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ANALYSE UND
INTERPRETATION EINES DRAMATISCHEN TEXTES
Die Figuren des
▪
dramatischen
Textes sind zu einer bestimmten Zeit auf der Bühne präsent oder nicht.
Diesen Aspekt der
▪ Figurengestaltung im dramatischen Text bezeichnet man nach
Pfister
(1977, S.235) als ▪
Konfiguration.
Nimmt man als Grundlage für die Einteilung des dramatischen Personals den
quantifizierbaren Anteil der Bühnenpräsenz und/oder des Anteils am
Sprechtext einer Figur, lassen sich die Figuren eines Theaterstücks in ▪
Haupt- und
Nebenfiguren
einteilen.

Häufigere Bühnenpräsenz bedeutet nicht unbedingt Wichtigkeit
Bei dieser Unterscheidung muss man sich freilich der Tatsache bewusst
sein, dass sich daraus nicht per se Dominanzrelationen ableiten lassen in
dem Sinne, dass eine Figur, die sich durch eine häufigere Bühnenpräsenz
auszeichnet, grundsätzlich auch die wichtigere Figur für die
Handlungsentwicklung darstellt.
Oder anders gesagt: Wer mehr als ein anderer
in einem Theaterstück redet, könnte ebenso gut ein bloßer Schwätzer sein,
dessen Beiträge für das dramatische Geschehen auf der Bühne vergleichsweise
bedeutungslos bleiben.
Ungeachtet dieser Einschränkung können quantitative Dominanzrelationen bei
Bühnenpräsenz und Textanteil vom Autor intendierte Hinweise darauf sein,
welche Figurenperspektive einzunehmen er dem Zuschauer im Rahmen eines
Identifikationsprozesses vornehmlich anbietet.
Indem er so den Fokus des Zuschauers bei der unterschiedlichen
Gewichtung der Figurenperspektiven beeinflusst, zeigen sich Bühnenpräsenz
und Textanteil einer Figur als implizite Steuerungstechniken des Autors,
präzisieren auf ihre Weise "die auktorial intendierte Rezeptionsperspektive"
(Pfister
1977, S.97; vgl. ebd. S. 227)
Dass der Fokus des Zuschauers daneben
auch von der Nachdrücklichkeit und der poetischen Qualität abhängt, mit der
eine bestimmte Figurenperspektive artikuliert wird, ist dabei ferner zu
beachten. (vgl.
ebd.,
S.97f.)
Die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenfiguren ist nicht
unproblematisch
Die Unterscheidung in Haupt- und Nebenfiguren ist alles andere
als unproblematisch. Dennoch kann man wohl sagen, dass "der Perspektive
einer Nebenfigur, die vielleicht nur einmal auftritt und sich nur in wenigen
Repliken äußert, geringere Bedeutung zukommt als der Perspektive des
zentralen Protagonisten." (ebd.,
S.97f.)
Irgendwie bleibt, ähnlich wie bei der Gegenüberstellung von Haupt-
und Nebenhandlung, auch hier letztlich "offen, wo der Übergang zwischen
Haupt- und Nebensächlichem genau anzusetzen ist." (Asmuth
52004, S.158)
So mag es wissenschaftlich wenig Sinn machen, angesichts dieser
Abgrenzungsschwierigkeiten neben der Unterscheidung von Haupt- und
Nebenfiguren noch weitergehendere Abstufungen vorzunehmen wie "tragende
Figuren", "Episodenfiguren", "Randfiguren" oder "Hilfsfiguren". (vgl.
Pfister
1977, S. 227)
Asmuth
52004, S.158), aber unter methodisch-didaktischen Gesichtspunkten
kann eine derartige Einteilung durchaus Sinn machen.
Sie können Schülerinnen
und Schülern nämlich eine gute Gelegenheit geben, Strukturen eines Dramentextes zu
erfassen und ihre Ansichten mit ihren Kenntnissen über die Figuren und die
Figurenkonstellation eines Dramas zu begründen.
So gesehen kann auch das,
was wissenschaftlich bloße "Ansichtssache" (Asmuth
52004, S.158) sein mag, didaktisch von Wert sein.
Ein Beispiel für eine derartige Betrachtung eines Dramas liefert das
nachfolgende
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Schaubild zu
Henrik Ibsens
Nora (Ein Puppenheim)

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ANALYSE UND
INTERPRETATION EINES DRAMATISCHEN TEXTES
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
30.04.2021
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