Es war in einem strengen
Winter. Ein Wolf hatte schon seit Tagen vom Hunger geplagt den Wald
durchzogen und nach Nahrung gesucht. Jeder Bissen hätte ihn erfreuen
können, selbst der Rest einer verwesenden Maus, so ausgehungert war er.
Ein mageres Hündchen lief im unvorsichtigerweise über den Weg. Es
bibberte vor Furcht und Kälte. »Du kommst mir wie gerufen«, freute sich
der Wolf und packte den ängstlichen Dreikäsehoch beim Fell.
»Halt, lieber Wolf, nicht so unüberlegt, siehst du denn nicht, wie
ausgezehrt ich bin? Du musst dich ja vor mir ekeln«
»Quatsch keinen Unsinn, ich bin nicht wählerisch«, knurrte der Wolf
verärgert.
»Du bringst dich um den besten Bissen deines Lebens!« kläffte das
Hündchen. »Du müsstest mich erst einmal sehen, wenn ich mich morgen von
den unzähligen Köstlichkeiten des Hochzeitsmahls gemästet habe. Morgen
werde ich wohlgenährt sein und strotzen vor Fett. Denn dann heiratet die
Tochter meines Herrn einen steinreichen Gutsbesitzer. Speisen gibt es
dort, Speisen! Feinster Rehbraten, würziger Schinken, Kalbsnieren und
Hammelkeulen, Rindsbraten und duftende Mettwürste!« Der pfiffige Köter
machte dem Wolf den Mund wässrig mit einer endlosen Aufzählung
auserwählter Leckereien. »Das wäre ein Essen für dich«, schloss er seine
Schilderung, »und nicht meine miese Figur von heute. Komm morgen Nacht
auf unseren Hof, dann will ich dir dienen. Aber sei leise, mein Herr hat
gute Ohren.«
Der Wolf war ganz verrückt geworden von all den herrlichen Speisen, die
der kleine Schlauberger ihm vorgesponnen hatte. Er ging auf den
Vorschlag des Hündchens ein und ließ es laufen.
In der folgenden Nacht schlich er behutsam auf den Hof, um ein Festmahl
zu halten. Der kleine Hund lag auf einem Vordach und rief: »Willkommen,
lieber Wolf! Ich freue mich, dass du meine Einladung angenommen hast.
Warte einen Augenblick, ich will meinem Herrn sofort Bescheid geben,
damit er kommt und dich festlich bewirtet.« Und er bellte aus
Leibeskräften.
Sofort schlugen auch die Wachthunde an, und der Herr stürmte bald darauf
aus dem Haus, um die Hunde loszulassen. Aber der Wolf war schon laut
schimpfend geflüchtet.
(Quelle:
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