AMALIA (im Garten, spielt auf der
Laute)
Schön wie Engel, voll
Walhallas Wonne,
Schön vor allen
Jünglingen war er,
Himmlisch mild sein
Blick, wie Maiensonne,
Rückgestrahlt vom blauen
Spiegelmeer.
Sein Umarmen - wütendes
Entzücken! -
Mächtig, feurig klopfte
Herz an Herz,
Mund und Ohr gefesselt -
Nacht vor unsern Blicken -
Und der Geist gewirbelt
himmelwärts.
Seine Küsse -
paradiesisch Fühlen! -
Wie zwo Flammen sich
ergreifen, wie
Harfentöne ineinander
spielen
Zu der himmelvollen
Harmonie,
Stürzten, flogen, rasten
Geist und Geist zusammen,
Lippen, Wangen brannten,
zitterten, -
Seele rann in Seele - Erd
und Himmel schwammen
Wie zerronnen um die
Liebenden.
Er ist hin - Vergebens,
ach! vergebens
Stöhnet ihm der bange
Seufzer nach.
Er ist hin - und alle
Lust des Lebens
Wimmert hin in ein
verlornes Ach! -
(Franz tritt auf.)
FRANZ. Schon wieder hier,
eigensinnige Schwärmerin? Du hast dich vom frohen Mahle hinweggestohlen und den
Gästen die Freude verdorben.
AMALIA. Schade für diese
unschuldigen Freuden! das Totenlied muss noch in deinen Ohren murmeln, das
deinem Vater zu Grabe hallte -
FRANZ. Willst du denn ewig
klagen? Lass die Toten schlafen und mache die Lebendigen glücklich! Ich komme -
AMALIA. Und wann gehst du wieder?
FRANZ. O weh! Kein so finsteres
stolzes Gesicht! du betrübst mich, Amalia. Ich komme, dir zu sagen -
AMALIA. Ich muss wohl hören,
Franz von Moor ist ja gnädiger Herr worden.
FRANZ. Ja recht, das war's,
worüber ich dich vernehmen wollte - Maximilian ist schlafen gegangen in der
Väter Gruft. Ich bin Herr. Aber ich möchte es vollends ganz sein, Amalia. - Du
weißt, was du unserm Hause warst, du wardst gehalten wie Moors Tochter, selbst
den Tod überlebte seine Liebe zu dir, das wirst du wohl niemals vergessen?
AMALIA. Niemals, niemals. Wer das
auch so leichtsinnig beim frohen Mahle hinwegzechen könnte!
FRANZ. Die Liebe meines Vaters
musst du in seinen Söhnen belohnen, und Karl ist tot - Staunst du? schwindelt
dir? Ja wahrhaftig, der Gedanke ist auch so schmeichelnd erhaben, dass er selbst
den Stolz eines Weibes betäubt. Franz tritt die Hoffnungen der edelsten
Fräuleins mit Füßen, Franz kommt und bietet einer armen, ohne ihn hilflosen
Waise sein Herz, seine Hand und mit ihr all sein Gold an und all seine Schlösser
und Wälder. Franz, der Beneidete, der Gefürchtete, erklärt sich freiwillig für
Amalias Sklaven -
AMALIA. Warum spaltet der Blitz
die ruchlose Zunge nicht, die das Frevelwort ausspricht! Du hast meinen
Geliebten ermordet, und Amalia soll dich Gemahl nennen! Du -
FRANZ. Nicht so ungestüm,
allergnädigste Prinzessin! - Freilich krümmt Franz sich nicht wie ein girrender
Seladon vor dir - freilich hat er nicht gelernt, gleich dem schmachtenden
Schäfer Arkadiens, dem Echo der Grotten und Felsen seine Liebesklagen entgegen
zu jammern - Franz spricht, und wenn man nicht antwortet, so wird er - befehlen.
AMALIA. Wurm du, befehlen? mir
befehlen? - und wenn man den Befehl mit Hohnlachen zurückschickt?
FRANZ. Das wirst du nicht. Noch
weiß ich Mittel, die den Stolz eines einbildischen Starrkopfs so hübsch
niederbeugen können - Klöster und Mauern!
AMALIA. Bravo! herrlich! und ich
Kloster und Mauern mit deinem Basiliskenanblick auf ewig verschont, und Muße
genug, an Karln zu denken, zu hangen. Willkommen in deinem Kloster! Auf, auf mit
deinen Mauern!
FRANZ. Haha! ist es das? - Gib
acht! Jetzt hast du mich die Kunst gelehrt, wie ich dich quälen soll - Diese
ewige Grille von Karl soll dir mein Anblick gleich einer feuerhaarigen Furie aus
dem Kopfe geißeln; das Schreckbild Franz soll hinter dem Bild deines Lieblings
im Hinterhalt lauern, gleich dem verzauberten Hund, der auf unterirdischen
Goldkästen liegt - an den Haaren will ich dich in die Kapelle schleifen, den
Degen in der Hand dir den ehlichen Schwur aus der Seele pressen, dein
jungfräuliches Bette im Sturm ersteigen und deine stolze Scham mit noch größerem
Stolze besiegen.
AMALIA (gibt ihm eine
Maulschelle). Nimm erst das zur Aussteuer hin.
FRANZ (aufgebracht). Ha!
wie das zehnfach und wieder zehnfach geahndet werden soll! - nicht meine
Gemahlin - die Ehre sollst du nicht haben - meine Maitresse sollst du werden,
dass die ehrlichen Bauernweiber mit Fingern auf dich deuten, wenn du es wagst
und über die Gasse gehst. Knirsche nur mit den Zähnen - speie Feuer und Mord aus
den Augen - mich ergötzt der Grimm eines Weibes, macht dich nur schöner,
begehrenswerter. Komm - dieses Sträuben wird meinen Triumph zieren und mir die
Wollust in erzwungnen Umarmungen würzen - Komm mit in meine Kammer - ich glühe
vor Sehnsucht - jetzt gleich sollst du mit mir gehn. (Will sie fortreißen.)
AMALIA (fällt ihm um den Hals).
Verzeih mir, Franz! (Wie er sie umarmen will, reißt sie ihm den Degen von der
Seite und tritt hastig zurück.) Siehst du, Bösewicht, was ich jetzt aus dir
machen kann? - Ich bin ein Weib, aber ein rasendes Weib - Wag es einmal mit
unzüchtigem Griff meinen Leib zu betasten - dieser Stahl soll deine geile Brust
mitten durchrennen, und der Geist meines Oheims wird mir die Hand dazu
führen. Fleuch auf der Stelle! (Sie jagt ihn davon.)
Ah! wie mir wohl ist! - Jetzt kann ich frei atmen - ich fühlte mich stark wie
das funkensprühende Ross, grimmig wie die Tigerin dem siegbrüllenden Räuber
ihrer Jungen nach - In ein Kloster, sagt er - Dank dir für diese glückliche
Entdeckung! - Jetzt hat die betrogene Liebe ihre Freiheit gefunden - das Kloster
- das Kreuz des Erlösers ist die Freistatt der betrognen Liebe. (Sie will
gehen.)
(Hermann tritt schüchtern
herein.)
HERMANN. Fräulein Amalia!
Fräulein Amalia!
AMALIA. Unglücklicher! Was
störest du mich?
HERMANN. Dieser Zentner muss von
meiner Seele, eh er sie zur Hölle drückt. (Wirft sich vor ihr nieder.)
Vergebung! Vergebung! Ich hab Euch sehr beleidigt, Fräulein Amalia.
AMALIA. Steh auf! Geh! ich will
nichts wissen. (Will fort.)
HERMANN (der sie zurückhält).
Nein! Bleibt! Bei Gott! Bei dem ewigen Gott! Ihr soll alles wissen!
AMALIA. Keinen Laut weiter - Ich
vergebe dir - Ziehe heim in Frieden. (Will hinwegeilen.)
HERMANN. So höret nur ein
einziges Wort - es wird Euch all Eure Ruhe wiedergeben.
AMALIA (kommt zurück und
blickt ihn verwundernd an). Wie, Freund? - Wer im Himmel und auf Erden kann
mir meine Ruhe wiedergeben? -
HERMANN. Das kann von meinen
Lippen ein einziges Wort - Höret mich an!
AMALIA (mit Mitleiden seine
Hand ergreifend). Guter Mensch - Kann ein Wort von deinen Lippen die Riegel
der Ewigkeit aufreißen?
HERMANN (steht auf). Karl
lebt noch!
AMALIA (schreiend).
Unglücklicher!
HERMANN. Nicht anders - Nun noch
ein Wort - Euer Oheim -
AMALIA (gegen ihn herstürzend).
Du lügst -
HERMANN. Euer Oheim -
AMALIA. Karl lebt noch!
HERMANN. Und Euer Oheim -
AMALIA. Karl lebt noch?
HERMANN. Auch Euer Oheim -
Verratet mich nicht. (Eilt hinaus.)
AMALIA (steht lang wie
versteinert. Dann fährt sie wild auf, eilt ihm nach). Karl lebt noch!
►Text
der Szene im
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Zeilennummerierung)
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