»Das
Kussgedicht Nr. 12 von Johannes Secundus in anderer deutscher Übersetzung
(Deutsche Gedichtebibliothek)
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Paul Fleming: Wie Er wolle
geküsset seyn.
»Johannes
Secundus (1511-1536) (auch Janus Secundus, eigentlich Johann
Nico Everaerts) war ein niederländischer Dichter, Maler und Bildhauer (was
das Renaissance-Ideal eines umfassenden Künstlers war). Er
entsprach mit dieser Vielseitigkeit dem Renaissance-Ideal
eines universalen Künstlers. Auch seine beiden Brüder, »Hadrianus
Marius und »Nicolaus
Grudius gehörten zum Kreis berühmter
in
»neulateinischer
Sprache dichtenden
gelehrten Autoren der Zeit. Sein Vater war Nicolaes Everaerts, der selbst
ein berühmter Jurist war, war mit »Erasmus
von Rotterdam (1466/1467/1469- 1536), einem der bedeutendsten
humanistischen Gelehrten der Zeit, befreundet. 1528
zog die Familie von »Den
Haag nach »Mechelen,
wo Secundus sein erstes Werk mit lateinischen Elegienverfasste.
1532 ging er zusammen mit seinem Bruder nach »Bourges,
wo er Rechtswissenschaften studierte. 1533 ging er nach Madrid an den
spanischen Hof »Karls
V. (1500-1558). wo er zwei Jahre als Sekretär des Erzbischofs von Toledo
arbeitete. Als er schwer erkrankte, ging er nach Mechelen zurück und
starb 1536 im Alter von 24 Jahren. Trotz seines kurzen Lebens verfasste er
zahlreiche Werke in »neulateinischer
Sprache. Sein bekanntestes Werk ist der Gedichtzyklus Basia, eine
Zusammenstellung von 19 Gedichten in verschiedenen Versmaßen,
in denen er Gedichte des antiken
römischen Dichters »Catull
(87-55 v- Chr.) nachahmte. Dieser hatte mit solchen Gedichten
"eine Philosophie der erotischen Lebenslust und der totalen Hingabe an die
Sinnlichkeit" (Bauer
2011) dargeboten, welche das Schicksal der Liebenden davon
abhängig machte, ob die Frau sich eben auch "hingab" oder nicht.
Secundus stellte in seiner Sammlung
Gedichte zusammen, die das Thema des Kusses behandelten.
Neulateinische Kussgedichte dieser Art waren ein Sujet, mit dem sich
verschiedene Dichter der Zeit befassten.
Übersetzungen sind auch
stets Ausdruck der Zeit, in der sie vorgenommen wurden. Dies ist natürlich
auch bei der nachfolgenden Übersetzung des neulateinischen Gedichts durch
Franz Passow Anfang des 19. Jahrhunderts der Fall. Die in der Sprache heute
altertümlich oder antiquiert erscheinende Übersetzung hat aber vor allem
auch didaktischen Reiz, weil sie in gewisser Weise eine weitere
"Übersetzung" in unsere zeitgenössische Sprache verlangt.
Warum wendet den zücht'gen Blick ihr seitwärts,
Ihr Matronen und ihr verschämten Mägdlein?
Keine lustige Götterliebschaft sing' ich,
Noch ausartender Wollust ekle Spiele,
Fescennische Späße nicht, keine Lieder,
Deren vor der Versammlung reiner Knäblein
Sich der bärtige Lehrer schämen dürfte..
Ich besinge der Küss' harmlose Freuden,
Keuscher Priester des Chors der Aoniden.
Doch ihr schenkt mir nur darum böse Blicke,
Ihr Matronen und ihr gesammten Mägdlein,
Weil dem Dichter vielleicht in aller Unschuld
Ein priapisches Wörtlein mit entwischt ist.
Packt euch, packet euch fort, verwünschter Haufe,
Ihr Matronen und ihr verbuhlten Mägdlein!
Wie viel züchtiger du bist, o Neaera!
Ein kombabisches Büchlein lässt du hingehn,
Ist kombabischer Art nur nicht dein Dichter.
(Quelle:
Küsse. Aus dem Lateinischen übersetzt von Franz Passow, Leipzig 1807,
S.46f.) – gemeinfrei
»Das
Kussgedicht Nr. 12 von Johannes Secundus in anderer deutscher Übersetzung
(Deutsche Gedichtebibliothek)
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Paul Fleming: Wie Er wolle
geküsset seyn.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
26.01.2022