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Erzählformen und Erzählverhalten  (Petersen 1993)

Erzählform

Modelle der Perspektiven beim Erzählen

 
FAChbereich Deutsch
Glossar
Literatur:▪ Autorinnen und Autoren Gattungen Erzählende Texte Überblick Lesen erzählender Texte (Inferenzbildung und Situationsmodelle) Strukturen von Erzähltexten Strukturwandel in der modernen Epik Strukturbegriffe der Erzähltextanalyse Überblick Auswahl (Zusammenstellungen wichtiger Strukturbegriffe) Darstellungsebene und Ebene des Dargestellten WIE WIRD ERZÄHLT? (Zeitgestaltung, Perspektiven, Darbietungsformen ...) ÜberblickModell der narrativen Kommunikation Zeitgestaltung Typologien des Erzählers Perspektiven beim Erzählen Überblick ● Modelle der Perspektiven beim Erzählen Überblick Standort des Erzählers (point of view) Erzählsituationen (Stanzel) [ Erzählformen und Erzählverhalten (Petersen) Überblick Erzählform Standort des Erzählers (point of view)Erzählperspektive (Sichtweise) Erzählverhalten Erzählhaltung Darbietungsweisen ] Fokalisierung (Genette)Aspekte der narratorialen und figuralen Perspektive (Schmid)Innen- und AußensichtBausteineDarstellung von Ereignissen Darstellung von Rede und mentalen Vorgängen (Darstellungs-/Darbietungsformen) Wissensvermittlung und Informationsvergabe Erzählen über das Erzählen Zuverlässigkeit und Unzuverlässigkeit des ErzählensStilmerkmale der Erzählung Bausteine WAS WIRD ERZÄHLT? (Handlung, erzählte Welt, Figur, Raum) Bausteine Formen erzählender Texte Textauswahl Dramatische Texte Lyrische Texte Literarische Zweckformen  ▪ Literaturgeschichte Motive der Literatur Grundlagen der Textanalyse und Interpretation Literaturunterricht Schreibformen ▪ Analyse und Interpretation von Erzähltexten in der Schule Operatoren im Fach Deutsch
  

 ▪ Schulische Analyse und Interpretation erzählender Texte
▪ Einen Erzähltext mit der Kategorientafel analysieren
Die Doppelstruktur von erzählendem und erlebenden Ich in Gottfried Kellers, Der grüne Heinrich analysieren
Er-Erzählform mit auktorialen Ich-Kommentaren in Jean Pauls "Siebenkäs" untersuchen

Petersens Konzept der Erzähltextanalyse

Jürgen H. Petersen (geb. 1937) (1993, 72006) hat in der Auseinandersetzung vor allem mit »Franz K. Stanzels (geb. 1924) Konzeption der Erzählsituation ein Konzept zur Analyse erzählender Texte entwickelt, das keine Erzähltheorie, sondern eine "Deskriptionspoetik narrativer Texte fiktionaler Art" sein will und den Versuch unternimmt, "alle zur Erfassung dieser Texte notwendigen Kategorien darzustellen und einander funktional zuzuordnen." (Petersen 1993, S.8)

In Petersens Modell der Erzähltextanalyse "(bezeichnen) alle spezifisch epischen Kategorien des Erzählsystems bestimmte Verhältnisse in dem Beziehungsgeflecht zwischen dem Erzählten, dem Narrator und dem Leser oder basieren auf ihnen." (ebd., S. 53), so wie er auch seine Kategorientafel verstanden wissen will.  

Petersens "Kategorientafel" (ebd.), mit deren Hilfe sich in einem erzählenden Text wesentliche ▪ Erzählstrukturen in ihrem Funktionszusammenhang analysieren lassen, zeichnet sich dabei nicht nur durch diese systemlogische Struktur aus, sondern auch durch ihre beschränkte Anzahl von Kategorien in einer allgemein verständlichen Terminologie aus, die neueren Erzähltheorien, die möglichst alle Strukturen erzählender Texte abbilden wollen, in der Regel abgeht. Aus diesem Grunde ist die Erzähltextanalyse nach Petersen auch gut geeignet für die ▪ schulische Analyse und Interpretation erzählender Texte.

Eine der sechs verschiedenen Hauptkategorien stellt dabei die Erzählform dar. Damit bezeichnet Petersen (1993, S.53), das in der jenseits des Bewusstseins in der Welt als solcher bestehende Verhältnis (ontisches Verhältnis) "des Erzählers zum Erzählten, ob er nämlich von sich selbst, vom Angesprochenen oder von Dritten erzählt."

Ich-Form

In dieser Form berichtet der Erzähler "(auch) von sich selbst" und das Ich kann sowohl "als erzählendes Medium als auch als handelnde Person" in Erscheinung treten. (Petersen 72006, 46) Dabei ist die Verwendung des Personalpronomens Ich zwar ein ein wichtiger Indikator für diese Erzählform, kann aber durchaus, zumindest "streckenweise" (Petersen 1993, S.64), sie kann aber auch in der Er-Form vorkommen.

Was die Ich-Form von der Er-Form grundsätzlich unterscheidet ist hingegen die Tatsache, "das das Erzählen eines Ich-Erzählers einen Doppelaspekt erhält: Es lässt den Erzählenden ebenso erkennbar werden wie den Erlebenden, das Erzählen wird bipolar." (Petersen 1993, S.56).

Dies Struktur der Ich-Form schafft eine bipolare Zweidimensionalität bzw. einen Doppelaspekt: Einzig der Ich-Erzähler ist dabei als Erzählmedium zu verstehen und zugleich weist er eine als Ich greifbare Personalität auf.

Er erzählt die Geschichte (erzählendes Ich, sich erinnerndes Ich), kann aber auch innerhalb der von ihm dargestellten Welt selbst  auftreten und agieren (erinnertes Ich). So zeigt sich auch der maßgebliche Unterschied zur Er-Form darin, "dass es zwischen Erzählendem und Handelndem nicht nur eine Differenz, sondern eben auch eine Identität gibt." (ebd.) Während der Er-Erzähler grundsätzlich von anderen erzähle, tue dies der Ich-Erzähler dazu noch von sich selbst. Die "Zweidimensionalität ichhaften Erzählens" steht der "Eindimensionalität erhaften Erzählens"  (ebd., Hervorh. d. Verf.) gegenüber.

Petersen verdeutlicht den Unterschied des zweidimensionalen ichhaften und des eindimensionalen erhaften Erzählens an einem Auszug aus ▪ Gottfried Kellers Der grüne Heinrich, den er in seiner originalgetreuen Ich-Form einer abgewandelten Er-Form gegenüberstellt. (▪ Die Doppelstruktur von erzählendem und erlebenden Ich in Gottfried Kellers, Der grüne Heinrich analysieren)

Natürlich hängt die Wahrnehmung der Personalität eines Ich-Erzählers, auf das, was er als Aussagesubjekt sagt oder auch nicht sagt, auch vom Erzählverhalten ab, das der an den Tag legt. Darüber hinaus hat es auch eine selbstcharakterisierende Funktion.

Erzählt er durchgängig ▪ neutral, bleibt zwar die Zweidimensionalität bzw. Bipolarität grundsätzlich erhalten, der Leser wird jedoch kaum charakterisierende Rückschlüsse auf den Erzähler als Person bzw. Persönlichkeit ziehen können. (vgl. ebd., S.59)

Ein ▪ neutrales Erzählverhalten des Ich-Erzählers über einen längeren Textabschnitt kann aber auch ohne Weiteres dazu führen, dass die Ich-Erzählung und die Er-Erzählung so ähnlich werden, dass man den Eindruck gewinnt, die Grenzen zwischen ihnen seien gänzlich verschwunden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Umgekehrt bewirkt auch "das extrem auktoriale, ichhafte Auftreten eines Er-Erzählers" (ebd.) keinen Übergang zur Ich-Erzählform.

Er-Form

Bei der Er-Form spricht der Erzähler grundsätzlich von Dritten und verwendet dafür gewöhnlich auch die Personalpronomina der dritten Person. Auch wenn man als Leser den Eindruck gewinnen kann, dass der Erzähler bei der Er-Form völlig verschwindet, bleibt er mit einer offenkundig distanzierten Erzählhaltung vorhanden, wenn er z. B. etwas ironisch kommentiert oder das Erzählte irgendwie einfärbt,  Allerdings ist er weder eine fiktive oder fingierte Person, so dass er als solche eigentlich auch nicht verschwinden kann.

Auch wenn der Erzähler in der Er-Form keine Personalität besitzt, sondern stattdessen ein personalitätsloses Medium darstellt, kann er, je stärker sein Erzählverhalten auktorialer wird (z. B. durch Kommentare) mit quasi individuellen Eigenschaften ausstaffiert werden, die aber dennoch auf keine Person zurückverweisen. (vgl. ebd., S.59)

Ich- und Er-Form unterscheiden sich deutlich. Während in der Ich-Form nur das dargestellt werden kann, was sich auf das Erzähler-Ich beziehen lässt und mit diesem eng verbunden ist, ist dies bei der Er-Form nicht der Fall. (vgl. ebd., S.54)

Wenn ein Ich-Erzähler z.B. in einem Briefroman oder in einer tagebuchartigen Erzählung, darauf zu sprechen kommt, was er selbst erlebt hat, wird dies besonders deutlich. Allerdings gibt es auch hier Fälle, in denen sich eine "prinzipielle Zeitlosigkeit und temporale Unbestimmtheit"  (ebd.) des Erzählten einstellt, die Ich- und Er-Form miteiander verbinden kann und bewirkt, dass der Leser die diskrepante  "zeitliche Abschichtung zwischen dem Jetzt des Erzählens und dem Damals des Erlebens" (ebd.) kaum mehr herauslesen kann.

Auch die Tatsache, dass ein Erzähler ein "Ich" verwendet und in der ersten Person spricht, zieht indessen keinen Wechsel von der Er- zur Ich-Form nach sich, solange seine Ausführungen, mit denen er sich z. B. auktorial kommentierend in das Geschehen einmischt, "im  Prinzip nicht von sich selbst erzählt, sondern von anderen, auch wenn er seine Empfindungen und Meinungen einfließen läßt." (ebd., S. 60). Dadurch wird zwar sein Profil geschärft, der Erzähler bleibt aber weiterhin nur ein Erzählmedium und besitzt seine Personalität. Petersen verdeutlicht dies am Anfang des Romans "Siebenkäs" von Jean Paul, in der der Er-Erzähler sich in seine autorialen mit "ich" signalisierten Komentare so sehr versteigt, dass man den Eindruck gewinnt, er findet eigentlich nur unter großen Anstrengungen zur eigentlichen Geschichte zurück. ( Er-Erzählform mit auktorialen Ich-Kommentaren in Jean Pauls "Siebenkäs" untersuchen)

Du-Form

Die Du-Erzählform stellt im Grunde eine Variante der Ich-Erzählform dar. Als eine Art "Halb-Dialog, in dem der angesprochene Redepartner niemals zu Worte kommt" (ebd., S. 65) kann sie, sieht man vielleicht von ihrer Verwendung im inneren Monolog ab, bei der eine Figur dann quasi mit sich selbst wie einer anderen Person spricht, aber auch etwas befremdlich wirken.

 ▪ Schulische Analyse und Interpretation erzählender Texte
▪ Einen Erzähltext mit der Kategorientafel analysieren
Die Doppelstruktur von erzählendem und erlebenden Ich in Gottfried Kellers, Der grüne Heinrich analysieren
Er-Erzählform mit auktorialen Ich-Kommentaren in Jean Pauls "Siebenkäs" untersuchen

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 19.12.2023

 
 

 
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