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Nach den Formkonventionen des so genannten Regeldramas (Lehre von den drei Einheiten) durfte ein Theaterstück nur an
einem einzigen Ort spielen (Einheit des Orts), nicht länger als 24
Stunden dauern (Einheit der Zeit) und nur eine einzige Haupthandlung
ohne Abschweifungen (Einheit der Handlung) haben.
Friedrich Schillers
Drama "Die
Räuber" kennt solche engen Grenzen nicht.
Das Drama besitzt 5 Akte, das aber in seiner Gesamtkomposition dem
pyramidalen
Modell des (aristotelischen) Dramenaufbaus wie beim Drama der
geschlossenen Form nicht folgt. Dies liegt nicht zuletzt an dem
Vorhandensein verschiedener parallel verlaufender oder einander
überlagernder Handlungsstränge, die einen jeweils anderen
Spannungsverlauf haben. Der
Verlauf der dramatischen Handlung
in den "Räubern" lässt je nach den zugrunde gelegten
Unterscheidungskriterien Einteilungen in einer unterschiedlichen Anzahl
zu.

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Gemeinhin werden zwei Haupthandlungen
unterschieden: die Familienhandlung und die Räuberhandlung.
Beide haben ihre eigene "Geschichte" ihre Elemente bleiben aber
aufeinander bezogen. Neben diesen Haupthandlungen gibt es noch
Nebenhandlungen mit einem eigenen Gewicht, die aber in den
jeweiligen Hauptstrang eingebunden sind. So gibt es die in der
Räuberhandlung die Intrige
Spiegelbergs gegen den Hauptmann
Karl Moor und die
Kosinsky-Geschichte. Zudem könnte man noch
die Liebeshandlung von
Karl und
Amalia als einen, allerdings
untergeordneten, Handlungsstrang ansehen.
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Unterscheidet man nach Franz-Handlung
und Karl-Handlung, dann ordnen sich bestimmte Teile davon
entweder der Familien- oder Räuberhandlung zu. Als beispielsweise
Karl sich im dritten Akt entscheidet, nach Franken zurückzukehren,
dominiert in der Karl-Handlung wieder die Familienhandlung, wie
Mittelberg/Seiffert (1997, S.25) in ihrer
Strukturskizze darstellen:

(E =
Exposition,
eM =
erregendes
Moment, stH = steigende Handlung,
H = Höhepunkt(e) - P =
Peripetie, K = Katastrophe
Mittelberg/Seiffert
(1997, S.25) räumen freilich auch ein, dass man die Handlung
auch so sehen kann, "dass die Höhepunkte beider Handlungsstränge am
Ende des II. Aktes liegen und dass alles Folgende einer fallenden
Handlung gleichkommt, in die das
Moment der letzten Spannung eingebettet ist." Ähnlich
sieht es wohl Michael
Hoffmann (1996, S.86), der behauptet: "Die
konventionelle Abfolge eines Dramas - Exposition,
Intrige/Verwicklung, Peripetie/Anagnorisis, Katastrophe/Auflösung -
lässt sich in den Räubern
problemlos wiedererkennen. Entsprechend dem Charakter des Dramas der
feindlichen Brüder haben wir es mit einer doppelten Exposition und
demzufolge mit einer doppelten Auflösung zu tun". (ähnlich auch
Hellberg 22007, S.43)
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Eine Unterteilung
in vier Handlungsstränge nehmen Cornelia
Zenner u. a. (2005, S. 42) im nachfolgenden Schaubild vor, das
die Räuberhandlung dadurch noch differenziert, dass sie quasi eine
räuberinterne Handlung (= Räuberhandlung) von einer auf die
Gesellschaft als Ganzes gerichteten (Rebellions-)Handlung
(=Gesellschaftliche Handlung) unterscheidet. Damit werden die oben
genannten Nebenhandlungen von
Kosinsky und Spiegelberg elementarer
Bestandteil der so definierten Räuberhandlung.

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