Üblicherweise werden bei der
Erzähltextanalyse zwei Dimensionen oder Ebenen
unterschieden, die in allen
▪
erzählenden Texten
vorkommen. Diese, und in ihrem Zusammenhang andere Strukturbegriffe, werden in der
älteren und
neueren
Erzähltheorie in unterschiedlichen Konzepten analysiert und auch
unterschiedlich bezeichnet, die hier nicht in extenso präsentiert werden können.
Im Rahmen dieses
teachSam-Arbeitsbereichs ▪
Strukturbegriffe der Erzähltextanalyse
sollen die beiden Ebenen im Anschluss Monika
Fludernik
(42013)
▪ Darstellungsebene (Erzählerbericht, discours) und die ▪
Ebene des Dargestellten (Geschichte, histoire) genannt
werden. (vgl.
Fludernik 2006, S.34) Diese Unterscheidung geht auf Gérard
Genette (1930-2018) (1972,
dt. 1994)
zurück.
In diesem Arbeitsbereich wird
dabei der Versuch gemacht, die Strukturbegriffe im Rahmen der beiden Ebenen
darzustellen entlang der mit ihnen verbundenen Fragen:
Hinter den beiden Fragen nach dem ▪ "Wie" oder dem
▪"Was" von Erzählungen stellen sich für die
Erzähltextanalyse eine Reihe weiterer Fragen, die die jeweilige Ebene oder
Dimension mit ihren verschiedenen Aspekten genauer ins Blickfeld rücken.
Mag sein, dass es in diesem teachSam-Arbeitsbereich dabei immer wieder auch einmal etwas "holprig" zugeht, wenn
der Versuch unternommen wird, Kategorien und Strukturbegriffe unterschiedlicher
erzähltheoretischer Fundierung einigermaßen systematisch und zugleich hypertextuell
zusammenzubringen. Das liegt in der Natur der Sache, aber auch darin begründet,
dass teachSam ein ständig wachsendes System darstellt, mit dem versucht wird,
den Fokus auf die Vielzahl der möglichen Verknüpfungen zu richten. Wer
ein geschlossenes "Theorieuniversum" sucht, ist also hier fehl am Platz und
sollte sich eher in den einschlägigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen informieren.
Hier zunächst nur die zwei grundlegenden Unterscheidungen der Ebenen, die
auch die Struktur dieses Arbeitsbereichs prägen: ▪
Darstellungsebene und Ebene des Dargestellten.
-
Gemeint ist bei der
Darstellungsebene die
Ebene der Vermittlung bzw. das Erzählen selbst als Akt
der Narration, der die Erzählung (histoire), also quasi den "Text der
Geschichte" hervorbringt. Die Vermittlungsfunktion wird in einem Roman durch
den "narrativen Diskurs oder Erzählbericht eingenommen, der bei ▪
Ich-Erzählungen und ▪
auktorialen Erzählungen ein
Erzählerbericht ist. [...] Diese Erzählerfigur kann einerseits auch Person
der Handlung sein (Ich-Erzählung: der Erzähler berichtet von seinen eigenen
Erfahrungen) oder andererseits über der Welt der Figuren stehen und diese
auktorial beschreiben (auktorialer Erzähler). [...] Andererseits kann diese
Vermittlungsebene aber auch zurückgefahren sein, so dass der Leser den
Eindruck hat, es gäbe gar keinen Erzähler." (ebd.,
S.32,
Verlinkungen hinzugefügt d. Verf.) (vgl. hierzu »F.
K. Stanzels (geb. 1923) Kategorie der ▪
personalen Erzählsituation).
-
Die Ebene des Dargestellten
ist die erzählte bzw. dargestellte Welt (die Geschichte).
Hier muss ein kleiner
Überblick genügen, um aufzuzeigen, wie schwer es ist, sich auf dem Gebiet
neuerer Literaturtheorien im Allgemeinen und der
neueren
Erzähltheorie terminologisch auf einigermaßen sicherem Terrain zu bewegen, wenn man vom alltäglichen
Gebrauch des Begriffs Erzählen herkommt. Dieser wird nämlich in vielen Bedeutungen verwendet
wird und ist "eng mit dem Sprechakt des Erzählens verbunden und somit mit der Figur
eines Erzählers". Pointiert formuliert lautet, meinen wir, wenn wir im
Alltag den Begriff der Erzählung verwenden schlicht und einfach, all das, was
ein Erzähler eben erzählt. (vgl.
Fludernik 2006,
42013,
S.10
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In der
Literaturwissenschaft, namentlich in der Narratologie, sind die Begriffe
und Kategorien, die zur Erzähltextanalyse verwendet werden, prinzipiell
davon abhängig, was im Rahmen des jeweiligen Ansatzes überhaupt ▪
unter Erzählen verstanden wird. Da schon diese Auffassungen zum Teil
beträchtlich auseinander gehen, ist es auch nicht verwunderlich, dass die
Kategorien sehr unterschiedlich sind und jeden, der ihr mehr oder
weniger geschlossenes System verlässt und einzelne Kategorien aus diesem
und andere Kategorien einem anderen System der Erzähltextanalyse
entlehnt, um sie in den "Werkzeugkasten" gepackt, auf konkrete Texte
anzuwenden, auf eine Achterbahn begibt. Es ist jedenfalls nicht nur bei
den Begriffen ständig für Verwirrung sorgt, sondern darüber hinaus ist
auch immer wieder verlangt, sie - so gut es geht - in den jeweiligen
Ansatz mit seinem erzähltheoretischen "Universum" einzuordnen.
Das macht es natürlich für die
Literaturdidaktik nicht gerade einfach, zumal sich neben den erzähltheoretischen
Universen auch eine Reihe von ▪
Mischkonzeptionen
präsentieren, die aus der strengen Abgeschottetheit der einzelnen Ansätze
herausführen wollen.
Vor allem neuere Literaturtheorien,
haben es infolge ihrer mitunter kaum erreichbaren "Verwertbarkeit" im
Literaturunterricht schwer, neue Akzente zu setzen. Sie tragen nämlich, wie
Clemens Kammler
(2005, S.188) im Anschluss an
Spinner (1987,
S.18) betont, "ihre Deutungen oft 'monologisch-autoritativ' vor" und können
in der Regel nur von der "wissenschaftlichen Interpretationsgemeinschaft"
entsprechend eingeordnet werden. Zudem "bewegen sie sich zunehmend auf einem
gedanklichen und begrifflichen Abstraktionsniveau, das jeglicher
unterrichtlichen Vermittlung, auch der universitären, abträglich sind."
Wer sich daran wagt, dieses
Abstraktionsniveau zu brechen, und "versucht, die Theorien möglichst
verständlich und voraussetzungsarm darzustellen, ohne den Sprechgestus der
referierten Texte wiederzugeben" (Köppe/Winko 2008,
S.3), läuft schnell Gefahr in den Augen ihrer Autoren und Verfechter bei der
Reformulierung von Literaturtheorien
zu "dilettieren", weil damit stets auch die Gefahr verbunden ist, "hinter der
Komplexität und Bedeutungsvielfalt" (ebd.)
der Kategorien des jeweiligen Ansatzes zurückzubleiben.
Im
Setting des ▪
kompetenzorientierten
Literaturunterrichts in der Schule gelten bei der ▪
Analyse literarischer
Texte und insbesondere bei der ▪
Analyse und
Interpretation erzählender Texte die strengen Demarkationslinien
zwischen den jeweiligen Ansätzen nur in erheblich eingeschränkter Form,
da der ▪
Literaturunterricht natürlich auch viele andere Ziele im Rahmen des
Erwerbs ▪
literarischer Kompetenz verfolgt, als die Wahrheit eines
erzähltheoretischen Ansatzes zu verbreiten.
Hier geht es um
Strategien und Unterrichtsziele, die mit entsprechenden Inhalten und
Methoden erreicht werden sollen. Und nicht allein diese Perspektive
rechtfertigt wohl auch den von
Kammler
(2005, S.188, 198, Hervorh. d. Verf.) für sich reklamierten "begründeten
Ekklektizismus im didaktischen Umgang mit Interpretationen" und
einen "pragmatischen. instrumentalisierenden Umgang mit Theorien", die weder
bei einem "subjektiven Erlebnisausdruck" stehen bleibt, noch in
"postmoderner Beliebigkeit" aufgeht.