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Mainzer Republik 1792/1793
[Die nachfolgend mit ihren
ersten und letzen Strophen wiedergegebenen Trinklieder sind Parodien. Text 1
parodiert das Lied von Matthias Claudius, einem eingefleischten
Revolutionsgegner, "bekränzt mit Laub den lebenvollen Becher" und Text 2
parodiert dazu noch die revolutionäre Parodie des ersten Textes.]
Text 1:
Freiheitslied
Umhängt mit Flor den umgestürzten Becher
Und trauert um ihn her;
Auf ganz Europia, ihr Herren Zecher,
Liegt Despotismus schwer.
Er kommt nicht aus der Schule wahrer Weisen,
Noch von den Göttern her;
Ihn mögen wohl die Bonzen preisen!
Wer glaubt den Bonzen mehr?
Vom Rhein, vom Rhein, da rufen edle Brüder:
Die Freiheit lebet noch!
Herab den Flor und füllt den Becher wieder:
Sie lebe lange hoch!
Und trinkt ihn aus, und lasset allerwegen
Der Freiheit Fahne wehn,
Und jauchzt den Franken brüderlich entgegen:
So muss, so wird es gehen!
Text 2:
Umhängt mit Flor den umgestürzten Becher,
Und trauert um ihn her,
Beinah‘ ganz Europa, ihr Herren Zecher,
Plagt’s Freiheitsfieber sehr.
Wär’s gutartig und aus reiner Quelle;
Woher sonst diese Wut?
Das Toben, Hängen und Laternenpfähle,
Und dieser Durst nach Blut?
Das Übel kommt von ganz verderbten Säften
Und vom verbrannten Hirn;
Fischweiber sprechen jetzt von Staatsgeschäften
Mit unverschämter Stirn.