Die Figuren des
▪ dramatischen
Textes handeln in Beziehungen mit anderen Figuren und gehen dabei dynamische
Interaktionsstrukturen ein.
Diese dynamischen Strukturen bei der
▪ Figurengestaltung basieren im Allgemeinen auf den personalstrukturierenden
▪ Kontrast-
und Korrespondenzrelationen, in deren Schnittpunkt sich die einzelnen
Figuren befinden. Diese Strukturen werden nach
Pfister
(1977, S.232) ▪
Figurenkonstellationen genannt.
Dabei muss
beachtet werden, dass die Verwendung dieser Terminologie nicht
einheitlich ist.
Neben der hier genannten Verwendung des Begriffs
Figurenkonstellation wird der Terminus auch benutzt, um die Gesamtheit der
Beziehungen, genauer gesagt: der Korrespondenz- und Kontrastrelationen,
der Figuren zueinander zu bezeichnen. In diesem Fall wird zwischen eher
statisch wirkenden Merkmalsoppositionen und dynamischen
Interaktionsstrukturen nicht strikt unterschieden.
Unter diesem Blickwinkel hängt es letztlich vom Untersuchungsinteresse ab,
wie die Figurenkonstellation im einzelnen Fall aufgefasst wird.
Vor allem aber ist die
Dynamik der Figurenkonstellation zu beachten.
Denn es ist natürlich so, dass Figuren, insbesondere Hauptfiguren mit einer
ausgeprägten charakterlichen Profilierung, in unterschiedlichen Beziehungen
zu anderen Personen stehen und betrachtet werden können.
So stehen sie vielleicht in
▪ Korrespondenzbeziehungen zu bestimmten Figuren (z. B. die Gruppe der
Frauen) und zugleich auch in
▪ Kontrastbeziehungen
zu ihnen (z. B. Auffassungen über die Frauenrolle).
Entscheidend ist auch
hier, wenn sich keine Dominanz feststellen lässt, welchen Aspekt man bei der
Figurenkonstellation aufgreifen und darstellen will.
Dabei sollte allerdings
beachtet werden, dass das gewählte Strukturprinzip der Figurenkonstellation für das
gesamte Personal, zumindest aber für die Hauptfiguren, anwendbar ist und
Sinn macht.
Eines ist aber damit auch klar: Die einzig richtige Darstellung
der Figurenkonstellation gibt es nicht, sondern lediglich eine, die für die
Fragestellung bzw. den Untersuchungsaspekt in besonderem Maße plausibel
ist. (▪ Möglichkeiten zur Visualisierung von
Figurenkonstellationen)
Die Dynamik von Interaktionsstrukturen entfaltet sich auf der Basis
vorhandener Merkmalsoppositionen einzelner oder mehrerer Figuren. So macht
die Merkmalsopposition männlich vs. weiblich prinzipiell möglich, dass
sich die Handlung in Richtung einer Liebesaffäre oder -intrige bewegt.
Dynamische Interaktionsstrukturen lassen sich - sofern man daran
Interesse hat - sogar mit soziometrischen Methoden analysieren.
Dabei werden für jede Figur die positiven, neutralen und negativen
Beziehungsäußerungen zusammengetragen, die andere Figuren über
sie machen und entweder
für das ganze Drama oder einzelne Phasen dargestellt.
Tut man dies für
verschiedene Phasen, so lässt sich daraus der "Grad der
Ungeordnetheit, der 'Durchmischung' eines Systems" ausdrücken.
"Je höher der Grad der elektiven Entropie ist, desto weniger ist die
Gruppenstruktur organisiert, desto gleichmäßiger sind die positiven und
negativen Beziehungen auf alle Figuren verteilt; je niedriger der Grad der
elektiven Entropie ist, desto stärker ist die Gruppenstruktur durch eine
ungleichmäßige Verteilung der positiven und negativen Beziehungen
strukturiert, desto konfliktträchtiger ist diese Struktur." (Pfister
(1977, S.233)