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Traditionelle Parabel

Die didaktische Parabel in der Literaturgeschichte

Typen der Parabel

 
FAChbereich Deutsch
Glossar
Literatur Autorinnen und Autoren Literarische Gattungen Erzählende TexteStrukturen erzählender Texte Formen erzählender Texte Überblick Traditionelle Epik und moderne MontageepikFabel ▪  Gleichnis Kurzgeschichte Parabel ▪ Quickie: So interpretiert man eine Parabel Häufig gestellte Fragen Didaktische und methodische Aspekte Überblick Typen der Parabel ÜberblickBild- und Sachbereich: Von der traditionellen zur modernen Parabel [Traditionelle Parabel Überblick Allgemeine Merkmale Die didaktische Parabel in der Literaturgeschichte ◄ ▪ Idealistische Überhöhung der Parabel Themen Erzähler und Leser Bild- und Sachbereich Textauswahl Bausteine ] Moderne Parabel Abgrenzung von anderen Textsorten Sprachliche Gestaltungsmerkmale Schulische Interpretation von Parabeln TextauswahlBausteine Dramatische Texte Lyrische Texte Literarische Zweckformen Grundlagen der Textanalyse und Interpretation Literaturunterricht Schreibformen  Operatoren im Fach Deutsch
 

Bausteine 

In ihrer langen Gattungsgeschichte sind sehr unterschiedliche Erzählungen verfasst worden, denen entweder schon die Autoren selbst den Titel Parabel gegeben haben oder die von anderen zur Gruppe der Parabeln hinzugezählt worden sind.

Dementsprechend gibt es auch eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen, wie man die in der ▪ Literaturgeschichte über die Jahrhunderte hinweg entstandenen Texte ordnen und ihre Vertreter zu einzelnen Gruppen zusammenfassen kann.

Eine grundlegendes Unterscheidungskriterium, mit dem man ▪ traditionelle und ▪ moderne Parabeln voneinander unterscheiden kann, ist die didaktische Funktion, die den traditionellen Parabeln zu eigen ist. Aus diesem Grund werden traditionelle Parabeln auch immer wieder als didaktische Parabeln bezeichnet.

Die Parabel war von der Antike (»Äsop (ca. 600 v. Chr.) bis zur Aufklärung (▪ Lessing (1729-1781) eigentlich immer didaktisch: "Immer ging es ihr primär um Lehre, während ästhetische Kategorien zurücktraten" (Brettschneider 1971, S.71). Lehre bedeutet aber in diesem Zusammenhang nicht, dass das, was eine Parabel aussagt, sich wie bei einer ▪ Fabel auf eine kurze und prägnante, fast formelhafte Lehre bringen lässt. Wenn man im Zusammenhang mit Parabel von ihrer Lehrhaftigkeit oder Lehren spricht, die sie vermitteln will, dann handelt es sich meistens um komplexere Bedeutungszusammenhänge, die in einem bestimmten Bezugsrahmen zu betrachten sind.

Die ästhetische Gestaltung der Parabel diente eigentlich nur dazu, eine bestimmte Lehre unterhaltsam und volkstümlich einzukleiden bzw. zu rahmen. Sie war stets den didaktischen Zielen untergeordnet.

Die Literatur der Aufklärung (1720-1785) machte indessen noch keinen Unterschied zwischen Fabel und Parabel. Und die meisten der zeitgenössischen regelpoetischen Abgrenzungsversuche der Genres voneinander blieben umstritten.

Religiös ausgerichtete Erbauungsparabeln

Bis zur geistesgeschichtlichen Epoche ▪ Aufklärung und der gleich lautenden ▪ Literaturepoche (1720-1785) orientierte sich die Lehre, die Parabeln verbreiten sollten, an dem überlieferten christlichen Menschen- und Weltbild, in dem alle Dinge in einer gottgewollten Ordnung ihren festen Platz haben und der Sinn menschlichen Lebens sich nur in einem »eschatologischen, auf das Jenseits gerichteten Daseinsbezug verstehen ließ. Die Lebenswelt war bis in das 18. Jahrhundert hinein ohne diesen Transzendenzbezug nicht denkbar.

Wohl nicht zuletzt aus diesem wurden Grund lange Zeit auch biblische ▪ Gleichnisse wegen ihrer Ähnlichkeit als Parabeln bezeichnet. Das betraf z. B. so bekannte biblische Gleichnisse im Neuen Testament wie z. B. das ▪ Gleichnis vom verlorenen Sohn oder das ▪ Gleichnis vom Sämann).

Es handelte sich um Erbauungsparabeln, die vor allem die Funktion besaßen, "religiöse Überzeugungen zu verdeutlichen oder diese einzuüben." (Zymner 2006a, S. 307) Der eigentliche "Sinn" einer Parabel liegt in der traditionellen Parabel also "nicht in der Geschichte selbst, sondern in dem, was ihr Inhalt bedeutet" (van Rinsum 1986b, S.14) und  "das Erzählte ist mehr  als es selbst" und nur "das in Anschauung gebrachte Gemeinte" (Brettschneider 1971, S.74). Die traditionelle Parabel gibt dieses Sinnversprechen und löst es • unter bestimmten Voraussetzungen ein.

Die traditionelle Parabel seit der Aufklärung

Das Zeitalter der europäischenAufklärung sprengte mit seinen Grundsätzen "Berufung auf die Vernunft als Maßstab des persönlichen und gesellschaftlichen Handelns, Hinwendung zum Diesseits, positives Menschenbild, Gleichheit aller Menschen, Einforderung der Menschenrechte für alle Menschen, Religionskritik, Fortschrittsglauben" (Stephan 3. Aufl. 1989, S.122) den engen Rahmen dieses aus dem Mittelalter stammenden Ordo-Denkens und bestimmte den Standpunkt des Menschen in der Welt neu.

Der Mensch stand fortan nicht einfach an dem Platz, den ihm eine von Gott geschaffene Ordnung zugewiesen hatte, sondern wurde mehr und mehr Subjekt des eigenen Daseins, je mehr es ihm gelang, sich die Welt mittels seiner autonomen Vernunft zu erschließen. Diese "geschichtlich vermittelte Bewusstseins- und Wahrnehmungsstruktur" stellte den neuzeitlich-modernen Menschen vor die Notwenigkeit , "ausschließlich aus der Kraft und den Möglichkeiten seiner Subjektivität den der Wirklichkeit innewohnenden Sinn zu ermitteln." (Billen 1982 /2001, S.267)

Die engere Geschichte der traditionellen Parabel steht in der geistesgeschichtlichen Tradition der ▪ Aufklärung und der gleichlautenden ▪ Literaturepoche (1720-1785).

Vom Ende des 17. Jahrhunderts bis 1778 (sog. "Latenzphase" der Gattung, (Zymner 2006a, S. 307) werden solche Texte eigentlich nicht als besondere Gattung aufgefasst, sondern wie z. B. die biblischen Parabeln unter dem Begriff des Gleichnisses zusammengefasst. Oft wird die Parabel aber auch den Fabeln zugeordnet, von deren Begriffsentwicklung sie "wenigstens parasitär (profitiert)". (Reallexikon der deutschen Literatur (2007), Bd. III, S.13)

Um 1778 wird mit Lessings Text "Eine Parabel" die Gattung in der deutschen Literaturgeschichte etabliert. Diese schon zweite Etablierungsphase der Parabel in Deutschland (eine erste gab es schon ab 1646 in der sog. "Lehrgedichtsphase") dauert etwa bis 1823. In diesem Zeitraum schufen Autoren wie »Johann Gottfried Herder (1744-1803), »Matthias Claudius (1740-1815) (z. B. ▪ "Die Parabel"), »Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) u. a.) Parabeln, die häufig wohl als Zugeständnis an den modischen Zeitgeschmack mit seiner "Orientliebe" (Reallexikon der deutschen Literatur (2007), Bd. III, S.13) eine "»morgenländische« Einkleidung" aufwiesen. Dies führte nicht zuletzt dazu, dass der Begriff mehr und mehr "mit religiöser und profaner Weisheitsdichtung" (ebd.) konnotiert wurde.

Das bekannteste Beispiel dieser "Morgenlandphase" genannten Phase ist wohl  Gotthold Ephraim Lessings (1729-1781) ▪ Ringparabel in seinem Drama ▪ Nathan der Weise (1779) (vgl. Zymner 2006a, S. 307)

An die "Morgenlandphase" schließt sich bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts die so genannte "Konservierungsphase" an, die u. a. von Autoren wie »Franz Grillparzer (1791-1872), »Gottfried Keller (1819-1890) oder »Agnes Franz (1794-1843) geprägt wurde. Ihre Arbeiten bewahren das morgendländisch-aufklärerische Gattungserbe, indem sie sich immer wieder auf die Klassiker der Morgenlandphase beziehen und biblische Parabeln zeitgemäß adaptieren. (vgl. Zymner 2006a, S. 307)

Die Umkehrung des Verweisungszusammenhangs: Die Kontrafaktur der traditionellen didaktischen Parabel im 19. Jahrhundert

Schon im 19. Jahrhundert verändert sich bei einigen Autoren der Verweisungszusammenhang von Bildbereich und Sachbereich grundlegend. Sie beginnen dessen Funktion umzukehren.

Der Bildbereich bzw. das darin erzählte Geschehen verliert dabei mehr und mehr seine Funktion als "Träger einer Bedeutung" (Billen 1982/2001, S.274). Stattdessen löst er nur noch eine Suchbewegung nach ihrem Sinn aus, die den Leser oftmals irritiert. (vgl. ebd.)

Auf diese Weise wird die Parabel, in dem sie zwar weiter auf einen Bereich des Transzendenten verweist, diesen "jedoch in ironischer Umkehrung als sinnleer, unwirklich, wesenlos oder absurd" (ebd.) darstellt, zu einer Art "Kontrafaktur der traditionellen Lehrparabel". (ebd.) Ihre Erzählformen sollen den Leser zu einem Wirklichkeitsbild bewegen, in dem Reales und Irreales bruchlos und unvermittelt ineinander übergehen, so wie es die Romantiker sich mit ihrer "Verschmelzung der alltäglichen Wirklichkeit mit dem Übernatürlich-Wunderbaren" (ebd.) zum Programm gemacht haben. So gelangen neuartige und befremdlich wirkende Elemente in den Bildbereich der Darstellung, die mit den Mitteln der herkömmlichen Übertragung in einen entsprechenden Sachbereich nicht mehr aufgelöst werden können

Was sonst typisch für die modernen Parabeln ist, die mit ihrer "kosmologischen Obdachlosigkeit" (Yun Mi Kim 2012, S.22) und ihrem Verzicht auf ein in sich geschlossenes, konsistentes Weltbild aufwarten, zeigt sich schon im 19. Jahrhundert, in dem Parabeln auch zu einem "Instrument der Erwartungstäuschung, der Desillusionierung, der Verunsicherung" (Billen 1982/2001, S.275) werden. Der Verweisungszusammenhang wird brüchig und der Sachbereich auf den die Bildhälfte verweist, lieg mehr und mehr "im Nebel." Bourk 1959, S.216, zit. b. Billen 1982/2001, S.275)

Als Prototyp für diese Entwicklung gilt Friedrich Hebbels Erzählung Die Kuh", welche die Lehrhaftigkeit der traditionellen Parabel bzw. den Strukturmechanismus der Übertragung vom Bildbereich in den Sachbereich durchbrochen hat.

Didaktische Parabeln in der ideologischen Perspektive des Marxismus bzw. historischen Materialismus

Didaktische Ziele verfolgen auch Parabeln, deren Autoren ideologisch dem Marxismus bzw. historischen Materialismus folgen. Dazu zählen   z. B. Parabeln von »Bertolt Brecht (1898-1956) oder »Günter Kunert (geb. 1926)

Der Neuansatz ohne didaktische Funktion: Moderne Parabeln

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts werden traditionelle Parabeln, die religiöse Erbauungsparabel und die in der Tradition der Aufklärung verankerte vernunftorientierte Parabel von der modernen Parabel und ihren Autoren, insbesondere von Franz Kafka (1883-1924), "in quantitativer und qualitativer Hinsicht" (ebd.) umgekrempelt.

Bausteine 

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 07.03.2024

 
 

 
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