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Bausteine
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Baustein: Was ist eine Parabel? - Literaturwissenschaftliche
Definitionen
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Eine Parabel interpretieren
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Überblick
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Eine
traditionelle Parabel interpretieren »
▪
Eine
moderne Parabel interpretieren »
Eine Definition für alle?
Es gibt in der Literaturgeschichte eine große Anzahl verschiedener
▪
Parabeln. Sie alle auf einen Begriff zu bringen ist
schwierig und dementsprechend ist auch eine ▪
schulmäßige Definitionen der Parabeln nicht gerade
einfach.
-
Solche Definitionen haben meistens den Nachteil, dass sie der
Vielfalt von Texten früher und heute, die immer wieder unter einem
vergleichsweise starren Begriff der Parabel zusammengefasst werden, nicht
wirklich gerecht werden können.
-
Zudem gehen die Meinungen darüber, was alles
zur Gruppe der Parabeln gehört, ebenso auseinander.
Das muss man wissen,
auch wenn solche Definitionen nur als ▪
Arbeitsdefinitionen für den
schulischen Literaturunterricht verwendet.
Textsortenmerkmale,
die allen Parabeln immer gemeinsam sind, gibt es eigentlich nicht
Was für die
Definitionen der Parabel gilt, gilt in der Folge natürlich auch für die Merkmale
von Parabeln. Man kann sie
-
als zeitgebundenes idealtypisches Bündel von Merkmalskomponenten
auffassen, das zu einer bestimmten Zeit als Parabel verstanden
wurde (vgl.
Genre), oder
-
als überzeitliche
Textsorte im Rahmen eines geschlossenen System
der Klassifikation, die Textsortenmerkmale der Parabel eindeutig
von denen verwandter Textsorten abhebt
Der
schulische Literaturunterricht und die
▪ schulische Interpretation von Parabeln
muss sich hier festlegen, kann aber versuchen, beide Aspekte in seine Überlegungen zu den Merkmalen der
verschiedenen Parabeltypen einfließen lassen.
Kleinster gemeinsamer Nenner
Auf den kleinsten gemeinsamen Nenner
gebracht könnte man für die hier gemeinte Form der Parabel
allgemeinen gelten lassen,
-
dass es sich um einen episch-fiktionalen Text handelt
-
dass das im Wortlaut
Erzählte nicht oder zumindest nicht allein für sich das Gemeinte ist
-
dass sich eine der vom Text ermöglichten
Bedeutungsoptionen durch Übertragung des Erzählten in einen
überwiegend außerhalb des Textes liegenden Bedeutungsrahmen oder
diese Struktur als Bezugsrahmen nutzend konstruieren lässt.
Die pragmatisch beste Lösung: Zwischen traditionellen und modernen
Parabeln unterscheiden
Um
zumindest zwei ▪ Typen von Parabeln hinsichtlich ihrer idealtypischen
Merkmale, sofern es diese überhaupt gibt, von einander abzuheben, unterscheidet man am
besten ▪
traditionelle von ▪
modernen Parabeln.
Dabei ist der Gegensatz von traditionell und modern natürlich ein
Konstrukt, das auch leicht zu Irritationen führen kann. Man versucht
damit, vor allem mit dem Attribut modern der Tatsache Rechnung
zu tragen, dass
Parabeln wie die von ▪
Franz Kafka
(1823-1924) oder ▪ anderen Autoren
der »literarischen
Moderne
geradezu wie ein "Gegentypus zu ihren fast zweitausend Jahre alten
Vorbildern" (Billen
1982 / 2001, S.253) daherzukommen scheinen.
Indem man dem Begriff Parabel das Attribut modern gibt,
wird auf das Verhältnis zur traditionellen Parabel und ihre Nähe zu
▪ Themen und Strukturen der modernen Literatur abgehoben.
Es
spricht also manches dafür, die beiden Typen von Parabeln mit ihren
unterschiedlichen Merkmalen auch unter literaturdidaktischer
Perspektive getrennt
voneinander zu behandeln, auch wenn damit "die modernen Parabeln, wenn
sie in ihrer strukturellen Eigenart und ihrer Funktionalität zu
ihrem Recht kommen sollen, von ihrem Traditionshintergrund nicht
getrennt werden" (Billen
1982 / 2001, S.253) sollen.
Die beiden Typen der Parabel unterscheiden sich auf vielfältige
Art und Weise. Die vier wichtigsten Unterschiede sind
-
Traditionelle und moderne Parabeln haben ganz
unterschiedliche Themen.
-
Die Intentionen, die mit den Texten verfolgt werden, sind
grundlegend andere.
-
Ihre Strukturen sind bei aller Ähnlichkeit sehr verschieden.
-
Die Kommunikation zwischen Erzähler und Leser gestaltet sich
anders.
-
Traditionell
ist dabei jener Typus von Parabeln, der eine klare didaktische
Funktion besitzt. Sie zielt darauf, eine universell gültige Lehre dadurch
zu vermitteln, dass die Geschichte in einen außertextlichen,
prinzipiell "höherwertigeren" Bezugsrahmen übertragen wird.
Dabei ist die Beziehung zwischen dem Erzähler und dem Leser bzw.
Hörer hierarchisch: Jener erteilt diesem eine Lehre. Der Leser
wird zum Schüler in der literarischen Kommunikation. Musterbeispiel (Prototyp):
▪
Lessings (1729-1781) ▪
Ringparabel
in seinem Drama ▪
Nathan der Weise
(1779).
-
Modern ist
jener Typus, der sich von der didaktischen Funktion der Parabel
und der Lehrer-Schüler-Hierarchie bei der Textrezeption
verabschiedet hat. Der Erzähler ist dabei nicht mehr derjenige,
der mit seiner Beispielgeschichte Antworten auf religiöse,
ethisch-moralische oder allgemein gesellschaftliche Fragen geben
kann, sondern zeigt sich in allen diesen Fragen prinzipiell
orientierungslos, gerade so wie sich die existenzielle Lage des
modernen Menschen für viele Menschen darstellt. Musterbeispiele (Prototyp):
Parabeln von
Franz Kafka (1883-1924), z. B.
Gibs auf, Der Schlag ans Hoftor etc
Diese Unterscheidung eignet sich auch für ▪
Schreibaufgaben zur Interpretation von Parabeln in der Schule,
die aus verschiedenen Gründen gesondert für die ▪
Interpretation traditioneller und die ▪
Interpretation moderner Parabeln dargestellt werden. So können
z. B. verschiedene Zugänge zum Verständnis der jeweiligen Parabel
zielgenauer angeboten werden.
Die Einteilung der
Parabel in Inhaltstypen
Es gibt aber auch
andere Versuche, die Vielzahl zu Parabeln gezählten Texten nach
inhaltlichen, formalen oder funktionalen Gemeinsamkeiten von
Untergruppen zu ordnen. Denkbar ist z. B. eine
Typologie
nach inhaltlichen Gesichtspunkten, wenngleich auch diese Ordnung der
Typenvielfalt der Parabel als Ganzem nicht gerecht werden kann.
Exemplarische Vertreter/innen sind dem Schaubild beigefügt

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
02.04.2024
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