»Friedrich
Rudolph Ludwig Reichsfreiherr von Canitz (1654-1699)
war ein brandenburg-preußischer Diplomat und Dichter.
Seine Gedichte und Satiren sind erst nach seinem Tode veröffentlicht
worden, weil der Autor die Texte nicht für eine größere Öffentlichkeit
vorgesehen hatte. Ab 1671 studierte er in Leiden und Leipzig
Rechtswissenschaft.
Von 1675 bis 1677 reiste er im Rahmen einer standesüblichen
»Grand
Tour nach Italien, Frankreich, England und Holland. Auf diese Weise
gewann er umfangreiche Sprach- und Literaturkenntnisse und konnte auf
seinen Reisen auch bedeutende Persönlichkeiten seiner Zeit persönlich
kennenlernen, wie z. B.
in Rom den damals hochgeachteten Gelehrten »Athanasius
Kircher,
in Florenz den Großherzog »Cosimo III.
de’ Medici und
in Padua »Charles
Patin,
der ihm die Bekanntschaft mit weiteren Gelehrten vor Ort vermittelte.
[...]
Geht wo ein Schul-Regent1 in
einem Flecken2 ab,
[163]
Mein Gott! wie rasen nicht die Tichter
um sein Grab;
Der Tod wird ausgefiltzt, daß er dem
theuren Leben
Nicht eine längre Frist, als achtzig
Jahr, gegeben;
Die Erde wird bewegt, im Himmel Lerm
gemacht.
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Minerva3, wenn sie gleich in
ihrem Hertzen lacht,
Auch Phöbus4 und sein Chor,
die müssen, wider Willen,
Sich traurig, ohne Trost, in Flor5
und Boy6 verhüllen.
Mehr Götter sieht man offt auf solchem
Zettel stehen,
Als Bürger in der That mit zu der
Leiche gehen.
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[...]
(aus: Friedrich Ludwig
Rudolph von Canitz, Gedichte, hrsgg. v. Jürgen Stenzel, Tübingen
1982)