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Friedrich Schillers
Drama "Die
Räuber" liegt in mehreren
Fassungen vor, die
verschiedene Bearbeitungsphasen und -prozesse abbilden, die Schiller in
der Auseinandersetzung mit seinem Werk durchlaufen hat. Noch
während die Erstausgabe gedruckt wird, nimmt Schiller noch einmal
Veränderungen an seinem Werk vor. Er zieht den schon gesetzten zweiten
Textbogen zurück und tauscht ihn aus. Für die Veränderungen werden
hauptsächlich künstlerische Erwägungen Schillers verantwortlich
gemacht. (vgl. u. a.
Grawe
1976/2002, S.74
Hofmann 2003, S. 39, Sautermeister
2005, S. 1)
Die unterdrückte Fassung des
zurückgezogenen Bogens B - 1781 |
Die endgültige "Schauspiel"fassung 1781 |
"Oder stikt es vielleicht im
Resultat dieses Aktus, das doch nichts als blinde Folge, eiserne
Nothwendigkeit, die man oft so gern wegwünschte, wenn es nicht
auf Unkosten von Fleisch und Blut geschehen müßte? Soll ich ihm
vielleicht darum gute Worte geben, daß er mich ernährte? Das
thut auch jedes Thier - daß er mich erzog? Das ist er als
Weltbürger verbunden! Daß er mich liebt? Das ist eine Eitelkeit
von ihm, die Schooß-Sünde aller Künstler, die sie in ihrem Werke
bewundern, wär es auch noch so häßlich - Sehet also, das ist die
ganze Hexerey, die ihr in einen religiösen Nebel hüllet, unsere
Furchtsamkeit zu mißbrauchen. Soll auch ich mich dadurch ins
Bocjshorn jagen lassen? - Seichte Träumer mögen sich an der
Schaale mästen, mögen in den Vorhöfen der Wahrheit niedersitzen,
höhere Geister dringen auf den Kern und die Quelle.
Nun also, mutig ans Werk. Ich will alles um mich her ausrotten,
was mich einschränkt, daß ich nicht Herr bin. Herr muß ich seyn,
daß ich das mit Gewalt ertrotze, wozu mir die Liebenswürdigkeit
gebricht. Ab ins Nebenzimmer. |
Wo steckt denn nun das Heilige? Etwa im Actus selber, durch den ich
entstund? - Als wenn dieser etwas mehr wäre, als viehischer Prozess zur
Stillung viehischer Begierden? Oder steckt es vielleicht im Resultat
dieses Actus, das doch nichts ist, als eiserne Notwendigkeit, die man so
gern wegwünschte, wenns nicht auf Unkosten von Fleisch und Blut geschehen
müsste? Soll ich ihm etwa darum gute Worte geben, dass er mich liebt? Das
ist eine Eitelkeit von ihm, die Schoßsünde aller Künstler, die sich in
ihrem Werk kokettieren, wär es auch noch so hässlich. - Sehet also, das
ist die ganze Hexerei, die ihr in einen heiligen Nebel verschleiert, unsre
Furchtsamkeit zu missbrauchen. Soll auch ich mich dadurch gängeln lassen,
wie einen Knaben? Frisch also! mutig ans Werk! - Ich will alles um mich
her ausrotten, was mich einschränkt, dass ich nicht Herr bin. Herr muss
ich sein, dass ich das mit Gewalt ertrotze, wozu mir die Liebenswürdigkeit
gebricht. (Ab.) |
(Auszug aus der unterdrückten Fassung, in:
Grawe
1976/2002, S.75)
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