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Auswahl zeitgenössischer Liederbücher (externe Links)
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Barock (1600-1720)
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Lyrik des Barock
Auch in Deutschland
gibt es eine in das 15. und 16. Jahrhundert zurückreichende
Liederbuchtradition. Liederbücher waren ein beliebtes Sammelmedium von
Liedern unterschiedlicher Genres. Und auch im 17. Jahrhundert gibt es
zahlreiche Liederbücher, "die teils schon das Gedankengut des Barock zu
reflektieren beginnen oder die Sprache der Barocklyrik übernehmen, aber
teils noch durchaus traditionell, öfters aber auch erfrischend originell
gestaltet sind und auf vielfältige Weise Einblick in
mentalitätsgeschichtliche Aspekte gewähren, insoweit als sie den
öffentlichen Diskurs über bestimmte Themen oder Fragestellungen, Werte
oder Ideale spiegeln." (Classen
2010, S.291)
Deutschland kennt
Anfang des 17. Jahrhundert aus verschiedenen Gründen keine ähnlich ausgeprägte
▪ Jugendkultur wie die
Niederlande, auch
wenn sich dies sicherlich sehr unterschiedlich gestaltet hat. Eine
vergleichbare
Liederbuchkultur wie in den Niederlanden hat es in Deutschland wohl
nicht gegeben und ihr Boom in den Niederlanden hat Deutschland
nicht wirklich erreicht, wenngleich der ▪
Bloem-Hof
und der ▪
Friessche
Lusthof auch hier bekannt waren. Eine vollständige Übersetzung in die
deutsche Volkssprache gab es jedoch davon nicht. Insbesondere die
Verbindung von Liederbuch- und Jugendkultur, wie sie in den Niederlanden
beobachtet worden ist, ist wohl in deutschen Städten nicht so zu
beobachten.
Dass sich indessen
die Freizeitaktivitäten der jungen Leute in deutschen Städten, bei
allen Unterschieden, und die der jungen Leute in Amsterdam,
Antwerpen oder Leiden ähnelten, darf vorausgesetzt werden, da es ja
immer um Probleme und Modalitäten der Anbahnung von
Geschlechterbeziehungen im Bürgertum ging. Dass das Singen auch Teil
der Jugendkultur(en) in deutschen Landen gewesen ist, steht also
nicht in Zweifel.
Die Lieder und "Schlager", die
sie bei ihren Begegnungen anstimmten, waren entweder mündlich
tradiert oder kursierten auf erschwinglichen Einblattdrucken.
"Songbooks"
mit "Songs" von
»Gottfried
Finckelthaus (1614-1648), einem Freund von
»Paul Fleming (1609-1640), ▪
Christian Brehme
(1613-1667) (z. B. ▪
An die
verenderte Magdalis.) und anderen, die überregional
Bedeutung besaßen, gab es wohl nicht.
Und doch waren
"Schlagertexte", wie der von
»Gottfried
Finckelthaus (1614-1648) in aller Munde.
"Doch bin ich allzeit frey vnd nicht zu binden: Wo Schöne Damen sind laß ich
mich finden. (Gottfried Finckelthaus: Deutsche Gesänge. Hamburg 1640, f. B7r
(„Eben der“))."
Aber natürlich
wurden auch viele andere Gedichte, darunter auch viele der in den »Teutschen
Poemeta von ▪ Martin Opitz
(1597-1639) enthaltenen und immer wieder vertonten Gedichte, Schlager,
wovon er ja selbst in einem ▪
Brief aus dem Jahr 1928
spricht. Dass er viele seiner Gedichte
▪ auf beliebte Melodien gedichtet hat oder Lieder aus anderen
europäischen Nationalsprachen umgedichtet hat, betont die
Sangbarkeit und damit auch das "Schlagerprotenzial" solcher Lieder.
Und auch die "Deutschen Poemata“ des zwanzigjährigen Martin Opitz, wie sie
»Julius
Wilhelm Zincgref (1591-1635) 1624 herausgegeben hatte, waren
voll von Liebesliedern und "Buhlereyen“. " (Wels 2018,
S.322f.) und hatten somit das Zeug zum Schlager.
Sein "amouröses
Pesuasionsgedicht" (Aurnhammer/Detering
2019, S.160) ▪
Ach Liebste, lass uns eilen (1624), das auf einer anonymen
französischen Liedvorlage beruht, wurde wohl ein Schlager.
Es entfaltet
sein Schlagerprotential wohl auch dadurch, dass Opitz die Vorlage
konzentriert und "den sentenziösen Schluss (verstärkt)." (ebd.)
Die literarische Vorlage ist jedenfalls schon im 17. Jahrhundert
außergewöhnlich populär gewesen und aus diesem Grund auch vertont
worden. Und das gleiche geschah wohl auch mit dem Lied von Opitz,
wenn es nicht noch mit der bekannten französischen Melodie gesungen
wurde. Jedenfalls kam es dazu, lange bevor es »Johann
Gottfried Herder (1744-1803) unter dem Titel »"Eile
zum Lieben" in seine 1779 veröffentlichte »Volksliedsammlung
aufgenommen hat. (vgl.
ebd.)
Und das "in seiner
erotischen Deutlichkeit" zwar für Opitz außergewöhnliche ▪ "Fieberliedlin",
könnte ihm, auch wenn er es aus der von ihm selbst im Jahre 1625
zusammengestellten Sammlung seiner Werke herausgenommen hat, noch
später, so wie er es im ▪
Brief aus dem Jahr 1928
dargestellt hat, aus so manchem Haus und bei so mancher Gelegenheit
im Gesang von Menschen, die es kannten oder den Text auf
Einblattdrucken erwarben, zu Ohren gekommen sein.
Ingesamt ist die
Liederbuchgeschichte in Deutschland noch vergleichsweise wenig
erforscht, bis 2010 jedenfalls war nach Ansicht
Classens
(2010, S.292) "nur die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs
wahrgenommen", weil die Literaturwissenschaft lange einen Bogen um die ▪
deutschsprachige Popularliteratur
gemacht hat, die sich auch in der zeitgenössischen "volkstümlichen" ▪
Lieddichtung
niederschlug.
Bei der Behandlung
der "im Schatten des Barock entstandenen Liederbüchern" den ihnen
zukommenden Platz einzuräumen und ihn ihnen "wertvolle,
eigenständige und zugleich die mittelalterliche Tradition
weitertragende Werke" (vgl.
Classen
2010, S.146) zu sehen, ist auch Aufgabe des Literaturunterrichtes,
der sich gerade bei der Behandlung der Literatur des Barock immer
wieder an dieser Aufgabe vorbeimogelt.
Aus diesem Grunde
haben wir uns mit dem ▪
Venus-Gärtlein (1656) eines der
▪ Liederbücher dieser Zeit herausgegriffen,
das durch Albrecht
Classen
(2010) Lied für Lied analysiert worden ist und wollen mit einer
vergleichsweise willkürlichen Auswahl von Texten diese für den
Literaturunterricht verfügbar machen. Auch hier kann der
Literaturunterricht sicher nicht leisten, das ▪
Liederbuch
als Ganzes zu analysieren und in die Entwicklung der
Liederbuchkultur in Deutschland einzuordnen, ihre Lieder aber aus
dem Schattendasein der Epoche zu befreien, kann auch diese Auswahl
helfen.
Ähnliche
Überlegungen liegen dem Arbeitsbereich ▪"Studentenlieder
des Barock" zugrunde, die aber stärker auf den
gesellschaftlichen und sozialen Kontext der ▪
Studenten in der ständischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit
fokussieren.
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Auswahl zeitgenössischer Liederbücher (externe Links)
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Barock (1600-1720)
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Lyrik des Barock