Die mentale
Inszenierung entsteht bei der ▪
aufführungsbezogenen Lektüre (vgl. Payrhuber
1991, S.74ff.) eines dramatischen Textes.
Sie beruht dabei auf einer besonderen Art des Lesens, "das
den Text von seinen dramatischen Qualitäten her begreift und die
Inszenierung in der Lektüre beginnen lässt." (Lösener 2005, S.300)
Die mentale Inszenierung des Textes findet folglich in der
Vorstellung des Leser statt, die im Kopf eine "simulierte
Inszenierung" (Henze
1987, S.10) wie auf einer "inneren Bühne" (Willenberg
1999, S.99, alle zit. n.
Lösener
2005, S. 300) entstehen
lässt.
Da sich die mentale Inszenierung nicht
durch einfaches Lesen einstellt, ist dafür eine spezielle Leseweise des Textes
(genauer hier der ▪
impliziten Inszenierung) nötig.
Diese Leseweise bezeichnet
Lösener (2005. S.300) als "Erlesen
der textuellen Inszenierung in der Lektüre" (Hervorhebung d. Verf.)
und dabei erfassen, welche Hinweise das sprachlich fixierte
Textsubstrat auf den szenisch-realisierten Text enthält.
Es verlangt Erfahrung im Umgang mit der ▪
Plurimedialität des dramatischen Textes
und Wissen um den Partiturcharakter des Textes und wie man damit
bei der Dramenanalyse umgehen kann. Zugleich kommen dabei aber
auch eigene Erfahrungen mit Inszenierungen zum Tragen, die als
Folie für die eigenen
Vorstellungen von der szenischen Inszenierung eines Dramas
dienen.

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Die
mentale Inszenierungsarbeit ist an zwei Voraussetzungen gebunden.
-
Die eine
ist situativ und leserbezogen: Man braucht schon eigene
Theatererfahrungen als Zuschauer oder Mitspieler, um auf deren Hintergrund
einen dramatischen Text mental zu inszenieren.
-
Die andere ist
textueller
Natur und basiert auf der impliziten Inszenierung es Textes, wobei
allerdings zu beachten ist, "dass auch die mentale Inszenierung nicht
einfach als Umsetzung der
impliziten
Inszenierung aufgefasst werden darf." (Lösener 2005. S.301)
Dazu sind die individuellen Voraussetzungen der Rezipienten zu
unterschiedlich, die auf ihre jeweils eigene Art und Weise Zugang zum Text
und seinem Verständnis finden. So gesehen entspringt die mentale
Inszenierung "aus der dialektischen Beziehung zwischen der impliziten
Inszenierung des Textes und den vorgegebenen und geschaffenen Modalitäten
des Lesens." (ebd.)
Dramendidaktisch ergibt sich aus der Orientierung an der mentalen
Inszenierung die Bevorzugung
▪
produktionsorientierter Konzepte im Dramenunterricht. (vgl.
ebd. S.297)
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
19.06.2020