▪
Text
▪ Text (modernisierte
Sprachfassung)
▪
Aspekte der
Analyse und Interpretation
▪ Ein Gedicht mit großem
Identifikationspotential
▪ Natürliche Begegnung der
Geschlechter vs. petrarkistisches Liebeskonzept
▪
Bausteine
Das Gedicht ▪
Wie er wolle geküsset sein
▪
Paul
Fleming (1609-1640) ist ein Text, der mit seiner
unbefangenen und "unverklemmten" Leichtigkeit seiner Bildsprache
und der flüssigen Liedform eine heitere Sicht auf das Küssen
ermöglicht.
Eine solche Wirkung geht von dem Gedicht, das ein ▪
großes Identifikationspotential
für Jugendliche besitzt, bis heute aus.
Die dabei oft festzustellende Orientierung am Oberflächensinn
des Gedichts, der kurz gefasst, darin besteht, dass trotz aller
Unklarheiten darüber, wie man eigentlich "richtig" küsst, die
Frage allein von den Liebenden selbst zu beantworten ist, kann
dabei und muss dabei wohl als erster Zugang zum Text möglich
sein. Eine derartige aktualisierende Rezeption, die den Text zwischen
einer witzig daher kommenden Schilderung von Techniken beim
Küssen und seiner der romantischen Verortung in der Innigkeit
einer Liebesziehung sieht, hat vor allem dann eine didaktische
Berechtigung, wenn man diese Lesart unter dem Blickwinkel der
möglichen Anschlusskommunikation betrachtet, die das Thema Liebe
im weitesten Sinne, und vor allem das Sprechen über Liebe,
Erotik und Sexualität, möglich machen.
Fleming hat das Thema seines Gedichts, wie ein Mann am liebsten
von seiner Geliebten geküsst werden will, in einer einfachen
Liedform in 5 Strophen gestaltet, die jeweils mit zwei
Reimpaaren aus vierhebigen
Trochäen als
Versmaß
bestehen. Die Zweiteiligkeit der Strophen wird auch durch die
Kadenz der Reime
betont, die zu Beginn jeder Strophe
männlich
(stumpf) und im jeweils zweiten Reimpaar
weiblich
(klingend) ist.
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Dass es Fleming in seinem
"spielerisch-graziösen Lied" (Meid
22008, S.91) um etwas anderes geht, als nur eine witzige
"Belehrung" in Sachen "Küssen" zu geben oder seine Leser*innen einfach nur
zu unterhalten, zeigt sich in der kunstvollen rhetorischen Gestaltung des
Gedichts, das an die ▪
von der
neulateinischen Gelehrtendichtung gepflegten Kussgedichte anknüpft. Als
deutschsprachiges Kussgedicht ist es auch bei Fleming eine Ausnahme, der
plante, solche sonst in Latein verfasste Gedichte in einer Gesamtausgabe
seiner Werke herauszugeben. (vgl.
ebd.)
So stand sein
deutschsprachiges Kussgedicht in Konkurrenz zu den neulateinischen
Dichtungen dieser Art und musste den Nachweis antreten, dass sich das Genre
des Kussgedichts auch für die Gestaltung in der Muttersprache eignete.
Wenn Fleming diesen Bezug
zum Genre schon im Titel seines Gedichts preisgibt, weiß er auch um die
Tatsache, das er sich damit "an dem Niveau und den bereits vorgelegten
Gestaltungsvarianten großer Vorgänger messen lassen" (Kühlmann 1982,
S.185)musste.
Diesen Blickwinkel sollte
auch die Formanalyse des Gedichts einnehmen, zumal einzelnen Aussagen
(Propositionen) des Gedichts mit ihren "No-Gos" beim Küssen das Thema ja nur
sehr eingeschränkt mit jeweils neuen Gesichtspunkten und Perspektiven
darbieten.
Wenn das Gedicht, gerade
weil es in der deutschen Volkssprache verfasst worden ist, auch in der
höfischen Welt zur geselligen Unterhaltung präsentiert wurde, ist
anzunehmen. Das Kussgedicht ist und bleibt aber auch bei Fleming ein
ästhetisches Spiel, das weder Schamgrenzen ausloten, noch erweitern will,
sondern unter den allgemeinen Bedingungen der ▪"Lizenz des Erotischen"
in dieser Zeit steht.