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Textauswahl zu den verschiedenen Fassungen

VII,2* - Mannheimer Soufflierbuch 1781/82

Friedrich Schiller (1759-1805): Die Räuber

 
FAChbereich Deutsch
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Die Textversion folgt der des • Mannheimer Soufflierbuchs, der Bearbeitung von • Friedrich Schillers Drama "Die Räuber" durch • Wolfgang Heribert Freiherr von Dalberg (1750 - 1806), dem Intendanten des Mannheimer Theaters, das für die Inszenierung der Uraufführung des Stückes am 13.1.1782 am Theater in Mannheim verwendet worden ist.

Als die "Räuber" an diesem mit dem jungen Iffland in der Rolle des Franz Moor in seinem Theater in Mannheim uraufgeführt werden, hat sich Dalberg durchgesetzt und dazu eigenmächtig weitere Änderungen, meistens bühnentechnisch oder durch Theaterkonventionen wie dem Wechsel des Bühnenbildes bedingte (Schmidt 1959, S.173), vorgenommen.

Nicht nur die Handlung ist in die Vergangenheit zurückverlegt, sondern "aus fünf Akten werden sieben Handlungen, [...] die lyrischen Einlagen fehlen; der Pater im 2. Akt wird in eine 'Magistratsperson' umgewandelt; Pastor Moser (wird) im 5. Akt (...) gestrichen; Franz will Hermann zum Mord an Karl überreden, aber Herrmann lehnt sich auf und bedroht Franz schließlich mit der Pistole; Franz begeht nicht Selbstmord, sondern wird von der Bande gerichtet; Amalia wird nicht von Karl erstochen, sondern tötet sich selbst." (Grawe 1976/2002, S.81f.)  Manche dieser Änderungen dürfen freilich nicht allein dem Publikumsgeschmack, sondern auch den herrschenden Zensurregeln geschuldet gewesen sein, die z. B. auch keine geistlichen Personen auf der Bühne duldeten.

Was die Rechtschreibung der Handschrift anbelangt, so ist sie nach Schulz (1959, S. 28f.) "ziemlich uneinheitlich, woran zweifellos der Umstand Schuld trägt, dass 4 individuell verschiedene Schreibgewohnheiten zusammentreffen: Schiller nebst seinem 'nach Gewohnheit aller beßerwissenwollender Schreiber die orthographie oft erbärmlich mißhandelnden' Kopist in der Vorlage, sodann in deren Überarbeitung und Abschrift Dalberg und Trinkle. Infolgedessen kann es kaum wundernehmen, dass die Hs. weder von grammatikalischen Fehler noch von textlichen Irrtümern frei ist. Andererseits darf sie aber durchaus dafür belobt werden, an manchen Stellen den Wortlaut und die Interpunktion der von Schiller gewollten Fassung treuer als die Drucke bewahrt zu haben."

Die sechste und die" siebende" (= 7.) Handlung der Fassung des Mannheimer Soufflierbuchs stellen zusammen so etwas wie einen fünften Akt dar und enthalten die meisten Änderungen gegenüber der  • Schauspielfassung (Erstausgabe 1781). Die siebende Handlung enthält drei Szenen, von denen hier die zweite Szene wiedergegeben wird.

"Szene 2.

Schweizer voran. Ein Zug der Räuber. Franz v. Moor in der Mitten kettenschleifend. Grimm, Kosinski. Räuber. Herman

SCHWEIZER
Triumpf, Hauptman! Hier ist der Bube! Meine Ehre ist gelößt.

GRIMM
Gerissen aus den Flammen seines Schlosses - Seine Vasallen geflohen -

KOSINSKI
Sein Schloß hinter ihm in Asche - versunken seines Namens Gedaächtniß. (Es erfolgt eine grauenvolle Pause auf dem Schauplaze)

R. MOOR
(Tritt langsam hervor. Zu Franz, mit dumpfer gelassener Stimme) Kennst du mich?

FRANZ
(steht, den Blick in den Boden gewurzelt, keine Antwort)

R. MOOR
(täumelt durchdonnert zurük) Zermalmet mich, Donner des Himmels! mein Vater!

D. A. MOOR
(Wendet sich bebend ab) Geh - Gott vergebe dir - ich vergesse -

R. MOOR
(fürchterlich streng) Und mein Fluch hänge sich 1000pfündig an diese Bitte, und lähme ihren Flug zum Erhörer! Kennst du diesen Thurm?

FRANZ
(heftig zu Herman) Was, Ungeheuer! Biß zu diesem Thurm verfolgte dein Familien-Haß meinen Vater?

HERMAN
Bravo! bravo! SO ist doch kein Teufel so lüderlich, seinen Vasallen in der letzten Lüge zu verlassen.

R. MOOR
Genug. Diesen Alten führt tiefer in den Wald. Zu dem, was ich itzt thun werde, bedarf ich keiner Vaterthränen.
(Sie führen den Alten, der wie betaubt ist, vom Schauplatz ab)

R. MOOR
Näher, Banditen! (Sie formieren einen halben Mond um die beiden, und hängen schauernd über ihren Flinten) Nun keinen Laut weiter - So wahr ich Vergebung der Sünden hoffe! Dem ersten, der nur die Zunge rührt, eh ichs befehle, kracht diese gezogene Pistole - Stille!

FRANZ
(zu Herman im Ausbruch der äussersten Wuth) Ha, Schandbube! daß ich nicht all mein Gift in diesem Schaume auf dein Angesicht geifern kan! - Oh es ist bitter! (weinend in die Ketten beissend)

R. MOOR
(In Majestätischer Stellung) Ein Bevollmächtigter des Weltgerichts steh ich da - einen Rechtsbandel will ich schlichten, den kein Reiner schlichet - Sünder sitzen zu Gerichte - Ich, der grösste obenan ! Dolche seyen die Loose - wer neben diesem nicht rein steht, wie ein Heiliger, trete ab. vom Gerichte, und zerbreche seinen Dolche - laßt fallen!
(Die Räuber werfen alle ihre Dolche unzerbrochen auf die Erde) Sei stolz! du hast heute Missethäter zu Englen gemacht! - Noch einen Dolch vermißt ihr? (Er zieht den seinigen. Pause) Seine Mutter war auch meine Mutter. (zu Schweizer und Kosinski) Richtet ihr! - (Er zerbricht seinen Dolch)

FRANZ
(Springt Karln in die Arme) Rette mich von den Klauen der Mordbrenner! Rette mich, Bruder!

R. MOOR
(Sehr ernst) Du hast mich zu ihrem Fürsten gemacht! -

FRANZ
(fährt erschroken zurük)

R. MOOR
Wirst du mich noch bitten? (trit edel zu Ihm und mit Schmerz) Sohn meines Vaters, du hast mir meinen Himmel gestohlen, diese Sünde sei dir genommen. Ich vergebe dir, Bruder - (Er umarmt ihn) Richtet ihr! (Eilt ab)

SCHWEIZER
Bin ich doch grau worden in Auftritten des Jammers, und soll nun zum Bettler verarmen an diesem? Frevelte er nicht an diesem Thurme? richten wir nicht an diesem Thurme-? Dort verfaul er lebendig. Hinunter mit ihm!

ALLE RÄUBER
(Bestimmend mit Getöse, auf Franz zustürmend) Hinunter! hinunter! (Franz wird zum Thurme geschleptt und hinabgegossen. Die Räuber gehen zurük)

R. MOOR
(kommt nachdenkend zurük) Es ist vollbracht! Lenker der Dinge, habe Dank! Es ist vollendet! (Er verweilt über einem grossen gedanken) - Wenn dieser Thurm wäre das Ziel gewesen, zu dem mich führtest auf blutvollen Weegen? - wenn ich darum das Haupt der Sünder bin worden? - - Ewige Vorsicht! Hier schaudre ich, und bethe an! - Wohl, ich vertraue dir, und mach Feyerabend am ziele - In seiner schönsten Schlacht, fällt der Sieger so schön - In diesem Abendroth will ich erlöschen! Laßt mir den Vater kommen!
(Einige Räuber bringen d. a. Moor geführt)

D. A. MOOR
Wohin wollt ihr mit mir? wo ist mein Sohn?

R. MOOR
(Mit Würde und Gelassenheit Ihm entgegen) Planet und Sandkorn haben ihren gemessenen Plaz in der Schöpfung. - Auch dein Sohn hat den seinen - Sei ruhig, und setz dich nieder.

D. A. MOOR
(Bricht in Thränen aus) Kein Kind mehr? Kein Kind mehr?

R. MOOR
Sei ruhig, und setz dich nieder.

D. A. MOOR
O, der gutherzigen Barbarn! aus dem Thurme reissen sie einen sterbenden Greisen ihn zu grüssen: deine Kinder sind geschlachtet! O ich bitte euch, vollendet eure Barmherzigkeit, und stoßt mich wieder hinunter!

R. MOOR
(Ergreift seine Hand mit Heftigkeit, und hält sie mit Wärme gen Himmel) Lästre nicht, alter Mann! Lästre den Gott nicht, vor dem ich heute freudiger bethe. Schlimmere alß du bist haben Ihn heute von Angesicht zu Angesicht gesehen.

D. A. MOOR
(scharf) Und würgen gelernt!

R. MOOR
60jähriger! kein solch Wort mehr. (sanfter und mit Schmerz) Wenn seine Gottheit selbst die Sünder erwärmt, sollen die Heilige sie zurükstossen? Und wo würdest du Worte finden ihm Abbitte zu thun, wenn er dir heut einen Sohn getauft hätte?

D. A. MOOR
(Bitter) Tauft man heute mit Blut?

R. MOOR
(Stuzzend) Wie sagst du? Redet dann auch Verzweiflung die Wahrheit? - Ja, alter Mann, auch mit Blut kan die Vorsicht taufen - Mit Blut hat sie dir heute getauft - ihre Weege seltsam und fürchterlich - aber Freudenthränen am Ziele.

D. A. MOOR
Wo werd ich sie weinen?

R. MOOR
(der Ihm in die Arme stürzt) Am Herzen deines Karls! (große Pause)

D. A. MOOR
(Aufstehend über Ihn) Nimm mein Leben zum Dankopfer, o Himmel! - Auch ich kan noch glücklich seyn - Ich verzweifelte an deinem Strale, und bin nun ein Greiß worden in Wollust. - (Im Ausbruch der höchsten Freude) Mein Karl lebt!

R. MOOR
Dein Karl lebt! - Dir vorausgeschikt, zum Retter, zum Rächer! (auf den Thurm zeigend) So lohnte dir dein begünstigter Sohn! - (er drüket Ihn mit Wärme an die Brust) So rächet sich dein verlorner Sohn!
(Etliche Räuber kommen zurük)

GRIMM
Volk im Wald! Stimmen!

R. MOOR
(Fährt auf) Ruft die andern! - (die Räuber ab. Mit sich selber) Es ist Zeit, mein Herz! Den Wollustbecher vom Munde, ehe er vergiftet.

D. A. MOOR
Sind diese Männer deine Freunde? Fast fürchte ich ihre Blike.

R. MOOR
Alles, mein Vater! - dieses frage mich nicht.

(aus: Stubenrauch/Schulz (Hg.) 1959, 125-129)

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 30.10.2023

    
   Arbeitsanregungen:
  1. Vergleichen Sie das Ende des Dramas in der Bühnenfassung des Mannheimer Soufflierbuchs mit der Schauspielfassung des Dramas.

  2. Welche Gründe haben • Wolfgang Heribert Freiherr von Dalberg (1750 - 1806) wohl zu diesen Änderungen veranlasst?

 
   
 

 
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