun das Heilige? Etwa im Actus selber, durch den ich entstund? - Als wenn dieser etwas mehr wäre, als viehischer Prozess zur Stillung viehischer Begierden? Oder steckt es vielleicht im Resultat dieses Actus, das doch nichts ist, als eiserne Notwendigkeit, die man so gern wegwünschte, wenns nicht auf Unkosten von Fleisch und Blut geschehen müsste? Soll ich ihm etwa darum gute Worte geben, dass er mich liebt? Das ist eine Eitelkeit von ihm, die Schoßsünde aller Künstler, die sich in ihrem Werk kokettieren, wär es auch noch so hässlich. - Sehet also, das ist die ganze Hexerei, die ihr in einen heiligen Nebel verschleiert, unsre Furchtsamkeit zu missbrauchen. Soll auch ich mich dadurch gängeln lassen, wie einen Knaben? Frisch also! mutig ans Werk! - Ich will alles um mich her ausrotten, was mich einschränkt, dass ich nicht Herr bin. Herr muss ich sein, dass ich das mit Gewalt ertrotze, wozu mir die Liebenswürdigkeit gebricht. (Ab.)

(Auszug aus der unterdrückten Fassung, in: Grawe 1976/2002, S.75

Der  "unterdrückte Bogen B" stellt eine Gestaltungsstufe vor der endgültigen "Schauspiel"fassung dar. Möglicherweise hat Schiller damit auch auf Anregungen und Hinweise des Mannheimer Verlegers Christian Friedrich Schwan (1733-1815) reagiert, der aus künstlerischen, aber wohl mehr aus Rücksichtnahme auf das Publikum, nach Übersendung der ersten Bogen durch Schiller eine Veröffentlichung des Werkes in dieser Form ablehnt. Gemeinhin werden für die Umarbeitungen, die Schiller in Szene I,1 und I,2 vorgenommen hat, aber künstlerische Gründe geltend gemacht, die den Text straffen. Aber, wie Michael Hofmann (2003, S. 39) betont, ist "auch eine Entschärfung durch Zurücknahme einiger Spiegelberg-Passagen" erkennbar. (vgl. u. a.  Grawe 1976/2002, S.7 Hofmann 2003, S. 39, Sautermeister 2005, S. 1)

 
     
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