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Stoffgeschichte

Schubarts Erzählung "Zur Geschichte des menschlichen Herzens"

Friedrich Schiller (1759-1805): Die Räuber

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Friedrich Schiller Biographie
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Text: Schubart, Christian Friedrich Daniel: Zur Geschichte des menschlichen Herzens (1775)
Cervantes, Miguel de: Von dem, was dem Ritter Don Quijote begegnete (Auszüge) (1605)

Gleichnis vom verlorenen Sohn (Bibel)

Friedrich Wilhelm von Hoven, Schillers bester Freund während seiner Zeit auf der • Karlsschule Herzog • Carl Eugens von Württemberg, macht Schiller wohl im Herbst 1777 auf die Erzählung •"Zur Geschichte des menschlichen Herzens" von • Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791) aufmerksam, die dieser 1775 in der Januarausgabe des von Balthasar Haug (1731-1792) herausgegebenen »"Schwäbischen Magazins“ veröffentlicht hatte. Die anekdotische Erzählung des schwäbischen Dichters gehört damit zu den wesentlichen Elementen der • Stoffgeschichte von Friedrich Schillers Drama "Die Räuber".

Schubarts Anekdote ist in einen Beitrag im Schwäbischen Magazin eingebettet, der die Geschichte der darin erzählten ungleichen Brüder am Anfang und Ende einrahmt. Die Äußerungen und Kommentare, die am Anfang und Ende stehen, können dabei wohl als unmittelbare Meinungsäußerungen des Autors verstanden werden, mit denen er zu zeitgenössischen Problemen der Literatur in Deutschland Stellung bezieht und auf die Meinungsbildung seiner Leser unmittelbar einwirken will. Zugleich lenkt er damit die Rezeption der Anekdote, die den Mittelpunkt des gesamten Textes darstellt.

So räsoniert Schubart im diskursiv und argumentativ angelegten ersten Teil des Textes über den im französischen und britischen Ausland verbreiteten Eindruck, dass ein Deutscher ohne Anzeichen jeder Leidenschaft, geradezu mechanisch, sein Leben führe. Dabei lehnt er doch entschieden ab, daraus ein Element des Nationalcharakters der Deutschen zu konstruieren.

Stattdessen erkläre sich die gering ausgeprägte Leidenschaftlichkeit der Deutschen aus den repressiven politischen Verhältnissen, dem Fehlen persönlicher Freiheit und von Meinungsfreiheit.
Die Anekdote, deren Inhalt, wie er am Ende, versichern will, "aus den glaubwürdigsten Zeugnissen zusammengeflossen“ sei, beweise indessen, dass es auch in deutschen Landen Stoffe gebe, die "in die Tiefen des menschlichen Herzens" hinabblicken ließen. Mit Hilfe solcher Erzählungen und Stoffe entstehe, wenn sie denn einmal gesammelt seien, schließlich eine Vorstellung von einem authentischen deutschen Nationalcharakter. Dies vor allem, wie Schubart im Hinblick auf die Erzählung betont, weil sich diese "mitten unter uns" zugetragen hätten.

Solche Stoffe, so fordert er weiter, müssten sich die deutschen Schriftsteller und Philosophen zu eigen machen, ein "Genie“ könne aus der Geschichte der ungleichen Brüder ein dramatisches oder episches Werk schaffen, dessen raum-gesellschaftliches Bezugssystem Deutschland und die deutschen Verhältnisse bleiben müsse. Dabei verwehrt er sich ausdrücklich gegen eine triviale, nur an der Oberfläche der Fabel (plot) orientierte Bearbeitung der Anekdote. Stattdessen fordert neben der Bereitschaft, sich darauf einzulassen, einen klaren, philosophisch-analytischen Blick für die Motive menschlichen Handelns und seine Facetten, um  "die Rechte des offenen Herzens“ durchzusetzen und zu behaupten.


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In der Anekdote wird die Geschichte eines Landedelmanns mit zwei sehr unterschiedlichen Söhnen erzählt. Wilhelm, der ältere der beiden, ist fromm und streng gegen sich selbst, gehorsam gegenüber dem Vater und steht unter dem Einfluss eines menschenfeindlich eingestellten Ordnungsfanatikers, der ihn als Hofmeister unterrichtet und erzieht. Carl, der zweitgeborene Sohn, in nahezu allem das Gegenteil seines Bruders, ein offener unverstellter Charakter mit allerlei Flausen im Kopf, spontan und lebenslustig, aber ohne größeren Ehrgeiz, zeigt auch im Gymnasium und an der Universität, dass er dem Lebensgenuss mit ausgiebig Alkohohl und diversen Liebschaften größere Bedeutung als ernsthaften Studien gibt. Als sein Bruder dem Vater, der seinen Sohn deshalb mehrfach ermahnt, mitteilt, dass Carl hohe Schulden angehäuft, sich duelliert hat und deshalb Hals über Kopf aus der Universität geflüchtet ist, wird er von diesem verstoßen. Carl lässt sich daraufhin von preußischen Truppen anwerben, entscheidet sich aber nach einer Verwundung, sein Leben zu ändern und den Vater um Vergebung zu bitten. Sein Brief wird allerdings von seinem Bruder Wilhelm abgefangen, der dem Vater stattdessen einen gefälschten Brief unterschiebt. Da Carl keine Antwort von seinem Vater erhält, beginnt er nach Auflösung seines Regiment unweit des Vaterhauses als Bauernknecht zu arbeiten, wo er als der "gute Hans" auf dem Hof wie dem Dorf große Anerkennung erfährt. Sogar von seinem Vater, mit dem er öfter spricht, ohne von diesem erkannt zu werden, erhält er Lob. Eines Tages wird Carl beim Holzfällen im Wald Zeuge eines Mordversuchs an seinem Vater. Er kann ihn vor dem Tode bewahren und erfährt von einem der gedungenen Mörder, dass Wilhelm der Auftraggeber der Mordtat gewesen ist. Als er das seinem Vater mitteilt, stimmt dieser die Klage an, dass er nunmehr wahrscheinlich keinen Sohn mehr habe, da Carl, dem er nun nachtrauert, möglicherweise auch schon to sei. In dieser Situation gibt sich Carl seinem Vater zu erkennen und beteuert dabei noch einmal seine Reue. Erleichtert und froh schließt der Vater Carl in die Arme und erklärt ihn zu seinem Erben. Auf Carls Bitte hin, seinem Bruder zu verzeihen, verzichtet der Vater, Wilhelm der Justiz zu übergeben, und ordnet lediglich an, dass dieser, aus seiner seiner Nähe verbannt, künftig von dem zu leben habe, was ihm Carl zuzuteilen beliebe. Carl teilt diese Entscheidung seinem Bruder ohne weitere Vorwürfe mit. Finanziell von Carl versorgt, verlässt Franz ziemlich reuelos mit seinem Hofmeister das väterliche Schloss und lässt sich irgendwo in einer Stadt nieder. Carl und sein alternder Vater leben aber fortan ihr Leben in einer harmonischen und glücklichen Beziehung zueinander.

Schiller verändert viel an der Vorlage, übernimmt aber auch wesentliche Elemente der Schubartschen Erzählung.

Wie Schubart nimmt er eine gleichartige Gewichtung und Profilierung der beiden ungleichen Brüder vor, von denen der eine der verbitterte, von Pflichterfüllung zerfressene Bösewicht, der andere ein der "Sinnlichkeit" zugewandter, von seinen Leidenschaften und Spontaneität geprägter "Gutmensch" ist.

Er ändert er aber auch einzelne Elemente der Handlung (des Plots) so ab, dass sie Motive der handelnden Personen klarer hervortreten lassen. Hierzu zählt vor allem die Tatsache, dass Schiller die Figur des Wilhelm verändert. So macht er den bei Schubart Erstgeborenen zum Zweigeborenen, der neben seiner erbrechtlichen Zurücksetzung auch noch die von Kind an ihn tief verletzende Vernachlässigung durch den eigenen Vater zu erdulden hat und dazu noch unter Minderwertigkeitsgefühlen leidet wegen seiner Hässlichkeit. Während Schillers Carl nach seiner vermeintlichen Zurückweisung durch seinen Vater, die ganze Menschheit seinen "Universalhaß" spüren lassen will, schließt sich Schubarts Carl in dieser Situation als Söldner preußischen Truppen an und überwindet in Anbetracht des Kriegselends, das er auch durch seine eigene Verwundung am eigenen Leib spüren muss, seine Enttäuschung und findet zur Reue zurück. Und selbst seine Geschichte als "guter Hans", mit der er seine Schuld gegenüber dem Vater klaglos verarbeitet, zeigt dass er sich selbst verändern und damit vielleicht eines guten Tages die Versöhnung mit dem Vater erreichen will. Und auch seine Fürbitte für den Mord am Vater in Auftrag gebenden Bruder beim eigenen Vater, sowie die "einvernehmlichen" Regelungen mit Vater und Bruder am Ende, hat für Schiller keine dramatische bzw. tragische Qualität. Das "Gutmensch-Schema" des Schubartschen Carl lässt Schiller weit hinter sich.

 Insgesamt gesehen machen die Veränderungen, die Schiller an der Schubartschen Vorlage vorgenommen hat, diese "eher noch handfester und nähern sie stark der Moritat an. Er hat indessen nicht nur gesteigert und verdüstert – bei Schubart geht alles gut und glücklich aus -, sondern er hat die Familiengeschichte verwickelt, zugleich noch fester in sich zusammengeschlossen: zur Rivalität des heuchlerischen Bösewichts um das Vatererbe fügt er noch die weitere um die Verlobte des betrügerisch verstoßenen Bruders. Die Frage nach den Motiven des Betrügers übergeht Schubart so ziemlich: ihm genügt die entlarvende Bloßstellung der Scheinheiligkeit.“ (Storz 31963, S.24)

Schubart, Christian Friedrich Daniel: Zur Geschichte des menschlichen Herzens (1775)
Cervantes, Miguel de: Von dem, was dem Ritter Don Quijote begegnete (Auszüge) (1605)

Gleichnis vom verlorenen Sohn (Bibel)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 30.10.2023

   
 

 
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