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Der Essay
wird, dies liegt auch an seinen verschiedenen historischen Wurzeln und seinen
spezifischen Ausprägungen in unterschiedlichen Kontexten, immer wieder gegen
bestimmte andere, nichtfiktive Prosatexte abgrenzt, die zu der Gruppe der
Gebrauchstexte gehören. Dazu zählen insbesondere der
Traktat und die
wissenschaftliche Abhandlung sowie der Brief, der "auffallend häufig" mit dem Essay
verbunden ist (vgl.
Nickisch 1996,
S.361) und das Feuilleton.
Belke
(1973/1980a, S.33) unterscheidet die wissenschaftliche Abhandlung vom Essay
unter den zehn folgenden Gesichtspunkten.
Wissenschaftliche
Abhandlung |
Essay |
wissenschaftliche Darstellungsweise |
künstlerische Darstellungsweise |
Objektivität |
Subjektivität |
rationale (verstandesmäßige) Erfassung
des Themas |
intuitive (gefühlsmäßige) Erfassung des
Themas |
linear fortschreitende Arbeitsweise |
assoziative (von Vorstellung zu
Vorstellung schreitend; wobei die eine durch die andere jeweils
hervorgerufen wird) Arbeitsweise |
systematisch-abstrakt |
anschaulich-gestalthaft |
vollständig |
fragmentarisch, einzelne Aspekte
betonend |
Autor tritt hinter den Gegenstand
zurück |
persönlicher Zugriff des Autors |
Vorrang der Aussage |
Aussage und Ausdruck |
betonte Sachlichkeit |
ästhetische Gestaltung |
Vorlage der Quellen usw. in Fußnoten
und Anmerkungen |
souveränes Verfügen über Stoff |
Während die wissenschaftliche Abhandlung ihre Gültigkeit
verliert, wenn ihre wissenschaftlichen Voraussetzungen und
Schlussfolgerungen überholt sind, kann ein Essay, dessen "Wert gerade im
persönlich geprägten originellen Zugriff des Autors besteht", (ebd.,
S.32) auch in in einem solchen Fall noch Gültigkeit besitzen.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.09.2013
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